Von: LillNalle2 (Ursprüngliche Nachricht) Gesendet: 03.07.2006 09:27

Hallo ihr Lieben

Wieder mal ein bisschen den aktuellen Stand.

Auch wenn Erik vielfach einfach unsere gemeinsame Zeit unglaublich geniesst, sind da auch immer wieder mal traurige Momente. Solche an denen bei ihm die Sehnsucht an unser gemeinsames Leben total durchschlägt. Selbst heute noch will er immer wieder mal mit nach Hause kommen und das sind manchmal ziemlich heikle Momente. Seine Selbsteinschätzung ist schon völlig verzerrt, was für mich eine gute Antwort schwieriger macht. Seinen schlechter werdenden Zustand sieht er im zusammenhang des Heimes. Bei uns war er aber um einiges fitter. Also kommt von ihm die Schlussfolgerung. Dürfte ich wieder nach Hause, dann wäre doch alles wieder in Ordnung. Erklären wieso und warum bringt nichts, ablenken funktioniert auch nicht immer und so kommt bei ihm schon manchmal auch was vorwurfsvolles, abweisendes, agressives durch - so von wegen, hättest du mich wirklich lieb dann.......Das gute ist nur, das er wenigstens an negativem ebenso wenig verweilen kann wie am schönen und positiven. Also eine art ausgleichende Gerechtigkeit ist wenigstens auch da vorhanden. Was für mich zur Zeit immer schwerer wird ist die Tatsache, das bei ihm die Sprache wesentlich schlechter ist als sein denkvermögen. Dabei will er mir immer soviel erzählen und so fängt für mich das Rätselraten an. Das einzige was mir dabei hilft ist seine Körpersprache. Manchmal sind da aber auch missverständnisse vorprogrammiert, da ja seine mimik auch immer schlechter wird. Aber etwas ist da seit einiger Zeit schon ganz markant geworden. Ein Mensch kann normalerweise störende Sinneseindrücke ausblenden um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Bei Erik sehe ich immer mehr wie dies unmöglich ist. Das heisst alles was er gerade hört, sieht oder ihm duch den Kopf geht wird gleich stark empfunden. Konzentrieren auf was konkretes ist jetzt kaum noch möglich. Dadurch entsteht ganz oft eine überstimulierung seiner Sinneseindrücke. Also schliesst er in solchen Momenten einfach die Augen. Dort wo das Hirn nicht mehr ausblenden kann machen es jetzt bei ihm die Augen. Wenn ich mir vorstelle wie schwer es sein muss wenn der Filter im Hirn nicht mehr funktioniert, freut es mich das es wenigstens noch die Möglichkeit des Augen schliessens gibt und auch Erik dies für sich entdeckt hat. Meistens würde er es nicht mal mehr schaffen sich am Ohr zu kratzen wenn er nicht dabei die Augen schliessen könnte. Eigentlich schade das es für die Ohren nicht auch so einen Mechanismus gibt - oder? Weil wenn andere am Tisch bei der Mahlzeit viel reden, kann er furchtbar irritiert werden und dagegen hilft das Augenschliesen leider nicht besonders viel.

Gestern als ich bei ihm war, sind wir draussen gesessen. Er konnte meinen Besuch so sehr geniessen, das er richtig gestrahlt hat. Als es für ihn im Schatten dann doch etwas zu kühl wurde, haben wir uns ein bisschen an die Sonne gesessen. Das hat ihn schlussentlich so müde gemacht, das er eingenickt ist. Sein Rollstuhl mit Kopfstütze ausgerüstet, ist dafür wirklich optimal. Es war kurz vor dem Abendessen und ich wollte diesen Moment nutzen um wieder nach Hause zu fahren - hätte er meine Hand nicht so fest gehalten, das ich gar nicht weg gehen konnte. Also wartete ich bis zum essen und habe einfach sein zufriedenes Gesicht genossen - herrliche Momente wo ich so richtig in mich hinein sauge. Schliesslich kann es schon nächstes mal wieder ganz anders sein.......

Ganz liebe Schwedengrüsse an euch alle

Eure Ursula

Von: palousunny5 Gesendet: 04.07.2006 17:27

Liebe Ursula

Ich danke dir für dein Bericht. Es ist so traurig für Erik, es tut mir sehr leid dass du dabei auch leidest.

Ich wünsche dir viel Kraft und bitte sauge alle Momente die du nur kannst, das wird dir helfen das andere zu verkraften in der Errinerung an so vielen schönen Momente.

Ich denke an dich.
ganz liebä gruäss
deine Janine

Von: lisa47 Gesendet: 04.07.2006 21:00

erik muss ein ganz besonderer mensch gewesen sein.
mit wieviel einsatz und hingabe du zu ihm stehst und wieviel einfühlungsvermögen und verständnis du ihm begegnest, ist unglaublich.auch unbezahlbar.
ich hab grossen respekt und bewunderung vor dem was du leistest und es muss toll sein,so jemanden wie dich als freundin zu haben.
ich wünsche dir auch viel kraft und denke an dich

regina

Von: LillNalle2 Gesendet: 10.07.2006 11:28

Hallo ihr Lieben

Gestern war ich wieder bei Erik und er war fitt wie schon lange nicht mehr. Die Musik und das Tanzen hat ihm dabei speziell geholfen. Auf einmal wusste er wieder wer seine Tochter ist, wusste das er auch in der Schweiz bei uns wohnte u.s.w. Natürlich wollte er dann unbedingt wieder mit nach Hause kommen. Mir kommt es vor als ob er im Moment wenn ich ihn besuche, sich speziell mühe gibt um sich zu erinnern, durch seinen "Nebel" durchzubrechen und vorallem einfach speziell lieb zu sein. Als ob er mir damit zeigen möchte: Siehst du ich bin doch recht fitt, dann darf ich doch wieder mit nach Hause kommen. Als dies dann doch nicht ging, hatte er so einen traurigen blick, das es mir fast das Herz zerrissen hat. Irgendwann wird dann diese Phase wieder umschlagen, in frust, wut, enttäuschung und aufgeben. Spätestens wenn er merkt das sein "fitt sein" nicht ausreichen kann. Davor habe ich jetzt schon eine gewisse Angst, weil ich auch diese Phase kenne. Das sind alles "Wechselbäder" wo man leider durchgehen muss. Es ist eine form des schrittweise Abschiednehmens. Darum bin ich auch froh über jedes stückchen Weg wo ich Erik begleiten kann. Auf irgend eine Art hilft es uns beiden, ob trauriges, schmerzhaftes oder freudiges, so ist es doch was ganz wertvolles wenn man das miteinander teilen kann........Das verschlucken beim trinken und essen häuft sich leider auch immer mehr und vorallem hat er viel an kraft verloren, wenn er husten muss. Es ist für ihn in der Zwischenzeit eine ungehäure körperliche anstrengung geworden. Bis jetzt verweigert er das essen aber meistens noch nicht. Hoffe das es noch lange so bleiben darf, weil die Frage ob Magensonde ja oder nein ist keine einfache. Im Moment stelle ich mich da eher auf die nein Seite, aber ich denke die schlussentliche Entscheidung wird dann von Eriks aktueller "Lebens- kraft/freude" abhängig sein. Bleibt zu hoffen das ich das dann auch richtig beurteilen kann. Aber noch besser wäre wenn ich nie vor diese Entscheidung gestellt werden müsste......

Das Heim hat nur 8 Bewohner aber trotzdem lebt jedes irgendwie für sich selbst isoliert. Die einen weil sie geistig zu fitt sind, aber doch kaum verständnis aufbringen können für die weniger fitten. Eine andere Person die Demenz hat, ist sehr gesprächig aber von Erik irritiert weil er keine klaren Antworten geben kann. Erik wiederum ist von ihr irritiert weil sie ununterbrochen spricht. Eine weitere Bewohnerin mag überhaupt nichts und niemanden, stört sich an jedem Gespräch und komischerweise mag diese nicht mal Musik. So lebt mehr oder weniger jedes und jeder dort in seiner Welt und am liebsten gehen sie sich gegenseitig aus dem Weg. Es gäbe eigentlich nur schon dazu viel zu schreiben - an traurigem wie auch amüsanten......

Liebe Grüsse an alle

Eure Ursula

Von: LillNalle2 Gesendet: 10.07.2006 11:32

Lieben Dank für alle eure lieben Gedanken. Es tut gut zu wissen, das man nicht alleine da steht und das wir uns gemeinsam auch ein Stückweit durch tragen dürfen.

Eure Ursula

Von: lisa47 Gesendet: 13.07.2006 19:14

ja,eigendlich ist es traurig,dass alte menschen manchmal zusammen leben und doch einsam sein müssen,weil jeder auf seine weise in seinem kleinen kosmos lebt oder einfach gefangen ist.
ich konnte der demenz noch nie etwas nur annähernd positives abgewinnen(es sei denn, du bist pflegende im krankenhaus und nicht direkt betroffen, dann kann das ganze sogar sehr heiter sein...)aber du hast recht ,wenn du sagst:demenz ist auch gnädig,vorallem,wenn traurige momente ebenso vergessen werden.
erzähl doch noch ein wenig aus dem altenheim,du erlebst sicher einiges.
wie lange bist du noch in schweden?
liebe grüsse an alle
regina

Von: LillNalle2 Gesendet: 16.07.2006 09:11

Liebe Regina

Ich werde noch bis c.a. mitte Oktober in Schweden bleiben.

Die wenigen Bewohnern im Heim lernt man wirklich recht gut kennen. Vorallem wenn man so viel Zeit dort verbringt wie ich. Als Angehörige zu Angehörigen erfährt man nochmals ganz anderes als das Pflegepersonal dort tut. Es gibt ein zusätzliches Zusammengehörigkeitsgefühl und desshalb auch ganz andere Gespräche.

Nun zu meinem Alltag dort. In letzter Zeit verbringe ich mehr Zeit mit Erik entweder auf seinem Zimmer oder draussen. Einfach auch damit er jetzt mehr ungeteilte Aufmerksamkeit erfährt. Sind wir im allgemeinen Raum, dann werde ich manchmal fast "aufgefressen" und so wie ich bin, liegen mir die Aufmeksamkeitsbedürfnisse auch der anderen am Herzen. Die eine, die auch schon recht vortgeschrittene Demenz hat, wird manchmal dort hin begleitet und bekommt Kaffee und Kekse. Alle 2 Minuten fragt sie mich ob es draussen regnet und jedes mal gebe ich ihr antwort als ob sie das erste mal fragen würde. Ich weiss das sie Katzen sehr gerne hat und da es im Heim so eine Stoffkatze gibt, der man eine warme Bettflasche in den Bauch füllen kann damit sie sich so richtig echt und warm anfühlt, stelle ich ihr immer einen Stuhl daneben, mit eben dieser Katze drauf. So hat sie einen "Gesprächspartner" und ist wesentlich ruhiger und zufriedener. Vom Personal werde ich manchmal dementsprechend angeschaut, so von wegen, mischst du dich da auch noch ein. Ist mir aber egal, weil wenn ich ihr damit eine Freude machen kann, freut es auch mich und ich kann mich wieder etwas mehr in Ruhe Erik widmen. Sonst wird er nervös so von wegen, du bist doch mein Besuch. Eine andere Bewohnerin fragt mich jedes mal ob ich sie nicht nach Hause fahren könnte, weil sie unbedingt dort nach dem rechten schauen sollte. Natürlich muss ich in eine ganz andere Richtung fahren, ausserdem sei sie doch dort im Heim zum essen eingeladen und es wären sicher alle traurig wenn sie nicht bleiben würde. Ein weiterer Bewohner, auch ein demenzkranker Mann der aber noch wesentlich selbständiger ist, kommt und geht und freut sich einfach über jedes Gesicht das ihm freundlich hallo sagt. Die geistig Behinderte, ist eigentlich die einzige bei der ich wirklich gar nichts, aber rein gar nichts liebenswertes bis jetzt gefunden habe. Ausserdem spricht sie einen schon fast ausgestorbenen dialekt mit dem die meisten Angestellten auch mühe haben. Eine freundliche Antwort von ihr, habe ich bis jetzt kaum mal gehört. Auch wenn man die Vorgeschichte von ihr kennt, macht es die Sache nicht einfacher, es stimmt einen nur traurig, das sie nicht früher trotz behinderung mehr gefördert wurde........Was mir in diesem Heim besonders gefällt, ist, dass das Essen noch dort direkt selber zubereitet wird. Hoffe sehr das es so bleiben darf, weil das in Schweden sehr umstritten ist wegen den - nach meiner Meinung - total übertriebenen Hygienevorschriften. So gesehen könnte man ja auch das selber kochen zu Hause verbieten - oder? Was Einsparungen betrifft, gehört dieses Heim noch zu den weniger betroffenen, weil es ein privates Heim ist. Nur schade, das die Beschäftigungsmöglichkeiten die dort geboten werden, für die wenigsten Bewohner noch passend sind. Diese sind ein übrigbleibsel von einer Zeit, wo praktisch alle noch im fitteren Zustand dort eingezogen sind. Also muss vorallem ich noch dafür sorgen, das Erik für ihn passende Beschäftigung bekommt. Wer weiss vielleicht wird es auch mal von nutzen für andere Bewohner dort sein. Ab und zu kommen aber wenigstens Leute aus der Gegend vorbei um Musik zu spielen, was doch für die meisten Bewohner eine willkommene Abwechslung bedeutet.

Das ist mal so im groben ein Bericht was das Heim dort betrifft.

Ganz liebe Grüsse an alle

Eure Ursula

Von: lisa47 Gesendet: 19.07.2006 17:36

Ach herr je,Du erlebst ja einiges.
Schade eigendlich,dass in diesen Institutionen,in denen der Tag mehr oder weniger gleich verläuft,so alles beim Alten bleibt.
Ich meine es finden keine Anreize statt den Tagesablauf neu zu überdenken.Schülerinnen können da viel helfen.Die sind immer auf dem neuesten Stand,haben viel Elan und neue Ideen.Aber in so einer kleinen Einrichtung ist das wohl Utopie.
Da muss eine Ursula kommen und neuen Schwung reinbringen.Ich find das klasse.Vor allem die Lösung mit der "Wasserkatze"ist schon genial.
Aber,dass man bald in so kleinen Eirichtungen nicht selbst kochen darf ,ist doch Haarspalterei.Was macht denn in Schweden die Gastronomie?Oder kleinere Imbissläden?
Na,die Politik treibt überall so ihre Blüten...
So,schöne Grüsse aus dem Saarland
auch an Janine(wo steckt eigendlich Kareen??)
Regina
(Bei mir gibt es im Moment nichts Neues,halt mich mal ganz still)

Von: palousunny5 Gesendet: 20.07.2006 15:17

halli hallo an euch allen

liebe Regina

Na ja bei mir gibt es nichts neues und darum bin ich so ruhig...was Valentin angeht ist nur zu sagen dass er meine Hilfe nicht mehr will da er sich nicht an den Kosten für's Essen die ich koche oder für die Wäsche die ich wasche und glätte beteiligen will, ich würde ihn nur ausnehmen. Er ist finanziell besser dran als ich und seine finanzielle Beteiligung an meinen Spesen finde ich normal. Ich lasse es eben sein. Es verwundert mich nicht dass er so reagiert und schliesslich bin ich gegangen also wieso sollte er noch mit mir was zu tun haben wollen ? Mein Sohn sieht ihn kurz 3-4 x die Woche und kann sich ein Bild machen wie es ihm geht. Wenn ich ihn im Treppenhaus treffe ist er in Eile, er will auch unsere Tochter mit den 2 kleinen Enkelinnen nicht sehen, er hat jedesmal dieselbe Ausrede: er müsse gerade weg und hätte keine Zeit. Im Moment sieht er nicht verwahrlost aus und das beruhigt mich. Natürlich habe ich ab und zu die Idee bei ihm nachzuschauen oder seine Wäsche machenzu wollen aber er will es nicht und das muss ich akzeptieren.

Ich wünsche euch allen noch weiterin eine schöne Zeit...ein bisschen weniger heiss vielleicht ?? !! wäre ein Wunsch....

machts gut und bis bald
liebä gruäss
Janine

Von: Lupus´71 Gesendet: 20.07.2006 15:48

von mir jetzt auch mal wieder herzliche grüße und wünsche an euch alle.

schäme mich richtig, habe aber wirklich keine große lust bei diesem wetter vor dem pc zu sitzen....

mulle ist wieder komplett verwirrt - jetzt müsste der gute mann vom mdk sie mal erleben, tja wie immer.

wünsche euch einen supertollen sommer, melde mich bestimmt bald mal wieder öfter!!!

eure kareen