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| Thema: FTD-Demenz So 03 Okt 2010, 09:31 © Admin | |
| Frontotemporale Demenz!
Eine Sonderform der Demenzen sind die frontotemporale Demenzen (FTD). Es handelt sich um eine präsenile Demenz. Das Tauprotein scheint auch hier eine Rolle zu spielen. Im frühen Erkrankungsalter ist sie genauso häufig wie die Alzheimerdemenz. Insgesamt aber wesentlich seltener als die Alzheimerdemenz. Der Begriff der frontotemporalen Demenz (FTD) meint eine Gruppe primär degenerativer Demenzen bei denen eine fokale Atrophie am frontalen und/oder temporalen Lappen des Gehirns entsteht. Sie sind häufig mit einem Parkinsonismus und einer amyotrophen Lateralsklerose vergesellschaftet. Frontotemporale Demenzen sind in fast der Hälfte der Fälle familiär vorkommend. Bei Demenzkranken mit erhaltenen räumlich-konstruktiven Fähigkeiten und relativ geringen Gedächtnisstörungen bei denen Verhaltensstörungen und Störungen der sozialen Kompetenz im Vordergrund stehen, muss an eine frontotemporale Demenz gedacht werden. Verhaltensauffälligkeiten, Enthemmung, Depressionen, Hyperoralität, vegetative Symptome, Suizidgedanken und Schuldgefühle stehen im Vordergrund. Die Prävalenz wird mit 3,4/ 100.000 angenommen. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei etwa 57 Jahren, die mittlere Überlebenszeit bei 8 Jahre. Acetylcholinesterasehemmer helfen hier vermutlich nicht. Trazodon schien in einer kleinen Studie eine Besserung zu erbringen. Es handelt sich um eine autosomal dominante Demenzform. Mutationen im Chromosom 17, 9 oder 3 sind beschrieben. Bei der Unterscheidung zwischen FTD und Depression hilft, dass vegetative Symptome, Suizidgedanken und Schuldgefühle, die bei einer organischen Frontalhirnschädigung sehr selten auftreten.
Kernsymptome • Schleichender Beginn und langsame Progredienz Veränderungen von Persönlichkeit und Verhalten • Früher Verlust der Krankheitseinsicht und Selbstkontrolle • Früher Verlust der Urteilsfähigkeit • Frühe Zeichen der Enthemmung (Aggressivität, Rastlosigkeit, unangemessene Witzeleien, ungebremste Sexualität) • Ablenkbarkeit und Impulsivität • Psychische Rigidität • Stereotypes, perseverierendes Verhalten • Hyperoralität (verändertes Essverhalten, Bulimie, exzessives Rauchen, Alkoholismus) • "Utilisationsverhalten" (ungebremste, automatische Benutzung aller erreichbaren Gegenstände) Affektive Symptomatik • Emotionale Stumpfheit und Desinteresse, Verlust der Empathie • Angst, Depression • Emotionale Labilität, exzessive Sentimentalität • Bizarre Hypochondrie, überwertige Ideen • Amimie, Aspontaneität Störungen der Sprache • Zunehmende Sprachverarmung • Stereotype Phrasen, Palilalie, Echolalie, später Mutismus • Vergleichsweise gut erhaltene räumliche Orientierung und praktische Fähigkeiten Körperlich-neurologische Symptome • Bereits im Frühstadium Primitvreflexe • Frühe Inkontinenz • Erst spät Akinese, Rigidität, Tremor • Niedriger bzw. labiler Blutdruck Untersuchungsbefunde • Normales EEG trotz manifester Demenz • In der zerebralen Bildgebung (funktionell und/ oder strukturell) überwiegend frontale und/oder anterior temporale Veränderungen • Auffällige Neuropsychologie (schwere Defizite bei "Frontallappentests" bei fehlender Amnesie oder Aphasie) Supportive Merkmale • Beginn vor dem 65. Lebensjahr • Positive Familienanamnese einer ähnlichen Störung bei einem Verwandten 1. Grades • Bulbärparalyse, muskuläre Schwäche, Faszikulationen (bei zusätzlicher Motoneuronerkrankung) Ausschlusskriterien • Plötzlicher Beginn mit epileptischen Anfällen oder nach einem Schädel-Hirn-Trauma • Bereits im Frühstadium mnestische Defizite • Im Frühstadium räumliche Orientierungsstörungen • Im Frühstadium schwere Apraxie • Logoklonie, Myoklonie • Kortikale, bulbäre, spinale und zerebelläre Symptome • Frühe, ausgeprägte EEG-Veränderungen • Hinweise auf vorwiegend postzentrale Veränderungen in der Bildgebung • Multifokale Hirnläsionen in CT oder MRT • Laborchemische Hinweise auf eine entzündliche Hirnerkrankung
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden." |
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angel Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: FTD-Demenz Fr 16 Nov 2012, 23:53 © Ehemaliges-Mitglied | |
| Hallo Ursula,
rechtherzlichen Dank für den ausführlichen Beitrag der FTD - Demenz. Er hat mich besonders interessiert, weil meine Schwmutter betroffen ist.
liebe Grüße
Maria |
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Aggi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: FTD-Demenz Fr 30 März 2018, 11:37 © Aggi | |
| https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=65149 19.09.2016 l PZ FTD: Seltene Demenzform verändert die Persönlichkeit - Zitat :
- Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit im hohen Alter: Das sind häufige Zeichen einer Demenz – aber nicht bei Frontotemporaler Demenz (FTD). Von dieser präsenilen Form sind in Deutschland rund 33.000 Menschen betroffen. «Jede FTD verläuft sehr individuell», sagte Professor Dr. Janine Diehl-Schmid bei der Internationalen FTD-Angehörigen-Konferenz in München. Die Erkrankung ist wenig bekannt und sehr belastend für die Familien der Betroffenen. Daher sei die frühzeitige Hilfe durch Selbsthilfegruppen sehr wichtig, ergänzte Helga Schneider-Schelte von der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft. Inzwischen gebe es bundesweit mehr als 18 Selbsthilfegruppen und eine Internetgruppe für die Angehörigen.
Zugrunde liegt eine frontotemporal-lobäre Degeneration (FTLD), das heißt ein massiver Untergang von Nervenzellen im Stirn- und Schläfenlappen (Frontotemporal-Lappen) des Gehirns. In diesen Hirnregionen sind unter anderem Sprache, Emotionen, Persönlichkeit und Sozialverhalten verankert. «Je nachdem wo die Degeneration stattfindet, entwickeln die Patienten unterschiedliche Symptome», sagte Diehl-Schmid. Sie verändern sich meist sehr stark in ihrem Wesen, während das Gedächtnis oft lange erhalten bleibt. Manche fallen durch taktloses, enthemmtes oder aggressives Verhalten gegenüber anderen Menschen auf, andere sind teilnahmslos und apathisch. Andere Varianten äußern sich mit Wortfindungs- und Sprachstörungen. Ärzte unterscheiden die verhaltensbetonte (behaviorale) Variante oder bvFTD, die semantische Demenz und die nicht flüssige progrediente Aphasie. Drei Viertel der Patienten erkranken vor dem 65. Lebensjahr, berichtete die Fachärztin für Psychiatrie. Bis zur richtigen Diagnose dauert es oft Jahre.
Es gibt keine gezielte medikamentöse Therapie bei FTLD. Es sei auch kein klares Defizit eines Neurotransmitters bekannt, wie beispielsweise Dopamin bei Parkinson-Patienten oder Acetylcholin bei Alzheimer-Patienten, erklärte Diehl-Schmid. Bei Apathie werden serotonerge Antidepressiva wie Citalopram oder Sertralin eingesetzt, gegen zwanghaftes Verhalten und Aggression Antipsychotika. Auch Sedativa kämen zum Einsatz. Veränderungen der Umwelt und nicht medikamentöse Therapien seien oft effektiver als Medikamente.
"Die Schäden einer Therapie dürfen nicht größer sein
als die Schäden der Krankheit." |
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