Es ist ein herrlicher, schon sehr warmer Frühlingstag. Die Sonne scheint, nur ein par Wolken am Himmel. Ich gehe mit Frau H. für eine Stunde in den kleinen Park - gegenüber dem Heim. Das heißt, eigentlich gehe ich nicht mit Ihr .... sondern fahre Sie im Rollstuhl. Aber wir beide sagen immer: Dann lass uns mal gehen. Ihr gefällt das .... Nun jedenfalls ... Wir befinden uns an Ihrem Lieblingsplatz: Sie im Stuhl - ich auf einer Parkpank. Die Vögel (in der Balzphase) zwitschern heute wieder laut und vernehmlich in den Bäumen. Ich: Frau H. ... das ist ja wieder eine vögelei in den Bäumen dort oben! Fr. H: blickt versonnen nach oben ... und sagt nach einer Weile ... seelig und versonnen ... Ja ja Kinder, das waren noch Zeiten .....
Frau H. ist 88 Jahre alt - Demenz im zweiten Stadium - und nimmt Ihr zunehmendes Vergessen sehr gelassen hin. "Was soll's, das ist nun mal so wenn man Alt wird ..."
mlG Micha pS: Vielleicht interessieren solche kleinen Geschichten Euch ja hier?
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
Mich interessiert es sehr und mit Sicherheit auch andere hier Denn ein guter Tag, besteht aus erfreulichen Augenblicken Viel zu schnell wird das übersehen, da viele Sorgen diese zu ersticken drohen. Ich persönlich sehe es in der Pflege als sehr wichtig an, Sorgen möglichst dort zu lassen wo sie hingehören, um nicht den Blick für die Qulität des Augenblickes zu verlieren. Denn es sind die schönen Momente, die Kraft, Motivation und die richtige Perspektive an "Wichtigkeit" zu schenken vermögen. Die alltägliche Pflege unseres lieben Eriks hat mir nachhaltig einen anderen (neuen) Blick für den Wert des Lebens geschenkt. Nicht selten öffnen uns, unsere lieben Dementen die Augen dort, wo wir sonst all zu oft mit Blindheit beschlagen wären.
Bin sehr gespannt was du weiter aus deinem Alltag berichten wirst - und ein liebes Danke dafür, das du uns hier daran teilnehmen lässt
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden."
Ich bin seit einigen Tagen in einer Demenzgruppe, deren Bewohner ich noch nicht so richtig kenne.
Nach dem gemeinschaftlichen Mittagessen(etwa eine Stunde später) fragte ich Frau B. was es denn eigentlich heute zum Mittag gegeben hätte.
Frau B. scheint eine ruhige, zurückgezogene Person zu sein. Sie hat eine sehr sympathische Ausstrahlung.
Frau B. nimmt Blickkontakt mit mir auf ... überlegt etwas und sagt: Sauerbraten mit Grießklöschen. Hmm. dachte ich erst ... der typische Fall von Vergessen. Ich fragte nach: Das ist aber ein eigenartiges Gericht? Kenn ich gar nicht so ... Wieder Augenkontakt von ihr ... und dann ein herzhaftes lachen von Frau B. ... "Nein, da hab ich doch wirklich was verwechselt." ... wieder ein sympathisches Lachen ... "Ich meinte doch: Sauerkirschen mit Grießbrei!"
Wir lachten beide noch einmal darüber ... und das Schöne daran war, das zwei weitere Gruppenmitglieder zu gehört hatten ... und mit uns lachten.
lg Micha
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
Einen lieben Gruß an alle, die hier etwas mitlesen
Nach einem anstrengendem Arbeitstag heute ... Ich rede, unterhalte und tausche mich mit meiner Frau über den heutigen Tag aus ... Sie ist müde (da Frühaufsteher) - ich mehr der Langschläfer Typ ... aber liebt die Abendstunden -> ... und habe jetzt etwas Zeit für mich alleine
... und dann höre ich gerne entspannende und wohltuende Musik - Musik für die Seele ...
Hier ein Beispiel:
Eine autentische Aufnahme einer Sängerin ... Ich nehme Ihr die Aussagen und vor allen Dingen Ihren "Gesang" voll ab! ... einfach schön ...
Ab und an finde ich mal ein wirkliches "Kleinod" in musikalischer Hinsicht für mich. ... und ... ich wäre über "Beispiele" eurer 'Entspannungs-' bzw. schönen Musik sehr dankbar.
Eine gute Nacht an Alle hier, die heute noch lesen oder schreiben(reden),
mlG Micha
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
... es ist Abends ... kurz vor dem "Schlafen" gehen ... Frau P. - stolze 89 Jahre alt - Demenz im Stadium 1 (mangelhaft unglückliche Orientierung) - schlanke drahtige Figur - aufrechte selbstbewußte Haltung (am Rollator) ... kurze Haare und energisches Kinn.
Frau P. sucht und trifft auf den zuständigen Pfleger:
Fr. P: "... Ich will jetzt zu meinen Eltern, es ist schon spät ... die machen sich bestimmt schon Sorgen wo ich bleibe! " Pfleger (leicht gereizt): "Sagen Sie mir doch mal wie alt sie sind. ... aha ... und wie alt wären dann ihre Eltern jetzt?" Fr. P: "Nun junger Mann, so etwas über 100." Pfleger: "So so, meinen sie nicht, das sie dann schon auf dem Friedhof wären?!" "Da können sie doch jetzt nicht mehr hin!"
Mir blieb mal selber kurz die Luft weg ob dieser Antwort.
Frau P. nahm's gelassen. Sie sah den Pfleger kurz an und sagte: "Wissen sie junger Mann; Was sie mir hier erzählen ist mir schnurz egal ... versteh ich auch gar nicht! ... aber ... ich will jetzt endlich zu meinen Eltern!!"
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
Frag doch mal einen Pfleger, der schon langjährig arbeitet, nach dem Begriff 'Validation'! ...
Die beste Reaktion wäre noch: "Hör mir bloß auf mit diesem Blödsinn! Die Bewohner müssen "begreifen" was Sache ist!" oder - grad heute gehört: "Man muss den Dementen immer wieder sagen, das sie jetzt hier zu Hause sind ... und ihr altes Zuhause nicht mehr existiert!" Aber diese Pflegekräfte sind keineswegs herzlose Naturen ... sie verstehen nur nicht die Welt der Dementen ... die so ihre eigenen Gesetze hat.
Micha
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
Herzliche Grüße an alle Leser hier, und besonders an Astrid und Traumsuse (betreffs der letzten Reaktion auf mein 'Fallbeispiel'.
doch zum obigen Thema: ... (durch) wecken der 'Mutterinstinke ...
Frau V. ist eine Frau von 'herber' Erscheinung ... Sie mag 'einfache' Kleidung (Dorf - Arbeit in der Landwirtschaft) ... ist vollständig auf den Rollstuhl angewiesen ... 85 Jahre alt (jung) ... spricht sehr leise - und mag auch keine lauten Antworten ("nun schrei doch nicht so, ich hab doch nichts schlimmes gemacht ...." ) ... ... über Biographiearbeit heraus gefunden.... Eltern waren Alkoholabhängig - streng - Schläge - grad die Mutter: "Immer wenn Mutter besoffen war, dann lief sie weg ....
Situation heute: Es ist Montag morgen ... WE ohne Betreung im Heim ... eine lange Zeit für die Bewohner ohne Reize von außen ... Frau V. wird lethargisch in den Raum der neuen Demenzgruppe (seit 3 Wochen) gebracht. ....im Verlauf von 2 Tagen viel Arbeit und intensiver Betreuung von mir (als Praktikant) ... normal ist eine Betreuungsfachkraft für 4 Senioren (Stadium 1) und zwei hochgradig Demente. ... habe ich es geschafft ein gewisses Vertrauensverhältnis zu Ihr aufzubauen. Dies gelang mir aber auch nur dank der Kenntnisse aus Ihrer Biographie! Nach Aussage der Tochter: Angespanntes Verhältnis zur Mutter - da häusliche Gewalt an der Tagesordnung war! .... und Sie dies jetzt bereut ... "Ich bin doch kein schlechter Mensch?" ... "Alle sagen das" ... "Schuld war doch der Alte" ...
Jeder 'mitfühlende' Mensch kann sich da so einiges zusammen reimen?! nun jeden falls ... was ich eigentlich erzählen wollte ....
Ich sitze in der Tagesgruppe die meiste Zeit neben Frau V. - stehe ich auf, dann kommt sofort die Frage: Wo willstn hin? Ich: Ich mach jetzt mal kurz eine Pause. Komme aber gleich wieder. Sie: (nickt mit dem Kopf kurz - Blickkontakt zu mir): Was willstn machen? Ich: (Fr. V. hat früher geraucht) Ich geh mal kurz eine rauchen. Sie: Und? ... was haste denn davon - eine gute Frage fand ich ... oder nicht?! kurze Zeit später musste ich mal stark husten... promte Reaktion von Frau V. ... "Siehste, das haste nun davon" und lacht leicht .....
Einer heute noch - denn Frau V. hat (bei richtiger Beobachtung) noch so einiges zu "berichten" ... was Ihr im Moment gar nicht so bewusst ist ... aber Uns (Betreuungskräften) sollte es wohl sein!
Mittagessen in der Gruppe: Wir Betreuungskräfte stellen uns dann schon mal einen leeren Teller hin ... und tun so als ob ... (denn essen dürfen wir "natürlich" nicht mit den Bewohnern ... es sei denn wir bezahlen dafür ... ist ein eigenes Thema wert ...) Frau V. : blickt auf meinen Teller - nimmt Blickkontakt mit mir auf - und sagt: "So geht das aber nicht! ...." Ich: "Was meinen Sie denn Frau V.?" Frau V.:"Nun stell dich mal nicht so an! ... Du musst doch was essen!!" Sie nimmt Ihren Löffel und "schaufelt" ihr 'eigenes' Essen zu mir auf den Teller. Und jetzt kommt die Crux - essen oder nicht .... Meine Lösung: Ich bedanke mich bei Ihr ... blicke in eine entfernte Ecke des Raumes ... "Ach je, was ist denn da passiert?!" ... nehme (in Gedanken) meinen Teller und gehe dort hin ...
Es ist schon wieder spät ... und der Tag war lang, aber meine Arbeit (lasst die sogenannte Pflege nur lächeln und lästern) gibt mir Etwas und füllt mich aus!!!! Wenn's interessiert, dann morgen mehr.
lG von einem müden Micha, ach ja ?! ... da war doch noch was ? ...
jetzt hab ich's .... Allen hier ein entspanntes und frohes Wochenende!
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
Ich muss immer lächeln,bei deinen Geschichten, du hast ein feines Gespür für Menschen, das ist schön.
Das mit den Essen versteh ich nicht, das gehört doch zum "sozialen Leben". Bei Mama in der HG gibt es ja keine Demenzbetreuer per se, aber da darf jeder essen. Wenn es Kaffe und Kuchen gibt dann essen auch die Pfleger Kaffee und Kuchen (mit eingeben zwischendurch, aber das ist ja egal). Dadurch ensteht meiner Meinung nach so ein richtiges Wir-Gefühl. (wir Angehörigen kriegen natürlich auch was ab ). Das Gleiche istbeim Mittag und Abendessen. das Essen ist für alle, die da sind. Oft kommt auch die Betreuerin, die die Singgruppe hat zum Mittagessen in unsere HG. Das gibt so ein Gefühl von " normalem Alltag". Die Hausgemeinschaft ist die Hausgemeinschaft und da gehören alle dazu und wenn Besuch von einer anderen HG kommt, dann wird der bewirtet als wenn zuhause Besuch kommt.
Alles Liebe
Astrid
Anteilnehmende Freundschaft macht das Glück strahlender und erleichtert das Unglück - Marcus Tullius Cicero
Danke für deine "Einschätzung" meiner Person ... und wenn ich dich, mit meinen kleinen Geschichten, etwas zum lächeln gebracht habe ... so habe ich mein 'Ziel' erreicht - egal ob 'normal' oder ' der Geist verschwindet so langsam' : ein Lächeln im Gesicht oder nur im Geiste zeugt von einer positiven (kurzzeitigigen) Lebenseinstellung.
Zu deiner Frage betreffs des gemeinsamen Essens: Alles was du dazu geschrieben hast ... bin ich voll auf deiner Seite ... aber .... bei mir (in Deutschand) sieht die Realität etwas anders aus. Alles was das Personal "verzehrt", das muss auch bezahlt werden - und besser noch, vorher angemeldet werden! Ist wirklich so!! Sprich ... das Konzept der Betreuung (in der Pflege) ist (zumindest an meinem derzeitigen Arbeitsplatz) noch lange nicht angekommen.
Ich wünsche Dir, Astrid, und natürlich auch allen Anderen hier, ein schönes und entspanntes Wochenende. lG Micha
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
zum Thema Essen melde ich mich auch mal zu Wort. Bei uns im Pflegeheim ist es so, dass die Betreuung mit den Bewohnern, die Hilfe brauchen zusammen essen, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe nur das Problem, dass alle Gerichte irgendwie mit toten Tieren zubereitet sind, deshalb esse ich selbst nicht mit.
Aber heute hatte ich auch eine schöne Geschichte. Ich habe in der Betreuung eine Dame aus Mazedonien, die kein Wort Deutsch spricht (Demenzstufe 2). Der Pfleger hat versucht ihr das Mittagessen anzureichen, sie weigerte sich aber, den Mund zu öffnen. Ich sagte dann, dass ich versuche ihr das Essen zu reichen. Der Pfleger sagte dann schnippisch "Meinst du, du kannst das besser?"
Na ja, langer Rede kurzer Sinn. Ich gab ihr dann meine Hand, die sie immer gerne festhält. Und dann ....... hat sie die ganze Portion, einschließlich Nachtisch ..... aufgegessen.
Ich hab mich ganz dolle gefreut.
Engel können fliegen, weil sie sich selbst nicht so schwer nehmen.
Was die Geschichten über das Pflegepersonal gegenüber den dementen Bewohnern betrifft ... so geb ich dir vollkommen Recht ... es ist wirklich besch... was da so abgeht!!!
Das du aber die geschilderte 'Lösung' der Situation (Körperkontakt über Hand - Vertrauen hergestellt - Essen eingenommen ) realisiert hast , das macht dich mir sehr sympathisch ....weil auch ich mich darüber freuen würde!
lG Micha
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
Meine Mama isst auch nicht bei allen gleich gut. Ich denke, da kommt es sehr drauf an welchen persönlichen Draht sie zu einem Pfleger hat. Ich glaube es gehört viel Vertrauen für einen Dementen dazu sich von jemandem Essen eingeben zu lassen. Mama hat als ihr noch alles fremd war kaum etwas gegessen, am Abend hab ich es dann geschafft ihr etwas Suppe zu geben. Es hat halt gedauert, bis sie die Menschen kannte und ihnen vertrauen konnte. Jetzt isst und trinkt sie, aber wie gesagt, es geht nicht bei allen Pflegern gleich gut.
Alles Liebe
Astrid
Anteilnehmende Freundschaft macht das Glück strahlender und erleichtert das Unglück - Marcus Tullius Cicero
Hier eine kleine Episode aus dem Leben von Frau K. (in der Tagesgruppe für Demente) ...
Nach Mittagessen, selbige Ruhe und Kaffe trinken bastelten wir. Und zwar "verschönten" wir einen Styropor Kranz mit selber zurecht geschnittenen kleinen und farbigen Übergardinenresten. Mit Hilfe eines Holzspießers (Schaschlik) piekten alle gemeinsam Jeder in seinen Kranz. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelang dies auch ganz gut - und ... sehr wichtig - ein Jeder war bei der Sache ... Konzentration mit halb heraus hängender Zunge ..... Soweit und auch gut .... Jeder war letztendlich mit seinem "Ergebniss" zufrieden bzw. fand es gut bis schön.
Mittlerweile ist einige Zeit vergangen ... das gemeinschaftliche Abendbrot vorbei ... die Verabschiedung naht ....
Jeder Bewohner bekommt seinen selbst gebastelten Kranz überreicht - mit einem entsprechenden Lob der Betreuerin .... So auch Frau K. ... Fr. K: Der ist aber schön ... darf ich den behalten? B. : Den haben Sie sich selber verdient, weil selber gemacht. Fr. K: Was - großes Erstaunen in ihren Augen - das habe ich selber gemacht?? B. : Aber sicher doch! ... Fragen Sie doch den Micha ... der hat ja heute auch gebastelt mit uns.
Frau K. schaut mich halb zweifelnd an ... ich nicke demonstrativ mit dem Kopf ...
Fr. K: Oh, (sie lächelt wortwörtlich) ... So etwas schönes hab Ich gemacht ...
liebe Grüße an alle hier, Micha
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
... ... wie soll denn so was gehen ... so denken viele Menschen, die unsere Mitmenschen im Stadium des "Verschwindens" beobachten und darauf hin auch einschätzen. Aber ... dem ist oft bei weitem nicht so
Zur Erklärung kurz: Ich arbeite (als Praktikant) momentan seit zwei Wochen in einer neu 'gegründeten' Demenzgruppe - nahmens gute Stube mit. Die Idee ist gut - wird aber über drei angestellte Betreuungskräfte (im Wechsel jede Woche) realisiert. Und da liegt die Crux! Denn zwischen den Arbeitskräften besteht keinerlei bzw. wenig 'Abstimmung' ... Jeder arbeitet nach seiner 'Fasson' ... . Das Resultat ist zwangsläufig eine gewisse Verunsicherung bei den Bewohnern der guten Stube. So heute von mir erlebt: Letzte Woche hatte Frau B. nach dem Mittagessen immer Ihren Sessel zur Ruhe nach dem Essen. Dies war aber bei der heutigen "Gastgeberin" nicht mehr so in Erinnerung ... und der gewohnte Sessel von Frau B. war schon besetzt! "Eigentlich ist es doch egal wo Sie jetzt sitzen - Oder nicht?!" sagte die Kollegin zu ihr. Ich dachte momentan - Micha, hier bist du doch wohl im falschen Film?! Kurze Zeit später war meine Kollegin für einige Zeit auserhalb des Raumes ... und Frau B. sprach mich leise an: Frau B.: Wissen sie, Herr Michael ... eigentlich kann ich hier gar nicht so richtig planen. Ich: Wie meinen Sie denn das, Frau B.? Frau B.: Ich wollte heute nicht eine Mittagsruhe machen, sondern lieber meinen "Kranz" von letzter Woche fertig machen. - Aber mich fragt ja keiner! Ich: Welchen "Kranz" meinen Sie denn? Sie: Na, den wir letzte Woche angefangen haben ... und diese Woche kommt doch meine Tochter ... da soll er doch fertig sein. Ich: Frau B. die Woche hat grad erst angefangten, das schaffen wir schon noch. Frau B.:Aber ... den Kranz haben wir doch bei Elke angefangen ... und Die ist doch erst in zwei Wochen wieder hier bei uns?!
Fakt ist: Jeder der drei Betreuer hat seine eigenen Materialien und Arbeitsweise - und zwei von ihnen hüten Diese wie ihr geheimes Eigentum - vermeintlicher Konkurenzkampf .... Ich: Frau B. das bekommen wir schon in die Reihe ... ich sehe ja die Elke heut noch mal ... und dann besprech ich dies mit ihr.
Frau B. wirkte darauf hin ruhiger und "absolvierte" die Mittagsruhe ... auch am falschen Platz ... relativ entspannt.
Als ich Frau B. später noch mal fragte: Wie fühlten Sie sich eigentlich, als Sie heute einen anderen Platz zur Mittagsruhe hatten? - "Na ja, gefallen hat es mir nicht ... aber ich will ja auch nicht meckern ... " Ich: Wieso denn, Sie können doch Ihre Meinung hier offen sagen; Sie sind doch hier zu Hause! ... Frau B.: Nun ja ... irgendwie bin ich ja auch dankbar, das ich ich überhaupt Hier sein darf ....
Ich lass dies mal hier - halbwegs ohne Wertung stehen ... ... wenn ich wollte, wie ich könnte
Micha
pS: ein schöner Spruch - heute gehört:
Das Ganze ist oft mehr als die Summer der Einzelteile.
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
In unserer Gemeinschaft der "guten Stube" ist der Zeitpunkt des Verabschiedens gekommen.
Ich: Frau K. ich bedanke mich für den schönen Tag mit Ihnen. Von Ihr kommt eine herzliche Replik. Ich: Frau K. ich bring Sie dann jetzt nach Hause. Sie: Schaut mich 'groß' (aus ihren auffallend blauen Augen) an. "Welches Zuhause meinen Sie denn?" Ich: "Da bin ich jetzt ja etwas perplex .... " Sie: "Wieso denn ... gehe ich jetzt in mein 'zu Hause' hier - oder in mein zu Hause in Kloster Zinna?! (Dort hat Sie zuvor gewohnt ... und wollte noch vor einem guten halben Jahr ständig in Ihr altes Zuhause)
Ich also: "Ich würde vorschlagen, gehen wir mal in ihr 'zu Hause' hier! Sie: Ja, das passt gut .... ist ja auch schon dunkel draußen ....
mlG Micha
"Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, wenn man zu Rande kommen will." (André Brie, "Die Wahrheit lügt in der Mitte"
Mit viel Interesse lese ich immer wieder deine Erlebnisgeschichten aus der täglichen Praxis Sie zeigen nicht nur die oftmals unterschiedliche Wahrnehmung zwischen Bewohnern und Personal, sondern auch wie sehr du Details wahrnimmst, einfängst und versuchst soweit nur möglich diese auch umzusetzen
Vielen Bewohnern schenkst du schöne Augenblicke - und jeder Augenblick davon ist Unbezahlbar. Dein Einfühlungsvermögen beeindruckt mich nicht nur sehr, sondern gibt auch viel Freude und Zuversicht
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden."
Michas kleine Geschichten aus der täglichen Praxis