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| Ich entscheide, nicht das Heim | |
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Aggi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Fr 08 Jun 2018, 15:07 © Aggi | |
| Liebe Karin, - kamia schrieb:
- ich hatte alles auf ein Holzbrett geschoben, dadurch ging auch das Greifen besser.... evtl. dunkle serviette drunter schieben?
Viel Erfolg isses denn, wir denken scheinbar ähnlich. An beides hatte ich auch gedacht. Holzbrett wegen Heim und Hygiene verworfen und Serviette wegen Rutsch und Matsch. Entscheidend war Dein "Anschupser". Liest Du im Folgenden. LG, Aggi ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 20180608 Freitagmorgen: Nach dem lieben Anschupser von Karin fahre ich heut früh erst noch zum Laden, wo ich neulich rote Plastikteller gesehen hatte. Vorher im Internet gegooglet … Die Farbe Rot eignet sich am Besten bei Demenz und rote Melamin-Teller sind online zu kriegen, aber kosten auch Geld und welche sind dann besser? Die, die nur den roten Rand haben oder vollrote? Ich entscheide mich für den Testlauf mit Plastik, weil der erstmal bezahlbar ist. Im Laden hab ich Glück, die Teller sind noch da und ich kaufe 12 Stück für 6 Euro. Spülmaschinenfest! Weiter zum Heim steht bei Elisabeth die Zimmertür offen, ich geh erstmal zu ihr, bin ja neugierig, wie ihr Gespräch mit der Pflegedienstleitung war. Elisabeth ist gutgelaunt und erzählt heute etwas ausführlicher, dass sie schon erst die Erlaubnis hatte, im Zimmer zu rauchen, zumindest wurde es geduldet. War schon besprochen worden. Sie hätte gestern die PDL darauf angesprochen, warum die bei ihrer Tochter anruft, statt mit ihr persönlich zu reden. Die PDL hätte den Anruf bei der Tochter schon o.k. gefunden, wegen der jetzt neuen Brandschutzverordnung… Aber Elisabeth grinst und ich mach meine Faxen – richtig war es nicht, die Tochter anzurufen, die sich übrigens sehr darüber aufgeregt hat, aber nun hat Elisabeth der PDL Bescheid gesagt, dass so ein Handeln hinter ihrem Rücken nicht geht und das Rauchen läßt sie jetzt natürlich im Zimmer. Später höre ich von Frau H., im Zimmer hätte Elisabeth eh nie geraucht, vor der Tür, ihrer Terrassentür. Das Elisabeth da kein Humbug betreibt und IN ihrem Zimmer Ketten raucht, ist mir schon klar, es ging ja darum, dass nicht mit ihr sondern ihrer Tochter gesprochen wurde. Elisabeth meint zu mir, sie hätte der PDL gesagt, dies sei nicht das einzige Heim, dass für sie und ihren Mann infrage käme. Sollte einen Nerv bei der PDL getroffen haben, denke ich, denn finanziell stehen die beiden sehr gut da. However, ich bin froh, dass es Elisabeth besser geht. Weiter zu Mutti, die mit dem Gesicht zu Wandseite liegt. Kein Wunder, die Jalousie ist oben und die Sonne blendet. Erstmal abdunkeln, morgens steht die Sonne von der einen Seite direkt auf Muttis Bett. Und Mutti ist dankbar darüber. Freut sich, mich zu sehen. Ist aber auch sehr matt. Meint selbst, dass das am Wetter liegt. Ich munter sie auf, indem ich beschreibe, dass es meinem Mann wieder besser geht und wie fleissig er gestern unsere Gartengeräteecke im Carport neu ausgerichtet hat: „Mutti, erstmal hat er ALLES rausgeräumt und durchgefegt. Der Carport war gleich 5 Kilometer größer!“ Mutti lacht und hängt dann mit mir in Gedanken Gartengeräte an Haken, die sonst immer im Weg stehen, wo kein Drankommen ist, die immer Umkippen usw. Da ist sie ganz dabei! Sich im Garten austoben, das war ihre Welt! Dann erstmal das Frühstück holen und die anderthalb Scheiben Brot packe ich dann um auf einen roten Teller. Die Teller hatte ich Mutti eingangs gezeigt – einen in die Hand gegeben und nur erzählt, ich würde überlegen, zuhause meine Pappteller gegen Plastikteller zu ersetzen. Ist keine Lüge. Allein, wie Mutti den Teller in der Hand hält und bewundert „Schönes Rot.“ macht mir schon Mut. Und beim ganzen Frühstück greift Mutti dann kein einziges Mal daneben! Ganz zu Anfang, als der 23 cm Durchmesser Teller noch rappel voll ist mit den ganzen kleinen Stücken muss sie halt noch tasten, wo das erste einzelne Stück liegt. Aber kein einziges Mal greift sie daneben! In Gedanken fliege ich zu Karin und gebe ihr einen Kuss für den netten Anschupser! Vollroter Teller ist gut! Als Mutti aufgegessen hat, auch die Tabletten („Hatte ich die nicht schon?“) und müde und pappsatt ist, gehe ich mit ihrer Erlaubnis noch rüber zu Frau H. Die wollte ich wegen ihrer Fersenschmerzen doch nochmal fragen. Hab sogar 3 Paar Pantoffeln mitgebracht zur Auswahl, kommen aber nicht infrage wegen falscher Größe und weil Frau H. ihrer Meinung nach nichts braucht. „Mit 94 Jahren braucht man nichts mehr.“ – Heute trägt sie ihre Turnschuhe, will nach unserm Gespräch gestern selbst mal sehen, ob ihre Füße nicht weh tun, wenn sie diese Schuhe trägt. „Ich gehe ja sowieso nicht mehr. Nur noch dies Paddeln im Rollstuhl.“ Es macht mir Spaß, mit ihr zu klönen, eine patente Frau! War sogar eine knappe halbe Stunde bei ihr, gar nicht gemerkt, trifft sich aber gut, jetzt bei halb zehn sitzen die Schwestern oft zu einer Zigarettenpause auf der Terrasse, wo ich Sr. S. antreffe. Sie betreut ja die Dementengruppe und ich zeige ihr zwei von den Tellern und beschreibe, dass Mutti damit beim Frühstück heute kein Mal daneben gegriffen hat. Sr. S. staunt, denn genau das Thema hat sie heute mit dem Praktikanten schon besprochen. Sie sagt: „Rot ist die Farbe der Demenz.“ Sie würde gerne rote Trinkbecher bestellen. Wir einigen uns darauf, dass ich zehn von den Tellern (mit den Aufklebern Spülmaschinenfest) bei ihr lasse als Anschauungsobjekt. Und ja, wenn‘s sein muss, kriegt das Heim auch noch eine Spendenquittung von mir – tse, da muss ich grinsen, nix darf ich verschenken! Und sie bespricht im Haus, ob dergl angeschafft werden kann. Zwei Teller behalte ich bei Mutti auf dem Zimmer für’s Frühstück. Sr. K. bringt noch einen interessanten Einwand: Sie kannte oder hatte einen Bewohner, der allergisch auf Rot reagiert hat. Selbst wenn eine Schwester nur ein kleines rotes Haarband trug und sonst nirgends was Rotes war – ging gar nicht! Naja, es muss ja auch Ausnahmen der Regel geben! ^^ Mal gucken, ob das im Heim umgesetzt wird. Wäre schön. Zwischendurch noch eine kurze Einkaufsfahrt für Elisabeth und bei jedem Gang immer noch zu Mutti rein, die heute aber ganz ganz schläfrig ist. Aber sie lächelt mich an und dann zum Abschied winkt sie mir lieb zu. Zweimal habe ich sie heute Morgen zwischen 9 und 10 Uhr aus dem Nickerchen geholt, aber da denke ich dann immer, dann kann sie hoffentlich nachts besser schlafen. Und ich sehe dann in ihrem Gesicht und ihrem Lächeln, dass es nicht schlimm ist, wenn ich sie wecke. Ach ja, und ich hab Mutti von der Völkerverständigung hier im Forum erzählt, dass ich jetzt "aufgeklärt" werde! Mutti kannte das Wort "Topfen", na isses denn. "Holler" kannte sie aber auch nicht. War aber auch interessant, mit ihr darüber zu reden. Sie hat sehr gekauderwelscht, war aber lebhaft dabei!
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| | | Belle Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Fr 08 Jun 2018, 16:41 © Belle | |
| - Aggi schrieb:
- Ach ja, und ich hab Mutti von der Völkerverständigung hier im Forum erzählt, dass ich jetzt "aufgeklärt" werde! Mutti kannte das Wort "Topfen", na isses denn. "Holler" kannte sie aber auch nicht. War aber auch interessant, mit ihr darüber zu reden.
Es liegt ja auch eine Menge Land zwischen uns , in diesem Sinne ich finde die internationale Verständigung hier einfach SUPER Servus daweil (auf Wiedersehen in der Zwischenzeit ) |
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 09 Jun 2018, 04:39 © Aggi | |
| - Belle schrieb:
- Es liegt ja auch eine Menge Land zwischen uns , in diesem Sinne ich finde die internationale Verständigung hier einfach SUPER
*gg* Ja, die Welt ist klein, denk ich oft. Und Mutti erklär ich ja immer wieder das Internet. Wenn man wie sie aus der analogen Welt kommt, wo Briefe noch händisch geschrieben wurden und Tage oder Wochen vergingen, bis man eine Antwort hatte ... hab ja auch noch gelernt, einen Brief erstmal vorzuschreiben, bevor ich ihn in Reinschrift abgeschrieben und abgeschickt habe. Damals, wo man noch Worte statt Smileys benutzt hat ... Mutti sag ich oft, das Internet hat viele Nachteile, aber so was wie das Forum hier, zählt definitiv zu den guten Dingen! Moin, Belle! (Darf man bei uns 24 Stunden am Tag sagen, weil es nicht "Guten Morgen" bedeutet, es stammt von "Mojen Dach" - Ich wünsche Dir einen schönen Tag!) Aggi
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| | | Belle Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 09 Jun 2018, 20:55 © Belle | |
| - Aggi schrieb:
- Wenn man wie sie aus der analogen Welt kommt, wo Briefe noch händisch geschrieben wurden und Tage oder Wochen vergingen, bis man eine Antwort hatte ...
Moin Aggi! also, dass mit dem technischen Fortschritt war meiner Mama nie geheuer und das hat sie auch nie interessiert. Sie war glücklich, wenn sie ihr Handy benutzen konnte (kein Smartphone!!!) und das wars dann auch schon. Sms verschicken konnte sie nie. Dafür schrieb sie unendlich gerne Postkarten von jeder Reise. Darauf standen dann immer die üblichen Floskeln wie "Wetter schön, Essen gut, usw." Da zählte Quantiät vor Qualität. Da arbeitete sie sozusagen eine Liste an Namen ab, denen sie eine Postkarte schicken wollte. Da muss ein ganzer Indrustriezweig daran zugrunde gegangen sein, denn wer schickt heute noch Karten??? Schade eigentlich, ich mochte das. Und eine zeitlang steckten sie am Eiskasten (Kühlschrank) , dann gingen sie den Weg der Entsorgung.... Und meine Mam schrieb unendliche viel auf ihre Stehkalender. Ich hab eine ganze Truhe davon und ich könnte mindestens 10 ihrer letzten Jahre vor der Demenzerkrankung zurückverfolgen. In Stichworten, versteht sich. Noch habe ich es nicht gemacht, aber irgendwann nehme ich mir die Zeit. Hat deine Mutti früher denn viel geschrieben?? Ach ja...funktionieren denn die roten Teller nach wie vor??? Hoffentlich! |
| | | Aggi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim So 10 Jun 2018, 06:44 © Aggi | |
| Guten Morgen, liebe Belle, - Belle schrieb:
- Hat deine Mutti früher denn viel geschrieben??
oh ja. Briefe, aber auch Tagebücher. Als mein Mann und ich Ende 2013, Anfang 2014 nach Niedersachsen gezogen waren, um für sie da zu sein, weihte sie mich in ihre Tagebücher ein. Die, die ihr am meisten am Herzen lagen, gab sie mir später zur Verwahrung. Nachdem ich sie gelesen hatte, war mir klar, von wem ich mein Schreibtalent geerbt hab... Daneben gab es auch noch die vielen traurigen Tagebücher. Die habe ich im Laufe der Zeit verbrannt. Die grausamen Zeiten ihres Lebens. Von der Seele geschrieben. Ich hab nur eine Sekunde überlegt, lohnt es sich, das aufzubewahrn, aber es hätte unweigerlich noch zu größeren Kluften auch zwischen mir und meinen Geschwistern geführt. Ab dafür ... - Belle schrieb:
- Ach ja...funktionieren denn die roten Teller nach wie vor??? Hoffentlich!
Jau, sie wird dadurch natürlich ihr eh schwindendes Sehvermögen nicht zurückgewinnen. Aber es geht mit denen besser als mit den weißen Heimtellern! Ich lasse jetzt immer die zwei (abgewaschen) im Schrank, so hab ich die immer sauber parat! Dir einen schönen Sonntag! Aggi ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 20180609 Samstagmorgen: Heute war ich von zehn vor acht bis kurz nach zehn im Heim. Musste danach aber direkt noch weiter, Mülldeponie und dann war ich noch in drei Läden auf der Suche nach dem passenden Zubehör für Muttis 88ten Geburtstag am kommenden Samstag. Jetzt bin ich so groggy, dass ich hier auf die Tasten schaue und gar nicht weiß, worüber ich schreiben soll - toter Punkt am Mittag : Keine besonderen Vorkommnisse. Mutti ist matt, aber das ist bei der Wetterlage kein Wunder. Gestern hatte es nur ein bisschen geregnet und war den ganzen Tag drückend warm. Ich sag Mutti bald jeden Tag, wie schön ihr Zimmer ist, so hell und doch so angenehm kühl. Ich hab heute zum Frühstück zum 2.Mal den roten Teller benutzt, das funktioniert gut für Mutti. Und beim Essen merkte ich, dass ich heute stiller bin als sonst. Hab Mutti, damit sie sich nicht Sorgen um mich macht, dann erzählt, wie es ist. Hab morgens auf CNN die Berichterstattung zum Suizid von Anthony Bourdain gesehen. 61 Jahre alt, er muss so traurig gewesen sein … Das steckt mir noch in den Knochen. Mutti ist ganz anteilnehmend und versteht auch, dass man da nicht von jetzt auf gleich wieder auf „lustig“ umschalten kann. Dabei fällt mir wieder auf, dass Mutti mal kauderwelscht und mal ganz klare Sätze dazwischen hat. Bei ihrer Anteilnahme ist sie ganz klar. Später heute sagt sie zu mir, sie sei ganz beruhigt, dass mit den Füssen meines Mannes alles in Ordnung ist. Es ging inhaltlich um etwas ganz anderes, aber Mutti hat damit ihre Zustimmung ausgedrückt und ich hab mich gefreut, dass sie sich unbewusst noch an das Desaster um die blöde Phase erinnert, wo mein Mann tatsächlich beide Füße kaputt hatte. Zwischendurch mache ich noch eine kurze Einkaufsfahrt für mich und Elisabeth, paßt mir selbst in den Kram, weil Mutti heute noch neue Augentropfen benötigt, und vor halb zehn hab ich immer schlechte Karten, eine Schwester zu finden. Das mit den Augentropfen kann ich mit Sr. V. klären und bespreche mit ihr, dass ich dann Montag nochmal zum Augenarzt fahre. Dort bekomme ich für ein Rezept (5 Euro) 3 Fläschchen Augentropfen, statt wie das Heim für ein Rezept (5 Euro) nur eine Flasche. Noch wieder zu Mutti, die schon wieder eingeschlafen war, aber direkt beim Aufwachen fragt, wie das Wetter draußen sei. Sag ich, das Wetter geht so, aber bleib heute besser im Zimmer, draußen machen sie grade Musik – ziemlich laut und ziemlich Volksmusik, ach Mutti, das ist so gar nicht meine Welt! Mutti lacht und meint, ihre auch nicht! Als ich mich endgültig von ihr verabschiede, meint sie wie öfters, grüß schon Deine Lieben. Manchmal meint sie auch, grüß Deine Männer oder grüß Deine Familie. Das ich nur mit meinem Mann zusammenlebe, hat sie nicht immer gegenwärtig. Aber ich kenne ja viele Liebe, also gebe ich heute mal hier ihre Grüße an Euch Liebe alle hier im Forum weiter!
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim So 10 Jun 2018, 12:39 © Aggi | |
| 20180610 Sonntagmorgen: Zwanzig vor acht am Heim steht schon meine gute Seele Elisabeth draußen am Rauchen. Als ich aus dem Auto aussteige, fallen ein paar Regentropfen. Elisabeth meint dazu: „Mückenpisse.“ *gg* - Nachher bei Mutti fall ich fast vom Rollator, als ich Mutti das erzähle, denn Mutti sagt prompt: "Mückenpisse. Das haben wir auch immer gesagt." O mon Dieu! Das von meiner Mutti, die damals, als wir Kinder beim Essen das erstemal das Wort "Geil!" benutzten, fast wieder den Rohrstock eingeführt hätte. (Den sie als wir ganz klein waren, übrigens tatsächlich in Reichweite liegen hatte. Hat uns aber nie damit geschlagen. Ich weiß von einmal, wo sie damit auf den Tisch geknallt hat und Ruhe war und sonst reichte es, dass sie nur nach hinten ausholte, als WOLLTE sie den Stock hervorholen. Hab mich mal mit ihr drüber unterhalten und gesagt, das hatte was von einem Zauberstab. Da hat sie von einem Ohr zum andern gegrinst!). Aber noch stehe ich bei Elisabeth, hab zwei Geschenke für sie: Eine ausrangierte Kunststoff-Obstschale. Kann Elisabeth GUT gebrauchen. Hat grade eine Bewohnerin eine gute Kristallschale mit Obst fallen gelassen und Elisabeth hatte schon überlegt, der gibt sie lieber nicht nochmal was in einer Glasschale. (Sie unterstellt keine Absicht, aber sicher ist sicher!). Und dann hab ich gestern noch in der Postenbörse zehn von diesen kleinen Grußkarten für Elisabeth günstig erstanden. Sie hat mir ja neulich schon wieder 4 Euro zugesteckt. Ich will doch kein Geld von ihr. Aber Elisabeth meinte neulich mal halb kleinlaut, sie hätte schon Angst, ich würde demnächst Reissaus nehmen, wenn ich sie nur von weitem sehe. „Weil ich doch immer was von Dir will!“ – Man keine Sorge, Elisabeth, meine Freundschaft ist unbezahlbar! ^^ Elisabeth freut sich, diese kleinen Grußkarten kann sie immer gut gebrauchen und ob für 1,50 aus dem Schreibwarenladen oder für 39 Cent aus der Postenbörse – das ist schon ein Unterschied! Weiter zu Mutti, die ganz zufrieden im Bett liegt. Auf die Frage, wie es ihr heut Morgen geht, meint sie, och, ganz gut. Hauptsache keine Schmerzen! Wenn man noch zu allem dazu auch noch Schmerzen hätte, würde das unnötig Unkosten verursachen, das muss doch nicht sein. (Schätze, sie verwechselt grad „Unkosten“ und „Unbehagen“, aber wurscht, ich hab mich mal mit einem Italiener unterhalten, der das schlimmste Englisch der Welt gesprochen hat. Von dem hab ich gelernt, ist wurscht, denn die Verständigung war problemlos. Kommt ja nur darauf an, dass man sich verständlich machen kann.). Da es erst zehn vor acht ist, erzähl ich Mutti erstmal, wie fleissig mein Mann und ich gestern waren. Das ganze olle Gartengerümpel entsorgt. Und beide dann zu den Mülldeponien. Er zu der im Dorf und ich in die nächste Stadt. Obwohl wir erst gaaaaaar keine Lust hatten! Und wie schön es ist, wenn man hinterher sieht, dass wieder Platz ist und man was geschafft hat! Mutti geht ganz mit, hab schier das Gefühl, sie zieht in Gedanken selber Handschuhe an und entrümpelt mit. Zupacken konnte sie immer. Ihren Bandscheibenvorfall mit dann nötiger OP hat sie sich (leider) zugezogen, als sie ganz allein die Terrasse mit diesen 50x50er Betonplatten gelegt hat. Passiert, wenn man mit einem Mann verheiratet ist, der für dergl Sachen nix über hat. War das erste und einzige Mal, dass wir Mutti „stoned“ erlebt haben. Vor ihrer OP im Krankenhaus. Wie sie da kichernd im Bett lag, als Vattern mit uns fünfen zu ihr gefahren war, auf uns Kinder mit dem Finger zeigte und kichernd fragte, mein Gott, wieviele seid ihr eigentlich? Und uns dann abzählte und bei fünf total staunte. An dem Tag hat sie zum ersten und einzigen Mal einen Wunsch geäussert. Einen Cassettenrekorder für sich und Musikcassetten von (vergessen, war das Andrè Rieu?) …. Hat sie auch bekommen. Ihr Zustand lag an den Schmerzmitteln. Zum Frühstück pack ich wieder die Brotstücke auf den roten Teller um und das ist gut so: Mutti greift kein einziges Mal daneben! Ich muss überhaupt nicht helfen. Danach ist sie aber auch pappsatt. Rundum zufrieden. Zum Essen hab ich ihr wieder vom Forum erzählt. Die Geschichte von Karins Huhn hat Mutti extrem gut gefallen! Wie man mit wenig viel erreichen kann. Findet Mutti schön. Sie ist sehr einfühlsam dabei und die Art, wie sie sich mitfreut, macht mich selber glücklich.
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Di 12 Jun 2018, 05:38 © Aggi | |
| 20180611 Montagmorgen: Zehn vor acht am Heim seh ich schon von weitem meine gute Seele Elisabeth draußen stehen und muß grinsen, als ich näher komme. Sie studiert einen orangefarbigen Notizzettel. Also ein neuer Einkaufszettel für mich. Ich muß sie mal fragen, ob sie noch genug von den Zetteln hat, sonst besorg ich ihr neue! ^^ Trifft sich wie immer gut, ich wollte heut ja eh in den Heimatort wegen Muttis Augentropfen und da habe ich alle Läden beinander. Außerdem gibt mir Elisabeth neben dem Einkaufsgeld auch schon Geld für Muttis Geburtstag, was bedeutet, dass ich in dem Extra-Portemonnaie für Elisabeth jetzt einige Geldscheine mit Haftzetteln hab, für in-voraus-gegebenes Geld, damit ICH nicht vergesse, wofür das alles war. Neulich war ich schon komplett in Tüdel – wie gut, dass Papier und Bleistift noch nicht verboten sind! Weiter zu Mutti, ruft mir im Flur eine Schwester, deren Namen ich auch noch nicht kenne, zu, sie wisse gar nicht, ob Sr. M. schon bei Mutti war. Ich sag, ich schau mal. Mutti hat ein neues Nachthemd an und die Augentropfenflaschenpackung ist heute offen, also war schon wer da. Mutti freut sich, mich zu sehen, da kommt schon besagte Schwester hinterher, grüßt Mutti vom Fußende und fragt Mutti, ob schon wer bei ihr war. Mutti verneint. Ich hocke inzwischen neben Mutti am Kopfende und sag Mutti, es geht darum, ob sie schon gewaschen ist und wie ich sehe, war schon wer da. Mutti guckt mich ratlos an, sie weiß es wirklich nicht. Also sag ich, Du, die Staubschicht ist weg, da war schon wer da. Da muß Mutti lachen und die Schwester glaubt mir auch und verabschiedet sich. Mutti fragt ganz erstaunt, wer das denn nu wieder war. Sag ich, wohl wieder eine neue Schwester, die sich noch nicht so auskennt. Vielleicht von oben, die müssen sich hier unten ja auch immer erst einarbeiten, ist doch auf jeder Station anders. Als Ex-Krankenschwester versteht Mutti das und damit ist gut. Aber dieser eine Schritt weiter auf Muttis Augenhöhe hätte der Schwester auch nicht geschadet, so viel Zeit sollte eigentlich immer sein. Dieses Husch-Rein und Husch-wieder-raus ist manchmal schon sehr befremdend. Ach ja, sie hat noch gefragt, ob sie das Frühstückstablett holen soll. Nein, brauchte sie nicht, das mach ich doch gerne… Erstmal mit Mutti plaudern. Wir hatten gestern hochherrschaftlichen Besuch, der Vermieter und der Dachdecker waren da. Am 18 Juni geht es bei uns los mit dem neuen Dach. Daran erinnert sich Mutti gut und freut sich, dass das Warten ein Ende hat. „Wird auch Zeit!“ meint sie und da muß ich dann grinsen. Sie hat noch grob in Erinnerung, dass das schon letztes Jahr passieren sollte, dann aber ein Handwerker nach dem andern abgesprungen ist. Finde ich stark, dass sie das nicht vergessen hat. Als ich dann wegen dem Frühstück frage, ist sie sich aber sicher, dass Aggi das schon geholt hat. Da sag ich ganz ruhig und freundlich, Du, ich hab da, als ich kam, Tabletts stehen sehen, ich geh mal gucken, ob ich noch was für Dich finde. Das oder ähnlich ist immer in Ordnung. Und dann packe ich ihr Brot wieder um auf den roten Teller und dieses billige Plastikding ist Gold wert. Komisch, dass ich da nicht früher drauf gekommen bin, manchmal bin ich auch echt betriebsblind oder wie das heißt. Heute ist es eine Scheibe mit halb Käse und halb Marmelade, aber danach ist Mutti auch pappsatt. Ich frag sie jeden Tag, ob es gut geschmeckt und auch gereicht hat (in Einzelfragen). Und sag auch oft, sonst renn ich gerne noch in die Küche und hol Nachschub. Aber Mutti ist es immer zufrieden. Lacht höchstens, wenn ich mit den Armen hampel, als würde ich schon über den Flur sprinten. Als sie sich nach dem Essen eingemummelt hat, erzähle ich noch von dem Insektenstich, den sich jetzt mein Mann eingefangen hat. Zeig ihr erst nochmal meinen Ellenbogen, ob sie sich noch an meinen Monster-Insektenstich erinnert. Mit Verband. Und Antibiotika. „Oh ja.“ Sie erinnert das noch gut, seh ich an ihrem Gesicht. – Jo, und nu hat es meinen Mann erwischt. Keine Ahnung, was mit den Insekten los ist. Er hat so wie ich damals auch den Stich selbst oder das Vieh nicht mitbekommen, aber gestern, als ich von Mutti nachhause kam eine mega-fette Schwellung auf dem rechten Handrücken gehabt, so dass er nicht mal eine Faust machen konnte. Sah doppel-plus-ungut aus! „Mutti! Bleib heut besser im Haus, keine Ahnung, was da für Killerinsekten unterwegs sind.“ Mutti lacht, weil ich dazu ja meine Faxen mache und zum Glück ist unsere La. grade im Raum und macht sauber, die sagt nämlich geistesgegenwärtig, Mutti solle schon rausgehen, nur die Büsche meiden! Jo, Treffer versenkt! Manchmal plapper ich auch Blödsinn! Gut gemacht, La.! Ich korrigiere mich auch gleich vor Mutti, ob die nun selber überhaupt rauswill oder nicht. Auf alle Fälle lachen wir drei zusammen und Mutti hat natürlich mitbekommen, dass mein Mann mit Salbe und Kühlpads die Schwellung sehr gut behandelt hat. Aber Mutti fällt dabei auch ein, dass in ihrer Ehe immer nur ihr Mann von den Mücken im Schlafzimmer gestochen wurde. Sie hatte nie Probleme damit, er hat morgens immer gejammert. Und ich bin heimlich am Grinsen, weil sie über ihre Ehe und ihren Mann redet, als wär ich gar nicht damit verwandt – es stört mich nicht die Bohne, hat heute was von „zwei Freundinnen tauschen Erfahrungen aus“. Dann noch die Krankenkasse aushändigen lassen für den Augenarzt. Von 9 bis 11 Richtung Heimatort und dort 8 Läden (ein Laden heißt Augenarzt) abklappern und kurz nach 11 wieder zurück Richtung Pflegeheim. Dann im Heim die Sachen zu Elisabeth bringen, die sich so freut und mich so lobt, dass sich meine Erschöpfung in Luft auflöst. Die Augentropfen und die Karte bei den Schwestern abgeben – bitte gleich eintragen, damit diesmal nichts schiefgeht! Und dann nochmal zu Mutti, wo ich dann aber nur noch zehn Minuten bleibe, weil ich inzwischen eine so trockene Kehle hab, dass ich trotz Wasser trinken merke, ich brauch jetzt doch ne Pause. Aber beim Gehen nehme ich noch Muttis Lächeln mit! Dafür würde ich auch auf dem Zahnfleisch zu ihr Kriechen. Ich liebe diese Frau.
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| | | Lavendula Wohnt oft hier
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Di 12 Jun 2018, 08:43 © Lavendula | |
| Liebe Aggi, ich las in dem anderen Thread, dass es Dir heute nicht gut geht. Ich hoffe es ist nichts ernstes und es geht dir schnell wieder besser! Deine Tagebucheinträge sind der Hit. So wie Du auf Deine Mutter eingehst, dir so viele Gedanken machst und alles tust, damit sie sich wohlfühlt, und so liebevoll mit ihr umgehst - einfach toll! Liebe Grüße, Betty |
| | | Belle Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Di 12 Jun 2018, 13:49 © Belle | |
| Moin Aggi! sag mal, was is denn los Bitte schalt doch einen Gang runter, du KANNST nicht auf allen Hochzeiten tanzen, auch wenn du das möchtest. Du darfst nicht mehr an Kraft verbrauchen, als du zur Verfügung hast. Damit ist auch deiner Mutti nicht geholfen und SIE vorallem braucht dich doch. Wenn du nicht brav bist, dann erzähl ichs ihr und du kriegst Schimpfe Ich lese auch so gerne deine täglichen Berichte, es ist als ob man in der Tageszeitung einen Fortstzunsroman verfolgt Liebe Aggi wir kennen uns virtuell noch nicht lange, trotzdem fühlt es sich schon so vertraut an und dafür danke ich dir von Herzen. Deine Offenheit und Spontanität ist ein wichtiges Regulativ für dieses Forum, für uns ALLE!!! fühl dich geherzt und gedrückt |
| | | felixx Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Di 12 Jun 2018, 21:00 © felixx | |
| Liebe Aggi, ich verfolge deine täglichen Einträge jetzt schon seit...tja......seit Anfang Januar. Täglich bist du bei deiner Mama, versuchst ihr das Leben noch ein wenig aufzuhellen, stemmst dich gegen manche Gedankenlosigkeit im Heimalltag und ich lese mit Sorge, wie du dich immer mehr einspannen lässt, dich auch für andere aufreibst, einkaufen gehst, mitdenkst und mit leidest. Es ist dringend an der Zeit, ein paar Tage Auszeit zu nehmen, für dich selbst da zu sein. Wie Belle schon schrieb: Ausgepowert nützt du deiner Mutter nichts. Gib auf dich Acht!
Felixx |
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Mi 13 Jun 2018, 06:43 © Aggi | |
| Liebe Betty, liebe Belle und liebe felixx, als ich grad Eure lieben Beiträge las, haben meine Augen ganz merkwürdig reagiert ... ich musste erstmal rausgehen, einen Kaffee rauchen und ein Tempo suchen, weil ganz viel Salzwasser aus meinen Augen gelaufen ist. Spontan dachte ich als erstes: "Könnt ihr nicht lieber mit mir Schimpfen, statt so lieb zu mir zu sein???" - Und dann hab ich mich gefreut.... Ich leide schon von kleinauf an Kopfschmerzen und Migräne ... und gestern war wieder so ein Tag, aber ich bin ja medizinisch versorgt und tagsüber konnte ich dann den Hintergrund (war echt tags vorher der Besuch im Elternhaus... ) im Garten "austoben" ... mein persönlicher Depri-Sandsack... Es ist schon Wahres in Euern Worten, ich drohe, mich aufzureiben, aber ich kann nicht aus meiner Haut. Ich kann Euch nur versprechen, ich beobachte mich selbst schon genau und sehe ja, was ich da alles auch "so nebenbei" alles tue. Bestimmt versuche ich auch, meine eigenen Schulden, meine Jugendsünden zu begleichen. Kann man falsch finden, aber ich kann nicht anders. Und dort im Heim erleben, wie sehr sich über die kleinsten Kleinigkeiten - sogar über drei einzelne Gummibänder! - gefreut wird. Meine eigenen gesundheitlichen Probleme sind ja eh schon mein lebenslanger Begleiter - ich bin offiziell austherapiert, aber habe gelernt, mit meinen "Wehwehchen" zu leben. Es geht und wenn ich hier mal jammer, ist das für mich ein wichtiges Ventil ... so, wie ab und an im Garten mal mit vollen Händen wurachen ... weil ... wie schon mal gesagt ... Sandsack geht nicht, das Scheissteil haut echt zurück! Danke für Eure Worte - bedeutet mir viel! Ich hab Euch lieb. Eure Aggi ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 20180612 Dienstagmorgen: Mal wieder gut bepackt zum Heim, treffe ich draußen vorm Haus schon meine gute Seele Elisabeth, die nicht sie selbst wäre, wenn sie nicht erstmal was zu Schimpfen hätte. Sie schneidet grade eine Fliederblüte aus der Topfpflanze draußen und meckert, dass müsste doch gemacht werden und überhaupt, dann gießen die auch noch von oben (auf die Blüten), also nee, nee, nee, das geht ja man gar nicht. Ich tröste sie, ohne das hätte sie jetzt nicht diese schöne Einzelblüte in einem kleinen Glas! Außerdem hab ich Geschenke für sie: Eine Notizzettelbox, sie freut sich richtig und fast noch mehr über die drei Gummibänder, mit denen ich die Blätter zusammenhalte. „Gummibänder kann ich hier immer gut gebrauchen!“ Und einen Handventilator – notfalls in der Hoffnung, dass die Hitzewelle damit beendet ist… Dafür darf ich ihr aber nächsten Monat auch nichts zum Geburtstag schenken. ^^ Und sogar an die TV-Zeitung hab ich heute gedacht. Aggi in Höchstform! *gg* Weiter zu Mutti, die über’s ganze Gesicht lacht, weil ich schon wieder einen Karton mit Kleiderbügeln reintrage. Wir zählen die Kartons schon gar nicht mehr. Aber ich hoffe, in der Wäscherei freuen sie sich nachher und Mutti stimmt zu, besser hier verschenken als zur Mülldeponie bringen. Mutti geht es ganz gut. Sie sieht klarer aus als die letzten Tage. Es ist ein bißchen abgekühlt, ob es mit daran liegt? Zum Frühstück kommt sie wieder ins Stutzen, ob es jetzt überhaupt Frühstück gibt, aber so in Ruhe und „Ich geh mal Gucken.“ ist das dann für sie in Ordnung, wenn ich „nachsehen“ gehe. Und dann wieder das Brot auf den roten Teller umgepackt, hat Mutti wieder kein Problem beim Essen! Derweil beriesel ich Mutti mit Alltagsgeschichten. Gestern der Fettputz in der Küche. „Kennst Du das, diese hartnäckigen Fettspritzer in der Kochecke?!“ – „Oh ja.“ Und dann lacht sich Mutti scheckig, als ich kleinlaut gestehe, dass ich jetzt erstmals das Wort „Dunstabzugshaube“ auf den Küchenkalender geschrieben hab, weil mein Mann und ich Monat um Monat vergessen, die Metallfilter in die Geschirrspülmaschine zu packen. „Gestern tropfte mir das Fett beinahe auf den Kopf, als ich die Glühbirne wechseln musste…“ – Mutti muss so lachen, dass sie sitz-liegend beinahe den Tischwagen umwirft. Herrlich!!! Und nach dem Essen hat sie mal wieder Lust auf eine Geschichte aus unserem Buch und die macht richtig Spaß: „Alles nach Plan“. Mutti weiß sofort, worauf die Geschichte hinausläuft und geht richtig mit mit „Oh je“ und „Ach nee“ und „Hi hi hi“ etc. Ist richtig auch mit den Händen dabei – dies Vorlesen und immer auf Mutti schaun ist sooooooo schön! Und am Ende, als Mutti sich auf die Seite mummeln will und die Hand ausstreckt, um sich an der Bettkante auf die Seite zu ziehen, ergreif ich ihre Hand, um zu helfen und da zieht Mutti mich zu sich ans Bett – ich sitz ja auf dem Rollator. Wir kichern wie die Schulmädchen, noch mehr, und ich hab Muskelkater im Kiefer! Dann kämme ich ihr noch die Haare, hat auch viel von Kopfstreicheln … Schließlich bitte ich um Erlaubnis, eben noch in die Wäscherei zu Huschen, wegen der Kleiderbügel. Ist in Ordnung und während ich rausgehe, höre ich Mutti noch was sagen und geh nochmal zurück, weil ich’s nicht verstanden hab. Da grinst sie mich von einem Ohr zum andern an und wiederholt: „Sieh zu, das Du Deine Lumpen los wirst!“ *lol* In der Wäscherei treff ich dann auf die Frau, mit der ich da immer rede. Die freut sich total über den nächsten Karton Kleiderbügel und ich frag sie mal, wie sie heißt. Sie meint, ich darf Lilly sagen. Eigentlich ist ihr Name länger, aber alle sagen Lilly. Wir fangen an, uns zu unterhalten. Ich erzähle von Mutti und sie, dass sie zuerst hier im Haus geputzt hat und als das nicht mehr ging, von der Pflegedienstleiterin gefragt wurde, ob sie Lust hätte, hier die Wäsche zu machen. Da hätte sie erst gedacht, hmmm, Wäsche??? Und jetzt ist sie vollends glücklich und geht vollends in dieser Arbeit auf. Mit Herzblut! Sie meint, bei so einigen Bewohnern kommt man nicht daran vorbei, die einen und andern in sein Herz zu schliessen. Und auch die Unterschiede zu erfahren. Da sind die, die ganz viel Wäsche haben und dann die, die haben nur ganz wenig. Und das ewige Problem, wem gehört was? Die Schwestern wissen auch nur selten, wem welche Kleidung gehört (kein Wunder) und wenn dann keine Angehörige da sind, die helfen könnten, wird es schwierig, weil die Bewohner oft selber nicht mehr wissen, was ihnen selbst gehört. Es bricht ihr oft das Herz, wenn Wäsche in einem bestimmten Fach ungepatcht (also ohne Namensschild und damit ohne Besitzer) für immer liegen bleibt. Was ist, wenn das grad Sachen von Bewohnern sind, die kaum was haben? Das quält sie oft. Aber, meint sie, sie kümmert sich um alles, als wären es ihre eigenen Sachen. Und strahlt mich dabei an mit ihrem Sonnenscheinlächeln. Irgendwie sei das hier … sie überlegt und ich meine, irgendwie hat das hier im Haus was von Familie. Da strahlt sie und stimmt mir zu. Das Wort sei gut. Ja, es habe was von Familie! Über mich hätte sie schon lange gegrübelt. Hat mitbekommen, dass ich jeden Morgen komme. Wir treffen ja oft zeitgleich ein. War schon am überlegen, ob ich in der Beschäftigung arbeite. Bis La. ihr eines Tages gesagt hat, nein, die kommt jeden Morgen und manchmal auch mittags zu ihrer Mutter. Und lobt mich, das fände sie schön. Da werde ich dann verlegen, weil ich das selbstverständlich finde. Mache einen Knicks für das Lob und sag ihr, dass ich sie selber wunderbar finde. Sie lächelt IMMER! Kein Zweifel, sie hat ihre Berufung gefunden. Interessant am Rande, erzählt sie von ihrer eigenen Großfamilie. Die Eltern schon über 85 Jahre alt, wo 14 Kinder inzwischen überlegen, wenn es mal soweit ist, können die ja ins Heim. Da hätte sie geschimpft und gesagt, ja seid ihr denn verrückt? Das kommt für sie nicht infrage! Die Eltern werden zuhause gepflegt, wenn es mal so weit ist. Ein schönes Gespräch – faszinierender Einblick in diese Welt des Heims! Und zurück zu Mutti, die diese Geschichte ganz verzaubert. Dann noch rüber zu Frau H., der ich auch ein Geschenk mitbringe. Naja, versuchen wollte ich es. Sommerclogs von Aldi. Die guten für 2,99… Crocs-like. In fliederfarben, die Farbe von Frau H. Größe 39, wie sie mir neulich erzählt hat. Mal gucken, was sie sagt…. Lange Rede, kurzer Sinn, Frau H. freut sich am Ende „Sind die leicht am Fuß!“ und gehält sie gleich an. Vor allen Dingen kann ich sie überzeugen, mir dafür kein Geld zu geben – WEIL ich Elisabeth heut ja auch was geschenkt hab. Das ist überzeugend und Frau H. meint am Ende nur noch, dann wird sie aber nie wieder über Probleme (ihre Fersenschmerzen) klagen. Da grinse ich sie an und sag, man ist aber nie zu alt, um sich daran zu gewöhnen, geliebt zu werden. Frau H. seufzt und erinnert an ihren Sohn, der sie so abgezockt hat … meint selbst, von daher kennt sie sowas wohl gar nicht mehr. Wichtig: Wir verabschieden uns lachend und später, als ich gehe, sitzt sie draußen im Rollstuhl mit den neuen Schuhen an. Keine Ahnung, ob es hilft, aber sie hatte mir noch gesagt, gestern oder vorgestern wäre sie mal extra einen Tag auf dem Bett ohne Schuhe liegen geblieben und hätte keine Fersenschmerzen gehabt. Sonst die letzten Tage immer nur die Turnschuhe angehabt. Vielleicht helfen ja die Clogs ein bißchen. Und Mutti ist dann ganz erstaunt, wo ich ihr sage, sie bekommt heute nix, aber vielleicht ja am Samstag was. „Was ist denn am Samstag?“ – „Da wirst Du 88.“ Und – ja nee, is klar! – da brauch ich ihr aber nichts schenken. Jo, liebe Mutti, und das sagst Du mir seit Jahren und hab ich mich je dran gehalten?! Nachtrag: Mittags liefert die Post dann das bestellte Stillkissen (als Liegehilfe) für Mutti. Und wieder krieg ich Angst, ist das was für Mutti? Da hat die liebe Gisela diesen wunderbaren Vorschlag gemacht, aber was wird Mutti Samstag dazu sagen ... hmmm, die Chancen stehen fifty-fifty, mal schauen ...
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Do 14 Jun 2018, 05:17 © Aggi | |
| 20180613 Mittwochmorgen: Kurz vor acht im Heim treffe ich im Flur meine gute Seele Elisabeth und frag nach, wie die Pommes geschmeckt haben, die ich gestern Abend noch vorbeigebracht habe. „Wunderbar!“ Elisabeth strahlt mich an. Ihr Mann war glücklich und gestern Abend hatte ich ihr ja noch geholfen, die Sachen in den großen Speisesaal zu bringen, weil sie einen Teil der Pommes noch einer weiteren Bewohnerin schenkte: "Diese Portion Pommes ist ja sowieso immer viel zu viel für meinen Mann.". Die hatte davon gehört und so geseufzt, wie gerne sie mal wieder Pommes essen würde! Auch die war begeistert, ihr hätte nur noch Mayonnaise zum Glück gefehlt. Elisabeth grinst, hätte sie das vorher gewusst, hätte sie für die auch noch einen extra Topf Mayonnaise bestellt… Dann kommt noch die liebe Frau H. auf ihrem Rollstuhl angerollt. Streckt mir schon von weitem ihre Hand entgegen und beide übermitteln liebe Grüße für Mutti. Die liegt ganz entspannt im Bett und meint lächelnd, als ich ihr mit den Fingern zeige, heut früh hätte ich sogar zwei Grüße für sie, da müsse sie sich ja erstmal extra sammeln! ^^ Mutti freut sich über die Grüße und will dann erstmal wissen, wie es mir geht. Spontan denke ich an die Glücksmomente hier an Board und sag aufrichtig, dass es mir gut geht! Stelle erstmal Muttis Holzkalender um auf das neue Tagesdatum, dass ich ihr jeden Morgen samt Wochentag ansage. Mutti reagiert nicht, aber ich sage gleich, heute hätte Deine Mutter Geburtstag. „Oh ja!“ Ich schicke einen kurzen Gruß gen Himmel zu Oma, aber Mutti guckt eigentlich nur interessiert zu, aber nicht so, als wäre sie mit Oma verwandt. Wurscht, sie fand es interessant! Ich erzähle noch was von meiner Gartenarbeit gestern, das hört Mutti einfach immer zu und zu gerne und dann meint sie, sie glaubt nicht, dass Oma bis zum Schluß Rasen gemäht hätte. Meine ich, Du, irgendwann hat man doch in seinem Leben auch genug Rasen gemäht. Dann kann man es ruhig auch den anderen überlassen. Das ist dann auch eine gute Idee und ich merk mal wieder, dass Mutti schon in Gedanken bei Oma war, nur eben in ihrem eigenen Tempo. Dann geh ich erstmal Frühstück holen, das um fünf nach acht noch nicht im Dienstzimmer steht??? – Auf dem Flur seh ich Elisabeth und frag sie und höre, es ist eine neue Küchenkraft, die erst noch eingearbeitet werden muss. Also weiter in den grossen Speisesaal, wo mir die neue Frau erzählt, sie habe den Wagen mit den Tabletts in den roten Bereich gestellt. – Der rote Bereich ist oben, das kann nicht, also frag ich nur nach, wohin genau. „Da in den Flur.“ – Jo, das Heim besteht aus vielen Fluren, ich geh also selber los und werde dann auch fündig. Hauptsache. Heute das übliche Brot plus eine Schale Quark, die irgendwie schon wässrig aussieht und keinen Deckel hat. Erstmal dran riechen, riecht aber frisch. Bei Mutti dann wieder alles auf ihren roten Teller umgepackt, ist heute eigentlich nur das „Problem“, dass so viel Marmelade auf dem Brot ist (wohl die Menge, die gestern fehlte), dass ich Mutti heute mehrfach die Finger nachwischen muss, weil sonst die Finger zusammenkleben, aber das mehr so erwähnt, weil Mutti zu mir sagt, ich sei so fürsorglich. Beim Essen bekomme ich spontan die Idee, was Mutti wohl von Marzipantorte zu ihrem Geburtstag hält. Die „Tradition“ hatte ich eingeführt, seit ich mich um sie gekümmert hatte. Wir lieben Marzipantorte! Mutti: „Aber nicht zu oft!“ ^^ Also sag ich zu ihr, wo Du doch Samstag Geburtstag hast (skeptischer Blick von Mutti a la „Hab ich das?“), was hältst Du davon, wenn mein Mann und ich nachmittags zum Kaffee zu Dir kommen und Marzipantorte mitbringen? – „Oh ja!“ Na isses denn! Innerlicher Veitstanz meinerseits und Mutti kurz drauf: „Das Geld nimmst Du aber von mir!“ – Natürlich sicher ich ihr das zu, auch wenn ich die Torte natürlich selbst bezahlen werde. Auch das ist eine Muttis-Geburtstags-Tradition, mit der ich nicht brechen werde. Man, ich freu mich so, dass Mutti mal wieder einen Wunsch geäussert hat!!!!!!! Nach dem Frühstück frag ich sie noch, weil ihre Haare so zauselig aussehen, ob ich sie nochmal kämmen darf und ich darf. Ist auch gut so, weil sie am Haaransatz das absolute Monstervogelnest hat. Da brauche ich direkt mal wieder Haaröl und Geduld, das alles ohne Ziepen zu entwuseln. Aber Mutti meint immer wieder auf meine Nachfragen, es mache ihr nichts aus und meint am Ende sogar grinsend: „Noch hab ich zwei Hände, mit denen ich ausholen kann.“ *gg* Alles gut, ich hab ihr nicht wehgetan und die Haare sind wieder schön! Als ich dann aus dem Heim gehe, spricht mich von hinten der Neffe von Muttis Zimmernachbarn fröhlich an. Er ist ja auch fast jeden Tag da und wir klönen kurz, während wir zu unseren Autos gehen. Er meint, zu Anfang hätte er auch viele Vorbehalte auch gegen „Heim“ im Allgemeinen gehabt. Aber dieses sei ja wirklich eines von den Guten und inzwischen hätte er seine Ansichten geändert und würde das nicht mehr so schlimm sehen, müsse er eines Tages selbst ins Heim. Nur, dass welche wie ich und er eher die Ausnahmen sind, die fast täglich kommen, sei nicht so schön. Aber er liesse sich die Besuche bei seinem Onkel nicht nehmen. Und wenn es für eine halbe Stunde ist, aber eben vorbeikommen und sehen, wie es geht! Auch so wächst man zusammen. Durch geteiltes Leid. Und dennoch sind das schöne Erfahrungen.
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Do 14 Jun 2018, 10:09 © Lavendula | |
| Liebe Aggi, teilweise kann ich glaub ich verstehen, was Du sagst. Also, das nicht aus seiner Haut können usw.. Es spielen eben auch in puncto Pflege so viele Dinge aus der eigenen Persönlichkeit und den eigenen Erfahrungen, Prägungen usw. mit hinein, die ja bei jedem ganz individuell sind. Von außen lässt sich immer gut was raten, gelle? Wir sagen es so, wie wir es empfinden und aus eigener Erfahrung kennen, und ich denke es tut ja auch schon gut das zu hören, auch wenn man nicht immer danach handelt. Doch allein schon zu wissen, dass andere einen verstehen, in ähnlichen Situationen sind und all das, das gibt einem schon ein wenig Kraft. In meinem Urlaub neulich habe ich erst mal gemerkt, was ich überhaupt alles opfere und vermisse, und was alles von mir abfiel an Last. Der Gedanke an das, was mich daheim wieder erwarten würde, hat mich teilweise zur Verzweiflung getrieben. Panikattacken, depressive Phasen bis hin zum Gedanken, einfach in den Atlantik zu steigen und alles hinter mir zu lassen (keine Sorge, letztlich bin ich dafür zu feige und verantwortungsbewusst. Aber der Gedanke kam immer wieder). Ich habe mich während des Urlaubs endlich wieder lebendig gefühlt, in guten Momenten richtig frei und leicht. Doch nun, nach zwei Wochen daheim, merke ich wie es täglich stetig bergab geht, sich die alte Verzweiflung wieder in den Vordergrund drängt, das Gefühl von Überforderung, Kraftlosigkeit, eingesperrt und allein gelassen sein und Einsamkeit mich zurückerobert. Wenn man in einer Situation steckt funktioniert man einfach irgendwie, man wird durch was auch immer angetrieben und mag nicht aufgeben. Oft fällt einem nicht mal auf, wie stark man sich belastet und an oder über seine Grenzen geht. Ich halte es für sehr sehr wichtig, dass man einen kleinen Ausgleich im Alltag findet und etwas findet, das einem Freude und damit Kraft gibt. Für dich scheint es das Schreiben zu sein hab ich das Gefühl, und da finde ich es super, dass Du dafür hier eine Plattform gefunden hast und Leute, die das zu schätzen wissen und mögen. Alles Liebe, Betty (Ich will immer Aggie schreiben, denn eigtl. ist das mein vom Zweitnamen abgeleitetes Pseudonym im Internet ) |
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Do 14 Jun 2018, 13:37 © Aggi | |
| Liebe Betty, im Prinzip habt ihr mir doch alle genau die Tipps gegeben, die ich mir selber geben würde, tät ich auf mich hören.... Für mich ist einfach jeder Tag irgendwo möglicherweise der letzte Tag mit Mutti, und so versuche ich, aus jedem Tag das Beste zu machen. Wann auch immer dieser letzte Tag kommt, es soll dann auch der Schönste sein, selbst wenn er so war, wie der Tag davor, und der Tag davor, und davor.... Bist Du selbst denn schon einen Schritt weiter gekommen? Es las sich zwischendurch so hoffnungsvoll, dass Deine Mutter tatsächlich zurück ins Heim will. Für Euch beide würde ich wünschen, dass das auch klappt, denn Deine Erschöpfungsgrenze ist allemal erreicht. (Hab grad mal geblättert: Cool, ihr wartet jetzt auf einen Heimplatz - ich drücke feste die Daumen!) Ich hatte ein Leben mit Selbstmordgedanken und habe es jahrzehntelang auch versucht, aktiv umzusetzen. Der erste mit 15 oder 16, und irgendwann habe ich nicht mehr mitgezählt - wie Du liest, bin ich sehr schlecht darin... Geblieben sind die Gedanken, nur dass ich auf dem Weg bis heute lernen konnte, wenn ich mal wieder so denke, muss ich es nicht tun, es ist dann meine persönliche Alarmanlage: "Halloooo! Aggiiiiiii! Du bist furchtbar fertig und brauchst dringend Hilfe!!!" - Funktioniert. Bei mir. - Lavendula schrieb:
- (Ich will immer Aggie schreiben, denn eigtl. ist das mein vom Zweitnamen abgeleitetes Pseudonym im Internet )
Ich liebe meine vier Buchstaben. Die Schreibe mit "ie" am Ende bringt mich zum Quietschen, so wie Fingernägel auf einer Schiefertafel. Und die Vorstellung, dass im englisch-sprachigen Ausland keiner mein "A" von Aggi aussprechen kann und ich eine "Äggi" würde, hält mich vom Auswandern ab ... Aber lustig, dass wir ähnlich heissen, rückwärts wärst Du dann Eigga und ich Igga, hat doch was von Doppeltes Lottchen! Also, nicht unterkriegen lassen, Du bist nicht allein! LG, Aggi ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 20180614 Donnerstagmorgen: Zehn vor acht im Heim ist bei Mutti die Wäsche schon durch und Mutti grüßt schon „um die Ecke“ auf mein morgendliches „Klopf! Klopf!“ zurück. Viele Dinge, die ich täglich gleich mache, die aber nie langweilig werden. Sie haben was von „unsere Erkennungszeichen“, so wie mein „Sodele“, wenn ich das Frühstückstablett bringe und es vorher bei ihr zuhause immer sagte, wenn ich das Essen brachte. Es sind inzwischen so viele liebgewonnene Gewohnheiten, aus kleinen Sätzen, Worten, Gesten oder Berührungen, ich kann sie gar nicht aufzählen, weil ich all das intuitiv entwickelt hab, unterwegs, auf meinem Weg mit Mutti. Mir fiel nur vor wenigen Tagen selber auf, als ich Frau H. ein „Daumen-hoch!“ gab, dass ich das alles schon ganz automatisch mache. Zum Glück wusste Frau H. gleich, was ich meine! Bei Mutti war mir ja schon vor Jahren aufgefallen, dass sie einige dieser Dinge in ihr eigenes Repertoire übernommen hat, wie „Klopf auf Holz“ oder „Sodele“, wo mir dann immer erst bewusst wurde, dass ich das überhaupt mache. Körpersprache geht immer! Erstmal kann ich Mutti damit erfreuen, dass „ihre“ Marzipantorte sicher ist, steht jetzt bis Samstag bei uns im Gefrierschrank und ich erzähle, dass mein Mann und ich uns jetzt bis zu ihrem Geburtstag am Samstag Gewalt antun müssen, die nicht vorzeitig aufzufuttern. „Wie gut, dass der Gefrierschrank eine Tür hat, Mutti. Sonst würden wir jetzt schon anfangen zu naschen!“ Mutti muss lachen und fragt, seit wann Gefrierschränke Türen haben. „Du, ist besser, damit die Kälte drinnen bleibt.“ Vor allen Dingen scheine ich sie mit meiner Vorfreude auf ihren Geburtstag anzustecken. Sie strahlt von einem Ohr zum andern. Sie ist ja nicht so der „ich-feier-gerne“-Typ. Ein Hoch auf die Erfindung der Marzipantorte! Das ich dann erstmal das Frühstück holen gehe, ist in Ordnung. Und heute steht es auch wieder im Dienstzimmer. Eine Scheibe mit Marmelade und eine halbe mit Käse. Wie so oft inzwischen ohne Brotkruste. Bei Mutti dann wieder alles umgepackt auf den roten Teller und Mutti geniesst ihr Brot. Heute greift sie auch zwei-, dreimal daneben, fällt mir auf. Grad bei den Käsebrotstücken, die ja den besseren Kontrast bilden, gelb auf rot, aber wurscht, ihre Augen werden schliesslich nicht besser und sie findet jedes Stück doch alleine. Nur beim Kaffeetrinken kleckert sie heute viel. Das Mundstück findet sie inzwischen auch immer schlechter. Wo ihr mehrmals der Kaffee – Kaffeetropfen – den Mundwinkel runterläuft, ist ihr das schon unangenehm, auch wenn ich sofort ein Tempo parat habe und ihr helfe. Also mach ich daraus die Geschichte, wie gestern ihre Tochter Aggi das Krümelmonster aus der Sesamstraße in den Schatten gestellt hab. „Weißt Du noch, das Krümelmonster aus der Sesamstraße? Wie das immer gekrümelt hat, dass die Krümel nur so nach allen Seiten geflogen sind?“ – „Oh ja!“ Mutti lacht, dass es sie schüttelt. Jo, und so kann sie sich vorstellen, hab ich gestern Abend im Bett Kekse gegessen. OBWOHL ich mir dabei immer meine Nierenschale unters Kinn halte, waren am Ende ÜBERALL Krümel! Und wie ich am Ende sogar aufstehen musste, um das ganze Bett abzuwischen und wieder rein und immer noch sind da Krümel – Mutti, wenn das einer gefilmt hätte, hätte ich alle Lacher dieser Welt bekommen! (Keine Lüge! Manchmal nachts im Bett guck ich wirklich um mich und denke, whow, hoffentlich gibt es hier keine versteckte Kamera!) Mutti ist nur noch am Lachen und wir einigen uns darauf, dass keiner so kleckert wie ich … aber man muss mich trotzdem liebhaben, nicht wahr, Mutti? – Oh ja! Beim Gehen kann ich dann noch mit Sr. K. wegen Samstag bereden, ob ich da das Stück Kuchen für Mutti extra abbestellen muss, weil wir ja Marzipantorte mitbringen. Wird sie mit der Küche besprechen. – Und jetzt zuhaus ist mein Mann ganz entsetzt, dass ich das Stück Pflegeheimkuchen abbestellt hab: „Wer weiß, vielleicht hätte es ja was Gutes gegeben?“ *gg*
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Do 14 Jun 2018, 17:52 © Belle | |
| - Aggi schrieb:
- Mutti muss lachen und fragt, seit wann Gefrierschränke Türen haben. „Du, ist besser, damit die Kälte drinnen bleibt.“
Das ist die Meldung des Tages!!!! Hmmm Ich liebe Marzipan auch, bitte nicht zu oft erwähnen sonst sonst packt mich die Gier.... Und dein armer Mann muss nun auf ein Stück Überraschungstorte im Pflegeheim verzichten. Ein Stück, das er im Leben nicht mehr aufholen kann. Es bleibt für immer verloren, weg, einfach abbestellt... (Aber frag zur Sicherheit nach was es gegeben hätte) |
| | | Belle Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Do 14 Jun 2018, 20:10 © Belle | |
| - Aggi schrieb:
Ich hatte ein Leben mit Selbstmordgedanken und habe es jahrzehntelang auch versucht, aktiv umzusetzen. Ach Gott, du hattest es auch nicht leicht..... Liebe Aggi, ich hab da ein Gedicht gelesen, das ich gerne für dich hier aufschreiben möchte: NebelDu, trüber Nebel, hüllest mirDas Tal mit seinem Fluß,Den Berg mit seinem WaldrevierUnd jeden Sonnengruß.Nimm fort in deine graue NachtDie Erde weit und breit!Nimm fort, was mich so traurig macht,Auch die Vergangenheit!(Nikolaus Lenau, Gedichte) |
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Fr 15 Jun 2018, 05:46 © Aggi | |
| Liebe Belle, faszinierend ... zwei Beiträge von Dir ... mit dem goldenen Humor, den ich so liebe und dem goldenem Herzen, nach dem ich mich so sehne! Lächelnder Gruß, Aggi
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| | | Aggi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Fr 15 Jun 2018, 14:11 © Aggi | |
| 20180615 Freitagmorgen: Zehn vor acht am Heim stehen draußen vor der Tür meine gute Seele Elisabeth und einer der rüstigen Bewohner mit seinem Rollator. Er hat immer ein charmantes Lächeln und grüßt immer mit einem Augenzwinkern. Heute erzählt er mir, als ich ihn auf 45 schätze, er sei Jahrgang 1933, 85 Jahre alt und zwinkert mir zu. Und für Elisabeth packe ich einmal die beiden 8ten aus, die ich für Muttis Geburtstag gebastelt hab. Gefallen ihr sehr gut und ich bespreche mit ihr, heute schon das Blumengesteck für sie (für Mutti) zu holen, weil ja morgen doch noch einiges mehr auf mich zu kommt. Ist in Ordnung und so kann ich ihr gleich noch Kirschen, Aprikosen und Zigaretten mitbringen. „Aggi, kannst Du Dir das auch alles auswendig merken?“ – „Klar, Elisabeth, heute ist Freitag, da ist meine Tagesform immer ganz gut. Auf einem Montag kannste sowas aber nicht von mir erwarten!“ *gg* ( Ich scherze ja oft rum, dass ich tüdelig werde…). Weiter zu Mutti, ist die ganz erstaunt, dass ich schon da bin. Ist natürlich wie immer meine Zeit, aber Mutti lebt ja in ihrer eigenen Welt. Alles gut. Ich grüße fröhlich und frage sie, wie es ihr geht. „Ach, ganz gut.“ Wichtiger als die Worte sind ihr Lächeln. Das sie morgen Geburtstag hat, hat sie schon wieder vergessen und will abwehren, als ich von einer Überraschung rede: „Du sollst doch nicht…“. Aber ich kann sagen, dass diese Überraschung nichts kostet und trotzdem unbezahlbar ist. Weil morgen der Kl.Bruder auch noch mitkommt. Da freut Mutti sich! Ich erzähle noch ein bißchen vom Vortag und als ich frag, ob sie denn jetzt Lust auf Frühstück hat, meint sie, ich solle mal schauen, dass habe Kl.Bruder wohl schon geholt. Dabei schaut sie so suchend im Zimmer rum und ich sag einfach, Du, auf Deinem Tischwagen steht noch nichts und ich geh einfach mal gucken. Das ist dann in Ordnung. Zum Frühstück mit dem roten Teller plauder ich dann von meiner Gartenarbeit gestern. Das letzte Gestrüpp begradigen, bevor Montag die Handwerker kommen und das Haus mit dem Gerüst fürs Dachdecken zustellen. Sag ich so zu Mutti, das hätte Dir früher doch auch immer so viel Spaß gemacht. Doch heute meint sie mal zur Abwechslung, sie hätte ja aber sonst auch immer so viel zu tun gehabt. Und Recht hat sie. Ein großes Doppelhaus und fünf Kinder plus ein Ehemann, der keinen Finger im Haushalt oder Garten krumm gemacht hat. Aber heute ist zufälligerweise der Heimgärtner auf Muttis Fensterseite draußen zugange, dass interessiert sie dann schon. Wer da ist und was der da macht. So beschreib ich dann mal wieder den ganzen „Garten“ rund ums Heim und wieviel da zu tun ist: „Das schafft eine Hausfrau gar nicht mehr, da braucht man wirklich einen eigenen Gärtner.“ Aber mein Wunsch, mit Mutti nochmal eine Spazierfahrt im Rollstuhl draußen übers Gelände zu machen, bleibt wohl ein Traum. Mutti hat sowas von gar keine Lust drauf und das habe ich inzwischen auch eingesehen. Ist viel mehr mein Bestreben – sie interessiert es nicht die Bohne, im Gegenteil! Und das respektiere ich. Es wäre etwas ganz anderes, glaube ich, hätte sie Hoffnung auf Heilung. Aber so – solange sie ihren freien Willen noch äußern kann, ob mit Worten, Mimik oder Gestik, ist es gerade wichtig, ihren Wünschen auch nachzukommen. Alles andere wäre Quälerei für sie. Zwischendurch kommt noch unsere liebe La. zum Putzen rein und ich binde sie gleich mit ein, so dass wir zu dritt lachen und uns kurz unterhalten können. Heute rettet La. unser aller Leben ( naja, vor allem meins), weil ich sie bitte, den super fetten Schneider von der Zimmerdecke wegzumachen. Ich hab eigentlich kein Problem vor Insekten, aber Schneider sind mir suspekt und dieser hat ungefähr einen Flügeldurchmesser von zweieinhalb Metern….. Mutti und La. lachen sich kaputt, und mehr will ich ja gar nicht ( naja, und auch, dass der fünf Meter lange Schneider weg ist…). La. bekommt ja noch mit, dass morgen der große Marzipantortentag ist. Es geht ja gar nicht um Muttis Geburtstag (legt sie ja keinen Wert drauf), also hab ich den großen Marzipantortentag drauss gemacht! Da lugt sie nochmal lieb um die Ecke und fragt mich, ob von den anderen Geschwistern denn welche kommen werden. Das Kl.Bruder mitkommt, hat sie schon gehört. … Tjä, ehrlich gesagt, glaub ich kaum dran. Hab alle nochmal per Mail angeschrieben. La. meint, für Mutti wäre es doch schön! – Na klar, darum hab ich ja alle auch nochmal angeschrieben, in der Hoffnung … Und später fahre ich noch einkaufen und erstehe wirklich eins von den schönen Gestecken, die ich mir eine Woche vorher schon für Elisabeth ausgeschaut hatte. Elisabeth ist begeistert. In ihrem Zimmer dann noch die beiden 8ten dazugesteckt. Perfekt! – Elisabeth und ich kriegen richtig Vorfreude und albern herrlich herum. Am Ende meint Elisabeth, weil ich ja wieder für sie eingekauft hab, sie würde das demnächst noch an mir gutmachen. Ganz ehrlich antworte ich prompt: „Du bringst mich so oft zum Lachen. Eigentlich müsste ich Dich noch dafür bezahlen!“ Soweit habe ich jetzt alles für Muttis Geburtstag organisiert. Morgen früh dann Kl.Bruder abholen, dann morgens die erste Runde, da häng ich schon mal die „Herzlichen Glückwunsch“-Girlande auf. Und nachmittags holen mein Mann und ich Kl.Bruder nochmal ab und dann wird Kuchen gefuttert. Und vielleicht … in Anwesenheit meiner beiden Lieblingsmänner … akzeptiert Mutti dann ja die Kuschelrolle, das Stillkissen im Bett. Liesse sich dann ja von den Schwestern wegen der Knopfhaken auch praktisch mal eben an den Türhaken hängen, wenn sie Muttis Bett neu beziehen, however. Die Schwestern kann ich leichter davon überzeugen als Mutti, da hab ich noch richtig Muffesausen, wie sie das wohl findet ... hmm, hab ich oft, bei Geschenken, das ich kurz vorher Panik kriege, ob es auch ankommt. Mal gucken. Viel wichtiger ist, ich lass morgen die Torte nicht fallen ... oder vergesse, sie aufzutauen ...
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| | | Belle Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Fr 15 Jun 2018, 18:50 © Belle | |
| - Aggi schrieb:
- Viel wichtiger ist, ich lass morgen die Torte nicht fallen ... oder vergesse, sie aufzutauen ...
Liebe Aggi, BEIDES ist wichtig. Erst auftauen und in der Folge dann nicht fallenlassen. Sollte dir die Torte unaufgetaut aus den Händen gleiten besteht ernsthafte Zehen-Verletzungsgefahr!! Aber aufgetaute Marzipantorte, sicher platziert und genußbereit abgestellt, da komm ich von da unten auch noch da rauf Ich hoffe ihr könnt das gute Stück zusammen genießen und habt Freude aneinander. Deine Mutti wird Augen machen und sich sehr freuen. Ich wünsche jedenfalls auch alles Gute und viele weitere schöne Jahre! |
| | | kamia Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 16 Jun 2018, 00:33 © kamia | |
| Liebe Aggi
Alles Gute zum Geburtstag für die Mutti.
Ich hoffe, das ist für euch der Beginn eines wunderbaren Jahres.
mit lieben Grüßen Wenn jemand sagt: Das geht nicht! Denke daran: Das sind seine Grenzen, nicht deine.“ (Unbekannt) |
| | | felixx Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 16 Jun 2018, 08:28 © felixx | |
| Wünsche deiner Mutti alles Liebe zum Geburtstag und vor allem, dass es ein gutes neues Lebensjahr wird, mit vielen ruhigen und zufriedenen Tagen! Liebe Grüße Felixx
Nur weil es gerade schwer ist, darfst du nicht gleich aufgeben. Es wird nicht einfacher, wenn du davor wegläufst. |
| | | Lina Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 16 Jun 2018, 08:44 © Lina | |
| Schließe mich doch gerne an die Reihe der Gratulanten an.
Ich wünsche dir und deiner Mutti einen superschönen Tag mit viel Freude. |
| | | Aggi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 16 Jun 2018, 12:03 © Aggi | |
| Liebe Belle, liebe Karin, liebe Felixx und liebe Lina, das ist ja lieb von Euch!!! ... tse, mit sowas Liebem rechne ich ja gar nicht, aber grad dachte ich spontan, nee, nee, nee, Mutti hat nicht nur im Heim eine neue Familie gewonnen, sondern auch hier! Werde eure Grüße heut nachmittag ausrichten - ich erzähle ja andauernd von Euch allen, manchmal komme ich mir schon vor, als würde ich Euch "missbrauchen", aber Mutti lächelt inzwischen immer so schön, wenn ich anfange mit: "Mutti, ich hab doch schon öfter von meinen Freunden im Internetforum erzählt..." - dann freut sie sich schon auf eine neue, schöne Geschichte! Euch allen! Ihr bringt meine Mutti zum Lächeln! LG, Aggi ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 20180616 Samstagmorgen: Heut ist Muttis 89ter Geburtstag. Sie wird 88 Jahre alt. Vor so einigen Jahren hat sie mal gesagt, sie wolle so alt wie ihre Mutter werden. Die wurde 87. Inzwischen weiß Mutti das nicht mehr. Aber ich und Kl.Bruder erinnern „unsere“ Phasen, wo wir schon nicht mehr glaubten, sie erlebt noch ihren 88ten Geburtstag … oder wo es ihr letzten Dezember so schlecht geht, den 89ten … Ich bin aufgeregt heut früh. Bevor ich losfahre, meinen Kl.Bruder abholen, nehme ich noch eine Magentablette. Bauchschmerzen vor Aufregung. Ich wär nicht ich, wenn das nicht wäre. Mit Kl.Bruder dann im Dorf noch schnell frische Moosröschen für Mutti kaufen und dann weiter ins Heim. Mutti lächelt, als sie uns beide erkennt und strahlt, als wir im Duett „Happy Birthday“ singen. Für die Rosen vom Kl.Bruder hatte ich schon eine Vase parat gestellt – hab mir sowas schon gedacht, wir lesen ja gegenseitig Gedanken. Und während er noch bei Mutti sitzt und klönt, hole ich die „Herzlichen Glückwunsch“-Girlande aus Muttis Schrank. So eine knall-bunte, wohl für Kindergeburtstage gedacht, aber die knalligen Farben und die großen Buchstaben sind perfekt für Mutti, die sich freut! Kurz drauf klopft es schon an der Tür, und meine gute Seele Elisabeth kommt mit ihrem großen Gesteck. Das ist schon eine Leistung. Elisabeth kann ja nur an ihrem hohen Gehwagen gehen und das Gesteck ist so breit, wie die Ablage ihres Gehwagens. Elisabeth und ich sind ja auch schon ein eingespieltes Team und an der richtigen Stelle nehme ich ihr dann das Blumenschiff ab und halte es Mutti dicht vor Augen. Die strahlt von einem Ohr zum anderen!!! Findet es wunderschön und ich gebe Elisabeth an Muttis Stelle eine Umarmung. Da meint Elisabeth gleich, ich müsse aber mehr auf die Knochen kriegen, auf meinen Rippen könne man ja Klavier spielen. Da kann ich aber gleich an die Marzipantorte heut Nachmittag erinnern. Da sind ja bestimmt ausser Marzipan auch ein paar Kalorien drinn. ^^ Als Elisabeth sich dann fröhlich verabschiedet hat, stelle ich das Blumenschiff auf Muttis Wohnzimmertisch und Mutti meint nochmal dazu, so groß sei aber doch nicht nötig gewesen. „Du kennst doch Elisabeth. Sie hat ein großes Herz.“ Während Kl.Bruder Mutti dann mit seiner sonoren Stimme mit Geschichten verwöhnt, gehe ich schon mal das Frühstückstablett holen und bekomme im Dienstzimmer eine Gänsehaut: Ich hab ja noch keinen Geburtstag hier im Heim live miterlebt. Da ist Muttis Tablett heute festlich mit einer Rosengirlande geschmückt, richtig edel. Ich hab Gänsehaut bis runter auf die Beine. Ein paar Schwester versammeln sich um mich, weil sie mein Quietschen mitbekommen haben und meinen, dass machen sie immer so. Nachher würden sie noch für Mutti ein Ständchen bringen und sie bekommt noch einen Geburtstagskranz. So schöööön! Als ich mit dem Geburtstagstablett zurück zu Mutti und Kl.Bruder komme, pfeift letzterer auch gleich anerkennend und beschreibt Mutti schon mal, was da auf sie zukommt. Heut lasse ich auch den roten Teller weg – die Girlande umrahmt alles so rot, da brauchen wir das heute gar nicht! Wieder klopft es an der Tür und eine Schwester kommt zu Mutti, gratuliert ihr persönlich, kommt ganz dicht zu Mutti ans Bett und gibt ihr auch die Hand und erzählt, sie hat einen Kranz an Muttis Tür gehängt. Da geh ich natürlich gleich los und hole den einmal rein. Mutti kommt ja nicht mehr raus, also kommt der Kranz einmal zu ihr. Ein schöner, sommerlich bunter Kranz und in der Mitte ein großes, kreisrundes Schild mit „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“. Mutti ist wieder ganz überrascht, aber angenehm – sie freut sich! So, dann erstmal gemütlich frühstücken, während heute dann Kl.Bruder viele Geschichten erzählt, bis es wieder an der Tür rummelt und ich Elisabeth energisch „Aggi!“ rufen höre. Draußen steht sie mit dem lieben Zimmernachbarn, der sich ja nicht alleine zu Mutti traut. Hatte Elisabeth ja gestern schon gefragt, ob sie ihn heute auch bitte zu Mutti begleitet. Da steht er vor der Tür und nestelt an der Geschenktasche, ich helfe ihm, weil sie an seinem Rollator festhängt und dann meint er, er kann ja auch kurz reinkommen. Das tut er dann auch. So süß! – Marschiert tapfer durch zu Mutti, stellt sich gleich mit seinem Namen vor, shake hands und stellt ihr seine Geschenktüte auf den Tablettwagen, wünscht alles Gute und dreht dann auch schnell wieder zum Gehen, aber grinst auch dabei. Herzergreifend. Natürlich bin ich bei ihm, beim Reingehen und bedanke mich beim Rausgehen und auch Mutti hat Danke gesagt. Die beiden haben sich ja noch nie gesehen, immer nur gehört. Und ihn hat es Überwindung gekostet, aber er wollte es unbedingt. Draußen steht noch Elisabeth, ihn abholen, zwinkert mir noch einmal zu. Herrlich, diese neue Familie hier im Heim! Mutti zeige ich dann den Inhalt der Tüte ( hat ja die Aggi mal besorgt und kann jetzt entsprechend anpreisen): „Oh schau mal, da hat Dein Zimmernachbar ja richtig mitgedacht, eine sensitive Waschlotion für Dich! Und hier, ach toll, Hautcreme mit Avocadoöl!“ Kl.Bruder sagt auch gleich anerkennend, was für eine gute Wahl und Mutti lächelt so schön! Bis dann das Frühstück beendet ist, wird es heute tatsächlich mal zehn nach neun, wie es so auf einem Geburtstag ist. Vor lauter Glückwünsche kommt das Geburtstagskind gar nicht zum Essen! Aber Mutti ist richtig klar dabei und freut sich. Gegen Ende lese ich ihr noch die Grußkarte von der Kirchengemeinde vor. Ein handschriftlicher Gruß auf einer Postkarte mit Regenbogen. Die nimmt Mutti dann richtig in die Hand und studiert sie von beiden Seiten. Geburtstagspost lesen gehört ja auch immer dazu! Und least hole ich noch das Din-A-4-Foto von Oma aus dem Schrank, damit Mutti auch noch einen Glückwunsch von ihrer Mutter bekommt. Mutti ist baff: „Wo hast Du das denn her?“ – „Du, Oma haben wir doch IMMER im Herzen. Die ist einfach immer mit dabei!“ Zwanzig nach neun machen Kl.Bruder und ich uns dann erstmal auf den Heimweg, wir kommen ja nachmittags noch wieder. Das dann noch mein Mann mitkommt, freut Mutti total! Und wie sie lächelt, als wir uns verabschieden – unbezahlbar!
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| | | Amelu Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 16 Jun 2018, 12:29 © Amelu | |
| Auch ich möchte nicht versäumen, Deiner Aggimutti alles Liebe und Gute zum Geburtstag wünschen und fürs Neue Lebensjahr, daß sie noch viele, viele Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre mit ihrer fürsoglichen Aggi hat, die ihr jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht und einen Sonnenstrahl ins Herz zaubert. DAS sind die schönsten Geschenke im Leben, gell? Und weil ich einen hübschen Feldblumenstrauß heute schon gerichtet und geschenkt habe, soll auch Aggimutti einen bekommen: Hoch lebe das Geburtstagskind! Eva |
| | | Aggi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich entscheide, nicht das Heim Sa 16 Jun 2018, 12:46 © Aggi | |
| Liebe Eva, - Amelu schrieb:
- Und weil ich einen hübschen Feldblumenstrauß heute schon gerichtet und geschenkt habe, soll auch Aggimutti einen bekommen:
Deinen Strauß nehme ich mit zur Aggimutti! Wunderschön! Du hast einen grünen Daumen ... Dankeschön und herzlichen Gruß, Deine Aggi
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