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 Verhalten zu Sprachproblemen

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BeitragThema: Verhalten zu Sprachproblemen
Verhalten zu Sprachproblemen EmptyDi 18 März 2008, 09:56    © Admin
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LillNalle Erstellt: 26.02.08, 17:26

Hallo ihr Lieben

Ich möchte wieder mal ein paar Gedanken und persönliche Erfahrungen schreiben.

Da wir mit Erik (bis zu seinem Heimeinzug) die Hälfte des Jahres in Schweden lebten und die andere Hälfte in der Schweiz (Erik sprach nur schwedisch), konnten wir in Bezug auf andere Menschen, sprachliche Hindernisse und den Umgang damit schon wesentlich früher kennenlernen. Aus diesem Grund durften wir schon im Vorfeld vieles beobachten was sonst bei Demenz sich erst erahnen lässt wenn das eigene Sprachvermögen sehr stark schwindet und Gründe über das wieso und warum vom Betreffenden kaum noch vormuliert werden können....

Je weiter die Krankheit bei Erik vorangeschritten war, je mehr wurde es für ihn einfacher Freunde in der Schweiz zu besuchen als in Schweden. Schon desshalb weil es einfacher war seine Defizite auf die Sprachbarriere zu schieben als auf die Demenz. Schliesslich kommt es dann aber auch Schrittweise soweit das Körper-, Augenkontakt und Mimik zu der Sprache wird mit der noch am besten umgegangen werden kann. In der Schweiz war dies (ausser mit uns) ohnehin die einzige Verständigung. Für unsere Schweizerfreunde war es gerade aber auch desswegen einfacher mit ihm umzugehen. Niemand musste sich fragen: "Was sollen wir mit ihm nur sprechen", sondern einfache Gestik, sowie ein freundliches Lächeln reichten meist aus damit sich Erik wohlfühlen konnte.

In Schweden wollten ihn Freunde und Verwandte logischerweise direkt ansprechen, was aber durch Erik`s Defizite immer schwerer wurde und so zu verschiedensten beklemmenden Situationen führte. Bei den einen ist dadurch ein ungezwungener Umgang unmöglich geworden, andere wiederum sind ihm eher ausgewichen. Bei Erik haben diese Besuche oft das Gefühl gegeben das er den Erwartungen nicht genügt, er dumm sei, oder zumindest er nicht so wie er ist akzeptiert wird. Je mehr er jemand liebte und je näher sie ihm standen umso schmerzlicher wurde dies von ihm wahrgenommen. Verständlicherweise wollte er, obwohl anfänglicher sehr grossen Freude jemanden zu besuchen, dann aber nach einer Viertelstunde doch nur wieder nach Hause fahren. Während er Besuche in der Schweiz immer noch zwischen 1-3 Stunden problemlos mehr oder weniger geniessen konnte.

Mir wurde in der Zeit besonders bewusst wie wir "Gesunden" uns viel zu sehr mit der verbalen Verständigung beschäftigen. Und ausgerechnet dann beschäftigt es uns am stärksten, wenn die Dementen selbst kaum noch Worte finden können (kennen?), sie sich kaum noch verbal auszudrücken vermögen - geschweige noch einem Gespräch gross zu folgen. Ausgerechnet dann wo für Demente Gespräche immer weniger wichtig werden, aber gleichzeitig die Sensibilität für Mimik, Gestik und Körpersprache steigt sind wir wie blinde auf das Verbale ausgerichtet. Erik hatte aber gerade zu der Zeit immer verstärkter non-verbales wahrgenommen, wo ich ohne seine Reaktionen oft gar nicht erst bemerkt hätte. Ich staune auch heute noch wie er damals vieles seiner einstigen sprachlichen Schlagfertigkeit, in Gestik und Körpersprache umwandeln konnte. Das gesprochene war für ihn schnell vergessen (falls er es überhaupt verstanden hatte), aber mit Freude hatte er mir manchmal noch Tage später demonstriert wie jemand gelaufen ist, wie jemand da stand, oder das Gesicht wo jemand wärend dem Erzählen machte u.s.w. Somit hat er mir einen Weg gezeigt wo wir uns bis kurz vor seinen Tod am ehesten noch verständigen konnten. Sicher hat mich trotzdem jeder Verlust seiner geistigen Fähigkeiten zu tiefst geschmerzt, aber dieser unsägliche Schmerz durfte dadurch wenigstens ein bisschen gemildert werden.

Ich wollte dies schreiben in der Hoffnung etwas Mut zu geben, im vermehrten wagen Körpersprache anzuwenden.

Liebe Grüsse

Ursula
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BeitragThema: Re: Verhalten zu Sprachproblemen
Verhalten zu Sprachproblemen EmptyDi 18 März 2008, 09:59    © Admin
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Konny Erstellt: 01.03.08, 18:35

Hallo Ursula,

als ich deine Überschrift sah, dachte ich - hah noch jemand der damit Erfahrungen gemacht hat.

Allerdings meinte ich etwas völlig anderes. Das Problem ist oder besser gesagt war, die Zweisprachigkeit. Als gute Ostbelgierin war meine Schwiegermutter perfekt deutsch- und französisch sprachig. Ich als "Zugezogene" bin des französischen nicht ganz so mächtig. In ihren letzten Tagen im Krankenhaus hat sie mich angesehen und ganz tief drinnen in ihr wußte sie, das irgendwas war mit mir und französisch - aber was wußte sie natürlich nicht mehr. Also hat sie die ganze Zeit französisch mit mir gesprochen und nur mit mir. Es hat mich unheimlich erstaunt, wie diese beiden Sprachen bis zum Schluss in ihrem Kopf present waren, wo doch alles andere verloren ging.

Entschuldige Ursula aber das mußte ich jetzt gerade mal loswerden. Deinen Beitrag lese ich später in Ruhe nochmal.

Viele Grüße

Konny
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BeitragThema: Re: Verhalten zu Sprachproblemen
Verhalten zu Sprachproblemen EmptyDi 18 März 2008, 10:01    © Admin
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LillNalle Erstellt: 05.03.08, 09:52

Liebe Konny

Die 2-sprachigkeit deiner Schwiegermutter, wo bis zum Schluss present war finde auch ich erstaunlich. Das zeigt mir wiedermal das "Vergessen" nicht gleich "Vergessen" ist. An solchen Beispielen kann man erkennen wie gross die Unterschiede doch sind, je nachdem welche Hirnbereiche mehr betroffen sind. Bei Erik war seine einzige, seine Muttersprache recht schnell betroffen. Dafür wiederum hat er z.B. nie nach seinen Eltern gefragt - was ja sonst häufig der Fall ist. Selbst mit aller Vergesslichkeit, hat er trotzdem noch am meisten im "Jetzt" gelebt. Vermutlich war das bei ihm ein Hauptgrund warum er immer mehr Mühe bekam im Umgang mit seinen Verwandten und Freunden. Möchten doch die meisten so gerne an "Früher gemeinsam Erlebtes" anknüpfen. Für ihn wurde dies jedoch immer mehr Stress pur. Dazu kam dann auch noch das schon erwähnte Sprachproblem. In der Schweiz gab es einerseits die bequeme Sprachbarriere und andererseits war seine Lebensgeschichte hier noch nicht alt - sprich weniger Fragen die an gemeinsame Erinnerungen anknüpften.

Gleichzeitig so wie bei ihm die Sprache schwand, hatte sich wiederum seine Mimik und Gestik verstärkt. Dies hatte mich wiederum oft erstaunt, weil das eine starke Beobachtungsgabe voraussetzt. Aber vielleicht lag dies auch in seiner Angst begründet, mich irgendwann nicht mehr erreichen zu können. Also musste er für sich einen Weg finden um auch diese Defizite zu kompensieren.

Was mich bei deiner Erzählung auch noch beindruckt ist die Tatsache, das deine Schwiegermutter nur noch mit dir französisch gesprochen hatte. Vielleicht beinhaltet dies einfach einen speziellen Draht den sie zu dir hatte. Es war ihr wichtig mit dir die "richtige" Sprache zu sprechen - auch wenn es in deinem Fall die falsche war. Aber es ist ja schlussentlich der Wille der zählt und ihre beste Absicht das Richtige zu tun.

Hab lieben Dank für deinen Bericht. Es zeigt auch wieder auf, wie jeder Demente doch seine eigene Persönlichkeit bleibt und als solches betrachtet werden soll/will. Egal wie weit die Demenz schon fortgeschritten ist. Darum bleibt auch jeglicher Erfahrungsaustausch für uns sehr wichtig - damit wir in unserer Betrachtungsweise flexibel bleiben.

Sei ganz lieb Gegrüsst

Ursula
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BeitragThema: Re: Verhalten zu Sprachproblemen
Verhalten zu Sprachproblemen EmptySa 27 Sep 2008, 18:50    © Admin
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palousunny Erstellt: 01.05.08, 08:08

liebe Ursula

gut dass du das angesprochen hast weil es einem zeigt wie man ausser der Berklemmheit vor dem nach und nach Sprachverlustes unseres vis-à-vis raus kommt und ein anderer Weg gehen kann.

Es ist schwierig und wenn man nicht jeden Tag mit dem Menschen zusammen ist noch schwieriger zu verstehen was diesen Menschen sagen möchte speziell wenn er etwas will oder sucht oder unbedingt mitteilen will....ich merke es immer wieder bei Valentin. Manchmal frägt man so dumm und es macht es noch schwieriger. Humor hilft da dann ab und zu....

liebä gruäss
Janine
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