Hallo zusammen!
Ich stöbere schon seit einiger Zeit hier in diesen Forum und auch in anderen Foren für Angehörige von Demenzkranken. Mit meinem Problem scheine ich irgendwie allein zu sein ...
Zur Erläuterung: Meine Schwiegermutter ist 91 Jahre alt und dement. Körperlich ist sie relativ fit. Seit ca. 1 Jahr sind osteuropäische 24-Stunden-Hilfkräfte im Einsatz. Wir - mein Mann, die Schwiegermutter, die Hilfskraft und ich - leben in einem Zweifamilienhaus auf engem Raum. Wir begegnen uns ständig, nehmen das Abendessen zusammen ein und wochenends auch häufig das Mittagessen.
Mein Problem ist, dass ich immer aggressiver werde. Kein normales Eheleben möglich, keine Privatspähre, keine Ruhe ... Hinzu kommt, dass mir die Schwiegermutter schon immer unsympathisch war. Sie hat eine sehr herablassende, hochnäsige Art. Das ärgerte mich schon in der Vergangenheit, jetzt macht es mich zusätzlich richtig aggressiv. Vor ihrer Erkrankung konnte ich wenigstens kontern und sie in ihre Schranken verweisen, ihr Verhalten wurde dann tatsächlich manchmal erträglicher ... Jetzt bringt das alles nichts mehr, sie kann ihr Verhalten ja nicht mehr ändern. Auch die Hilfskräfte werden herablassend behandelt, manchmal so bös, dass sie weinen.
Also, was mach ich bloss? Manchmal würde ich sie gerne richtig zusammenfalten. Genau so böse sein, wie sie es selbst ist ... Manchmal würde ich sie sogar gerne prügeln ... Das kann doch nicht sein!
Was soll ich bloss machen? Steh ich mit meinen Aggressionen wirklich so alleine?
Betrübt, da ich so nicht sein will.
totalnormal
 
 

Liebe Totaaaalnormaaal,

dein Name ist Programm und sagt schon, wie es ist: sehr sehr normal, wenn man in Aggressionen irgendwann kurz vor'm Ertrinken ist, weil man nicht mehr weiß, wie man sich steuern soll. In den Tiefen dieses Forums schreiben einige darüber und ja, es fällt nicht leicht, es zuzugeben. So ziemlich jeder von uns kommt irgendwann mal im Rahmen seiner Pflege an diesen Punkt, mehr oder weniger - sogar wenn man den Betroffenen noch so sehr liebt und achtet und schätzt. Umso schlimmer, schwieriger, wenn das Verhältnis "davor" auch schon belastet war.

Ich gehe immer wieder mal aus dem Raum, wenn ich es gerade noch schaffe, kurz vor'm Explodieren. Manchmal schaffe ich es nicht mehr. Dann ist meine Wut über unsere gemeinsame Ausweglosigkeit durch die Situation so übergroß, dass ich nur noch heulen und schreien könnte. Die Enge, die Gerüche, denen man nicht ausweichen kann, die ständige Präsenz, selbst wenn man aus dem Haus ist, weil man ja wieder unweigerlich zurück muss... das zerrt an den Nerven. Kleine Fluchten helfen, abhauen mal für ein paar Stunden, andere verpflichten, engagieren, abgeben... das ist das einzige, was für den Moment hilft, rauszukommen. Auf lange Sicht überlegen, wie es weitergehen kann. Den Partner fragen, wie es ihm geht, ihm erzählen, was mit einem los ist. Und den "bösen" Gedanken ans Heim zulassen, abwägen, vertraut machen.

lich willkommen hier.

LG
ute

Hallo totalnormal,

ich kann jelly nur zustimmen, besser hätte ich es nicht schreiben können.
Es IST normal, so zu empfinden. Da gibts nur eins, sich selbst zu schützen indem man sich öfter mal der Situation entzieht. Kurz rausgehen, durchatmen.
Ich kenne die zerissenen Gefühle von meiner Schwiegermutter. Sie war lieb - sehr lieb - aber manchmal habe ich ein unbändiges Hassgefühl gehabt - nur weil sie da ist und mir mein Leben wegnimmt.
Ich hatte schlimme Gedanken und habe mich dafür gehasst.
Wenn ich damals das gewußt hätte, was ich heute weiß - wäre mir das nicht passiert.
Und du stehst nicht alleine mit deinen Agressionen - das sind normale menschliche Empfindungen, wenn man überfordert ist, aber sich nicht so richtig entziehen kann.
Rede mit deinem Mann, rede mit Fachleuten, rede mit uns - das hilft.
Ich wünsche dir, dass du deine Mitte wiederfindest.
Lg Birgit

Hallo,
schön, daß du den Weg zu diesem Forum gefunden hast. Vielleicht meldest du dich an, da hast du mehr Einblicke zu verschiedenen Themen.
Ich kann mir vorstellen, daß es für dich schon vor der Erkrankung deiner Schwiegermutter, schwierig war, mit ihr unter einem Dach zu leben. Wenn ihre Persönlichkeit vorher schon für die extrem war, wird es durch die Erkrankung nicht besser. Die Persönlichkeit kann sich zwar verändern, je nach Krankheitsverlauf, aber für Angehörige, die so eng zusammenleben, ist es oft sehr schwierig. Vielleicht habt ihr die Möglichkeit, für 1-2 mal die Woche, die Schwiegermutter in die Tagespflege zu geben. Dann habt ihr, aber auch die Pflegekraft, etwas Ruhe.
Sicherlich ist die eigene Gesundheit besonders wichtig, und wenn die ganze Familie unter dieser Situation leidet, solltet ihr vielleicht auch über eine stationäre Pflegeeinrichtung nachdenken

Liebe Grüße
Paula

Hallo totalnormal,
bin zur Zeit auch ziemlich verzweifelt weil ich nicht so recht weiß wie es weitergehen soll! Habe deinen Beitrag gelesen und mich irgendwie wieder gefunden.Seit 2008 lebt mein Vater(78) bei uns(wir bewohnen ein Einfamilienhaus).Er ist im Jahr 2007 an Demenz erkrankt.
Am Anfang war es eher eine leichte Demenz und er war noch recht umgänglich,aber es wird schlimmer und ich kann immer schlechter damit umgehen.Habe über 15 Jahre im Pflegebereich gearbeitet unter anderem auch in einer Demenz WG,hatte auch viele Schulungen was Demenz angeht.Kann all das was ich gelernt habe aber bezogen auf meinen Vater irgendwie nicht umsetzen und fühle mich oft ziemlich hilflos und überfordert.Hilfe von Pflegern habe ich 2x in der Woche wird er geduscht 1x Spazierengehen.In der letzten Zeit hat sich sein Problem mit der Inkontinenz verstärkt,er versucht es zu vertuschen indem er alles in den Schränken versteckt wird dann auch Agressiv wenn ich nachfrage.Hatte auch schon solche Gedanken ihn zu Schütteln oder zu schlagen und war dann völlig entsetzt wie mir so etwas in den Sinn kommen kann.Das geht doch gar nicht hab ich gedacht,habe große Angst das ich es vielleicht mal mache und nicht nur denke.Versuche wenn ich merke das es mich emotional angreift den Raum zu verlassen klappt aber leider nicht immer.Es ist auch schon passiert das ich Ihn angeschrien habe weil ich mich einfach nicht mehr beherschen konnte.Wenn ich mir all das durch den Kopf gehen lasse fühle ich mich sehr schlecht dabei und habe auch ein schlechtes Gewissen.Ich möchte meinen Vater aber auch nicht in ein Heim geben,dann würde es meinem Gewissen noch schlechter gehen.!?  

Hallo Tessy,

herzlich willkommen im Forum.

Du solltest dir Rat und Unterstützung suchen. Evtl. kannst du über eine Tagespflege nachdenken.
Es ist bestimmt nicht immer einfach, aber du scheinst in deiner Situation überfordert zu sein. Wenn du in der Pflege gearbeitet hast, weißt du ja, welche Beratungsstellen es gibt.

Liebe Grüße
Paula

Hallo Paula,
erstmal Danke für deinen Kommentar,das ich bedingt überfordert bin habe durchaus erkannt.Du siehst es richtig das mir die Anlaufstellen bekannt sind aber so einfach wie es bei den Beratungsstellen oft dargestellt wird ist es nun mal leider nicht.(beim eigenen Angehörigen  schon gar nicht).Mit der Tagespflege habe ich es schon versucht aber das bringt meinen Vater vollig aus dem Takt.Hatte drei feste Tage in der Woche wo er immer abgeholt wurde hatte zur folge das er jede Nacht um 2 Uhr aufgestanden ist weil er Angst hatte nicht pünklich fertig zu sein.Das ging ein halbes Jahr so dann war er völlig fertig weil Ihm der Schlaf einfach gefehlt hat und er macht auch nie Mittagsschlaf dafür ist er am Tage viel zu unruhig.Auf anraten des Hausarztes haben wir das dann wieder eigestellt.Es kommt auch noch hinzu das mein Vater leider nie ein sehr zugänglicher Mensch war ,was sich jetzt im alter leider noch verstärkt.
 
Gruß Tessy

Hallo Tessy,

schade, dass es mit der Tagespflege nicht geklappt hat. Hast du vielleicht einmal über eine Demenz-WG oder Hausgemeinschaft nachgedacht? Bei uns gibt es mittlerweile einige WG`s, und es werden immer mehr. Dort sind kleine Gruppen von max. 18 Personen. Du kannst deinen Vater entspannt besuchen, und stehst nicht mehr so unter Druck.
Sicherlich hat man ein schlechtes Gewissen, wenn man jemand in andere Hände gibt, aber wenn es dich so überfordert. Der Gesundheitszustand deines Vaters wird sich in Zukunft ja nicht bessern, es kommt eher was dazu.

Es ist gut, wenn man über seine Gefühle spricht, dass man den Zustand nicht mehr so leicht ertragen kann, aber du mußt für dich entscheiden, ob du die Pflege weiterhin machen kannst, und willst.

Liebe Grüße
Paula

Hallo Paula,

es tut mir auf jeden fall schon mal gut mit anderen darüber zu kommunizieren.Grundsätzlich möchte ich meinen Vater bei mir behalten ich muss nur einen Weg finden um mit der Situation besser zurecht zu kommen.
Es ist ja nicht so das ich ständig mit Ihm überfordert bin,es gibt Tage da stecke ich sein Verhalten ganz locker weg.Habe einen sehr lieben Mann an meiner seite der mir auch sehr viel Kraft gibt,er sagt immer ich müßte Ignoranter werden und das ganze emotional nicht so an mich ran lassen.Das ist auch noch so ein seltsames Verhalten von meinem Vater sowie mein Mann am Abend das Haus betritt ist er wie ausgewechselt(netter älterer Herr),ist er am Tage mit mir alleine ist mürrich und launisch beschimpft mich dann auch manchmal(weil Pups quer sitzt)wenn mein Mann da ist ist er auch zu mir ganz lieb.Bedingt muss ich manchmal darüber lachen anderseits hab ich dann auch oft nen dicken Hals.Bei meiner Tochter(22) ist er auch immer der liebe Opi aber die kommt auch immer erst am Abend.Wenn Besuch da ist ist er immer nett.Manchmal denke ich er hat eine bedarfsorientierte Demenz .In einer Demenz WG könnte mein Vater sich nicht anpassen,andere ältere Menschen die krank sind kann er gar nicht akzeptieren die behandelt er dann abwertend weil sie in seinen Augen nicht ganz dicht sind.Das er selbst da ein Problem hat sieht er nicht das hat ja unser Quacksalber(Hausarzt) nur erfunden.Er hatte es früher sicher auch nicht ganz leicht,meine Mutter ist sehr zeitig verstorben er blieb mit 3 Kindern zurück.(meine Brüder 4/12 Jahre ich war damals 9).Er war auch früher oft murrisch und unzufrieden aber hat er gut für uns gesorgt und wäre gar nicht auf die Idee gekommen uns in ein Heim zu geben.Das ist natürlich auch einer der Gründe weshalb es für mich nicht denkbar ist Ihn einfach in ein Heim zu geben.

Habe versucht mich hier anzumelden hat leider nicht geklappt,muss mann immer wieder versuchen oder wie geht das?

lG Tessy

Hallo Tessy,
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Ich kann dich gut verstehen, dass du deinen Vater zu Hause behalten möchtest. Viele Erkrankte verhalten sich wie Kinder. Zu Hause hat man Stress, und ist man zu Besuch, benehmen sie sich. Dein Vater hatte es sicherlich nicht einfach. Alleine Kinder groß ziehen. Kannst du dich an den Alltag erinnern, als deine Mutter noch lebte? Gab es da zwischen den beiden evtl. auch Unstimmigkeiten? könnte ja sein, dass er jetzt in der Demenz daran erinnert wird, da du offensichtlich die meiste Zeit am Tag mit ihm verbringst.

Liebe Grüße
Paula

Liebe Tessy,
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LG Biggi