|
| Meine Mutter im Pflegeheim | |
| Autor | Nachricht |
---|
Maria-Lucia Neu im Forum
Anzahl der Beiträge : 2
Anmeldedatum : 22.08.10
| Thema: Meine Mutter im Pflegeheim So 22 Aug 2010, 19:37 © Maria-Lucia | |
| Meine Mutter und ich: Wir hatten schon früher kein so gutes Verhältnis – das macht es jetzt nicht leichter. Sie selbst zu pflegen, kam für mich nie in Frage: dazu bin ich weder der Typ, noch hätte ich je meine berufliche Selbständigkeit aufgeben wollen.
Ich bin das Jüngste von drei Kindern. Mein Bruder lebt im Ausland, vor gerade 2 Jahren ist überraschend meine Schwester gestorben. Sie lebte ca. 1 ½ h von hier.
Meine Mutter lebte bis vor 4,5 Jahren in einer kleinen Wohnung in einer so genannten betreuten Wohnform, ca. 200 km von uns entfernt. Mein Bruder ca. 1000 km, meine Schwester gut 300 km weit entfernt. Sehr oft besuchten wir sie nicht. Wir Kinder sind/waren alle beruflich selbständig. Trotzdem: irgendwie bemerkte ich schon länger, dass sie "abbaute": sie trank zu wenig und war dauernd schwindelig - ließ sich aber nicht davon überzeugen, dass das miteinander zusammenhing...
Sie zog innerhalb des betreuten Wohnens noch mal um – ich habe diesen Umzug GEHASST, weil sie SAMMELTE. Eben die typische Vertreterin ihrer (Kriegs-)Generation und dann noch mit 9 Geschwistern auf dem Land aufgewachsen. Dann stürzte sie innerhalb von 6 Wochen 2 Mal, war dehydriert, hatte eine Bronchitis, erst betreute sie ein Pflegedienst, dann kam ins Krankenhaus ... Die Ärzte sagten uns, dass sie nicht wieder in ihre Wohnung könnte und wir uns über eine Pflegeeinrichtung Gedanken machen müssten.
Wie meistens war ich diejenige, die sich Gedanken machte und schlug meinen Geschwistern vor, dass sie in eine Pflegeheim in unserer Stadt kam. Z.B. weil wir sie so öfter besuchen konnten, meine Schwester ebenfalls schneller und öfter kommen konnte und mein Bruder während seiner Besuche in D dann bei uns wohnen konnte. Besser als in der winzigen Wohnung unser Mutter vorher.
Diese lange Vorgeschichte, um ein bisschen die Gegenwart nachvollziehen zu können.
Sie hortet Dinge und besorgt sie sich, wo immer sie einen offenen Schrank findet. 12 Rollen Klopapier in ihrem Schrank. Eine Zeitlang hat sie endlos Joghurt „beiseite“ geschafft und dauernd Durchfall gehabt. Dann haben wir im Hochsommer in ihrer Schublade geöffnete, angegammelte Packungen gefunden. Kaffeemilch-Döschen, Intoninenz-Einlagen aus dem Schrank ihrer Mitbewohnerin... Ich kaufe seit Monaten dauernd zusätzliche Einlagen.
Heute war es zum wiederholten Mal so, dass sie innerhalb von 14 Tagen 6 Tuben Haftcreme für ihre Zahnprothese verbraucht hat. Ich erfuhr, dass sie sich (welche Überraschung) nicht helfen lassen will, dass sie die Creme im gesamten Bad verteilt, dass sie Sachen ihrer Zimmer-Mitbewohnerin verbraucht. Ich weiß nicht, wie wir das ändern können. Sie "arbeitet" nicht mit.
Gestern war wohl ein besonders harter Tag: sie hat ihrer Tischnachbarin (blind), ihren angebissenen Kuchen in die Hand gedrückt und ihr die Reste ihrer Getränke in den Becher geschüttet. Wenn sie in den Aufenthaltsraum kommt, geht sie schnurstracks zum Fenster und schließt es. Unabhängig von der Temperatur (es war HEISS) und vor allem völlig den Bedürfnissen und Protesten der anderen Bewohner losgelöst.
Ich merke, dass ich hilflos und wütend bin. Traurig und unsicher. Bin ICH die Fachkraft? Muss ich wissen, dass man bei dementen Menschen mit Verboten nichts erreicht? Oder muss das Pflegepersonal das nicht? Was soll ich denn machen? Ich kann meine Mutter weder ändern noch mit Gesprächen viel erreichen. Das konnte ich früher nicht – das wird jetzt nicht besser. Ich kann lediglich anbieten mit ihr zu sprechen, wenn ich mal wieder vom Pflegepersonal angesprochen werde – mehr nicht.
Eigentlich fühle ich mich ziemlich allein gelassen, weil ich immer diejenige war und bin, die sich gekümmert hat, die vor Ort ist und Entscheidungen treffen muss. Meine Schwester hat sich ziemlich rausgehalten, mein Bruder ist weit weg. Er telefoniert jeden Sonntag mit ihr. Soweit man das so nennen kann. Gespräche sind kaum mehr möglich: ich weiß nicht, was bei ihr ankommt. Oder was sie (noch) interessiert. Sie hat sich nie sehr für mein Leben interessiert. Nicht für meine Arbeit, nicht meine Freunde (mit einer Ausnahme: unsere Freunden mit ihren drei Kindern und vielleicht meine Nichte und mein Neffe, die auch beide im Ausland leben und erwachsen sind), nichts, was mich beschäftigt. Das wird jetzt natürlich noch weniger. Und sie antwortet auch kaum. Meine Besuche sind kurz und nicht sehr oft: ein Mal in der Woche für eine halbe Stunde. Dann spätestens will sie wieder in den Aufenthaltsraum. Sie schaut ca. alle 20 sec. auf ihre Uhr (nicht übertrieben).
Und JETZT haben wir auch noch erfahren, dass ihre Rücklagen aufgebraucht sind. Sie hatte Geld angelegt und dass ist jetzt zum größten Teil weg, weil die Papiere nichts mehr wert sind. Wir zahlen von ihrem Geld jeden Monat zusätzlich zur Pflegestufe 1 gut 1.400 € selbst, weil sie – als sie in diese Stadt kam – nicht hier gemeldet war. Daher müssen wir die Investitionskosten zahlen: gut 500 €/Monat mehr. Hat uns leider vorher niemand gesagt. Das ist jetzt aufgebraucht. Aber weder ich noch mein Bruder verdienen viel.
Heute habe ich das Gefühl, dass mir das alles ziemlich über den Kopf wächst. Danke für's Durchhalten (wer bis hier gelesen hat) M-L
|
| | | sylvia Ist hier Zuhause
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 7347
Ort : in der Heide
Anmeldedatum : 14.11.08
| Thema: Re: Meine Mutter im Pflegeheim Mo 23 Aug 2010, 07:26 © sylvia | |
| Liebe Maria-Lucia, nicht einfach was man da tun kann. Hast Du dir schon mal Rat in einer Gruppe Gleichgesinnter geholt. Es gibt auch die Palliativ Care Menschen, leiten auch unser Trauercafe.
Vielleicht haben hier noch andere Tipps.
Wünsche Dir viel Kraft.
Vielleicht könntest Du etwas in Deiner Nähe suchen. Unterstützt das Sozialamt nicht diese Fälle?
LG Sylvia
Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.
|
| | | Admin Administrator
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 10329
Ort : Schweiz/Schweden
Anmeldedatum : 14.11.07
| Thema: Re: Meine Mutter im Pflegeheim Mo 23 Aug 2010, 11:09 © Admin | |
| Liebe Maria-Lucia Erstmals ein herzliches Willkommen im Forum auch von mir Nein, du bist nicht die Fachfrau und musst es auch nicht sein. Deine Mutter lebt in einer Einrichtung, gerade auch desswegen, weil du die Probleme weder Stemmen noch Bewältigen kannst. Jede Einrichtung muss sich wiederum mit solchen Problemen auseinander setzen. Schon alleine desshalb weil deine beschriebenen Probleme mit deiner Mutter kein Einzelfall ist, oder bleiben wird. Egal wie nahe man mit Betroffenen Verwandt sein mag, so spielt die jeweilige Vorgeschichte eine ganz wichtige Rolle. Nur weil man "nahe Verwandt" ist, heisst es noch lange nicht, das man mehr Einfluss auf das individuelle Verhalten hat. So hart dies klingen mag, so hat die Ausbildung des Fachpersonals auch im Umgang mit "schweren", oder "schwierigen" Patienten zu tun.... Nun deine Mutter hortet und sammelt - selbst Dinge die ihr nicht gehören. Das Personal weiss darum Bescheid. Mit anderen Worten: Wird etwas vermisst so weiss man auch sofort wo man zuerst suchen muss. Dafür braucht es eigentlich nicht mal viele Worte, sondern einfach ein immer wieder zurücklegen des Vermissten. So sind andere Bewohner wieder zufrieden und deine Mutter darf ihre "Bedürfnisse" (gegen die kaum etwas gemacht werden kann) weiter ausleben. Also kein grosser Zeitaufwand um mehr oder weniger allen Bewohnern gerecht zu werden. Das mit dem angebissenen Kuchen wo deine Mutter dieser blinden Mitbewohnerin in die Hand gedrückt hat, oder da wo sie ihr die Resten ihres Getränkes ins Glas giesste.....Nun sicher, das ist (aus gesunder Sicht) bestimmt nicht nett. Die Frage ist aber auch immer wieder, wie das Personal nun darauf reagiert. Wenn das Personal darum weiss - erst recht, da auch im Extremfall z.B Mobbing in Heimen alles andere als eine Seltenheit darstellt, gehört auch dies zum Ausbildungsbereich des Personals. Klar ist es "mühsam" bei gewissen Bewohnern immer hinterher zu sein und reagieren zu müssen. Klar ist es einfacher bei Angehörigen darüber zu jammern und an diese die Erwartungen (der Vernunft) zu stellen. Die Wohngemeinschaft findet aber dort vor Ort statt und dort vor Ort muss folgedessen auch für eine gewisse Ordnung und ein soweit mögliches "Miteinander" gesorgt werden. Das Personal hat also am meisten/ehesten, direkten Einfluss auf das alltägliche Geschehen. Da hilft es wirklich herzlich wenig, wenn Angehörige eins oder zweimal die Woche "ins Gewissen reden" sollen. Im Heim wo unser lieber Erik seine letzte Zeit noch verbrachte und ich oftmals täglich für viele Stunden dort verbrachte (manchmal sogar fast dort wohnte) habe ich viele ähnliche Begebenheiten beobachten können. Nun, verschieden wie das Personal ist, waren auch dessen Reaktionen und somit auch die damit zusammenhängenden Ergebnisse des "Miteinander und Füreinander". Die einen Fachkräfte hatten es wirklich im Griff, so das ich immer wieder darüber staunen konnte und vieles für mich selber dazu lernte. Andere wiederum mussten das "richtige Reagieren" erst lernen und dies wurde dementsprechend von den Bewohnern auch ausgenutzt....So oder so, gilt es für das Personal immer wieder Lösungen im Umgang "schwieriger Bewohner" zu finden. Einfach weil sie für die einzelnen Bedürfnisse, der einzelnen Bewohner, im alltäglichen Zusammenleben zuständig sind. Es ist also wirklich nicht deine Aufgabe dort vor Ort das Verhalten deiner Mutter zu Korrigieren - und schon gar nicht, ihr Vernunft einzureden. Dafür ist und bleibt das Fachpersonal vor Ort zuständig. Sei du einfach in der Zeit deines Besuches und innerhalb deinen Möglichkeiten für deine Mutter da. So wie du es ohnehin schon innerhalb deinen Möglichkeiten tust. Niemand von uns kann mehr auf seine Schultern laden, als was jeweils individuell und mit Berücksichtigung verschiedener Faktoren möglich ist Ich wünsche dir viel Kraft. Schreibe soviel du möchtest. Es tut wirklich gut. Erfahrungsaustausch ist etwas sehr, sehr wichtiges. Offene Herzen und Ohren gibt es hier immer und..... Denke immer daran - du bist nicht alleine. Liebe Willkommensgrüsse Ursula
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden." |
| | | Biggi Moderator
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 20145
Alter : 61
Ort : Essen / NRW
Anmeldedatum : 06.08.09
| Thema: Re: Meine Mutter im Pflegeheim Mo 23 Aug 2010, 16:03 © Biggi | |
| Liebe Maria-Lucia, auch von mir ein herzliches Willkommen bei uns im Forum. Ich kann mich den Worten von Ursula da nur anschliessen. Es ist bestimmt nicht deine Aufgabe, diese Missstände im Heim abzustellen. Zumal, wie du schreibst, deine Mutter ja die Zeit mit dir wohl nicht so geniesst, wenn sie auf die Uhr schaut und wieder in den Aufenthaltsraum möchte. Dein Bruder wohnt weit weg und hat sein eigenes Leben. Du aber auch. Auch wenn sie nah bei dir wohnt, hast du Recht, dein Leben und deine Zukunft sollte an erster Stelle stehen. Du tust, was in deinen Möglichkeiten steht, mehr kann man nicht. Die Probleme, die du beobachtest würde ich ruhig mal mit den Pflegern besprechen, damit du zuhause auch zur Ruhe kommen kannst. Ich denke auch, das mit den Investitionskosten hätte man dir sagen müssen! Alles Liebe und viel Kraft. LG Biggi
--- Besondere Menschen erkennst du daran, dass sie dich berühren ohne ihre Hände zu benutzen --- |
| | | Marie Ist hier Zuhause
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 10829
Anmeldedatum : 14.06.10
| Thema: Re: Meine Mutter im Pflegeheim Mo 23 Aug 2010, 16:17 © Marie | |
| Sagt mal, was ist das mit diesen Investitionskosten?
Als ich neulich den Vertrag über die Pflege ausgeweitet habe, fand ich diese Kosten auch auf dem Angebot und es hieß, daß man die in jedem Fall selbst übernehmen müsse. Ich habe mich damit nicht gleich einverstanden erklärt und man hat sie wieder gestrichen mit dem Bemerken, ich hätte ja noch einen alten Vertrag, der nur erweitert würde und da müßte ich sie nicht bezahlen. Angeblich müßten sie die neuerdings erheben. Es sollten 4% der Gesamtsumme sein aber wohl nur einmalig bezahlt werden. Mein Vater lebt seit 94 Jahren in dieser Stadt. Mit Umzug hatte es also bei uns nichts zu tun.
Vielleicht kennt jemand eine gesetzliche Regelung dazu?
Grüße von Marie |
| | | Biggi Moderator
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 20145
Alter : 61
Ort : Essen / NRW
Anmeldedatum : 06.08.09
| Thema: Re: Meine Mutter im Pflegeheim Mo 23 Aug 2010, 17:21 © Biggi | |
| Liebe Marie, als unsere Mutter die paar Jahre im Heim war, mussten wir diese auch zahlen. Obwohl sie ihr Leben lang Essen nicht verlassen hat. Es wurde die Pflege, die Unterkunft und die Investitionskosten berechnet, dann der Satz der Pflegestufe abgezogen, das war dann der Betrag der gezahlt werden musste.
Investitionskosten sind quasi Rücklagen fürs Heim, für Renovierungen etc.., oder zur Abfinanzierung des Heimes. Warum die so hoch sind, weiss der Geier... Bei uns waren es auch knapp 500,-- Euro pro Monat!! Unsere Mutter war von 2003 - 2008 im Heim. Wie es vorher geregelt war, weiss ich nicht.
LG Biggi
--- Besondere Menschen erkennst du daran, dass sie dich berühren ohne ihre Hände zu benutzen --- |
| | | Marie Ist hier Zuhause
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 10829
Anmeldedatum : 14.06.10
| Thema: Re: Meine Mutter im Pflegeheim Mo 23 Aug 2010, 18:41 © Marie | |
| Hallo Biggi,
für ein Heim würde ich das ja noch einsehen, aber für einen ambulanten Pflegedienst?
Grüße von Marie |
| | | Biggi Moderator
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 20145
Alter : 61
Ort : Essen / NRW
Anmeldedatum : 06.08.09
| | | | Marie Ist hier Zuhause
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 10829
Anmeldedatum : 14.06.10
| Thema: Re: Meine Mutter im Pflegeheim Mo 23 Aug 2010, 22:22 © Marie | |
| Danke liebe Biggi, nur nichts überstürzen. Ich bin's ja erst mal los.
Im Internet habe ich mal gesucht und nur Widersprüchliches gefunden. Es gibt wohl auch in den Bundesländern Unterschiede, abhängig von irgendwelchen Zuschüssen. Angeblich darf es auf Betroffene umgelegt werden, wenn es keine oder zu wenig Zuschüsse gibt. Das ist doch ein gefundenes Fressen für die, die Zuschüsse gern einsparen möchten.
Mal hieß es, es gilt nur für ambulante Pflege, mal wurde dargestellt, wofür es die Heime erheben dürfen. Dann waren noch Unterschiede zwischen privaten Pflegediensten und solchen von Organisationen wie Caritas usw.
Alles sehr unbefriedigend.
Grüße von Marie |
| | | Biggi Moderator
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 20145
Alter : 61
Ort : Essen / NRW
Anmeldedatum : 06.08.09
| | | | | Meine Mutter im Pflegeheim | |
|
Ähnliche Themen | |
|
| |