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| Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen | |
| Autor | Nachricht |
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Kessi Ist hier Zuhause
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| Thema: Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen Mi 02 Nov 2016, 22:15 © Kessi | |
| Heute muss ich einfach mal unsere bisher schlimmste Erfahrung mit unserem Papa berichten: Dass er nicht mehr Auto fahren sollte, haben wir schon mehrfach in der Vergangenheit angesprochen - im Familienkreis, zusammen mit der Hausärztin u.s.w. Leider vergisst er diese Gespräche immer wieder. Während des 4-wöchigen Tagesklinik-Aufenthaltes im September sollte dann auf unseren Wunsch u.a. eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung stattfinden um ihm besser verständlich zu machen, dass er nicht mehr situationsgerecht reagieren kann - leider wurde das aus Personalgründen nicht gemacht. Wir haben dann alles versucht, so zu organisieren, dass er gar nicht in die Verlegenheit kommt, sein Auto zu benutzen - mit mäßigem Erfolg. Dienstag hat er dann all unsere Organisation "über den Haufen geworfen". Es stand ein Arztbesuch an - nur Blutentnahme, Grippeimpfung und Vitaminspritze. Unser Bruder wollte ihn abholen und zur Ärztin bringen. Zurück war im Falle längerer Wartezeit ein Taxi geplant, die Praxis auch darüber informiert. Was machte Papa? Brauste im Auto an unserem Vater vorbei kurz bevor er ihn abholen konnte. Das war der Zeitpunkt, an dem meine Schwester und ich beschlossen, noch am selben Tag das Thema Autofahren zu einem Ende zu bringen. Beide waren wir nachmittags bei ihm. Wir haben uns vorsichtig ans Thema herangetastet. Nein, das habe noch nie jemand zu ihm gesagt, dass er nicht mehr Auto fahren soll. Er sei doch gar nicht so krank (Demenz, Herinsuffizienz mit Schrittmacher, Blutdruckschwankungen mit zeitweise Schwindel...). Also absolut keine Einsicht. Wir haben dann gesagt, dass wir ihm nicht weh tun möchten, aber zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz der Allgemeinheit nun sämtliche Autoschlüssel an uns nehmen würden (was wir auch gemacht haben). Das Auto bleibt bei ihm, so dass wir ihn zu allen Arztbesuchen, Ausflügen, mal Theater oder Konzert u.s.w. fahren können. Für ihn ganz, ganz schlimm. Erst saß er bockig und stumm völlig verkrampft auf dem Sofa. Als wir ihn fragten, was er denn nun denkt, kam es: "Bringt mir endlich einen Strick, damit ich mich aufhängen kann!" . Oh weh. Meine Schwester aufgelöst, mein Vater verzweifelt, ich den Tränen nah - schlimm. Die dann gerade an der Tür klingelnde Pflegedienst-Mitarbeiterin unterstützte uns ein wenig. Später haben wir dann im mehrstündigen Gespräch ganz langsam die Stimmung verbessern können, indem wir in ihm Vorfreude auf zwei anstehende "Events" wecken konnten. Trotz allem war es emotional ganz schrecklich und ich habe die letzten beiden Tage noch ganz schön damit zu tun. Ich fürchte, dass das wegen der Vergesslichkeit auch nicht die einzige derartige Situation war. Gestern rief er mich an "Weißt du wo meine Autoschlüssel sind?".... "Klar, die haben meine Schwester und ich und so bleibt das auch". .....
Gute Nacht zusammen....
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| | | gisela Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen Do 03 Nov 2016, 01:58 © gisela | |
| liebe kessi genau das sind die Situationen die ich an Demenz am schlimmsten finde. wir verletzen menschen die wir lieben aus fürsorge und verletzen damit auch uns selbst. die betroffenen leiden, weil sie wieder ein stück selbständigkeit verlieren, wir leiden, weil es kaum mit anzusehen ist, wie traurig vater/mutter/mann/frau sind. schlimm ist auch, wenn die betroffenen eben noch genau merken, dass etwas nicht stimmt. das find ich bei meiner Mama auch immer ganz schlimm. ich überlege gerade, ob es gut ist, deinem papa das Auto in Sichtweite zu lassen, denn er führt ja eigentlich richtige Verhaltensweisen aus. sein Auto steht da..........also muss ja der schlüssel auch irgendwo sein.
lieben gruß gisela
lieben gruß gisela mein Vorbild ?....der Löwenzahn...wenn er es schafft durch Asphalt zu wachsen...kann auch ich scheinbar unmögliches schaffen |
| | | soda1964 Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen Mi 09 Nov 2016, 11:19 © soda1964 | |
| Liebe Kessi Dies sind schwere, schmerzliche Momente. Als Kinder und Jugendliche beschützen Eltern ihre Kinder - und verbieten manchmal etwas, weil es nicht gut für diese wäre und stossen damit auf kein Verständnis, lösen Wut und Schmerz und Ablehnung aus ... Im Alter verdrehen sich dann die Beziehungen. Kinder "verbieten" ihren Eltern etwas, oder nehmen ihnen eben z. Bsp. das Auto weg, um sie zu beschützen und vor schlimmen Erfahrungen zu bewahren. - Kessi schrieb:
- Trotz allem war es emotional ganz schrecklich und ich habe die letzten beiden Tage noch ganz schön damit zu tun. Ich fürchte, dass das wegen der Vergesslichkeit auch nicht die einzige derartige Situation war.
Der Kopf, der Verstand, weiss, dass es so richtig ist. Das Herz blutet und es dauert seine Zeit, bis das schmerzliche Gefühl nachlässt. Liebe Grüsse
ThereseMan muss mit Allem rechnen - auch mit dem Guten.
Die wahre Lebenskunst besteht darin, im alltäglichen das Wunderbare zu sehen. Pearl s. Buck
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| | | Ann Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen Mi 09 Nov 2016, 11:55 © Ann | |
| Liebe Kessi, herzlich willkommen zurück in unserer Runde! Oje, das Thema Auto und Autofahren habe ich auch noch als extrem anstrengende Zeit in Erinnerung. Bei uns hat es nicht gereicht die Autoschlüssel an uns zu nehmen, da mein Vater als eingefleischter Autobastler versucht hat das Auto kurzzuschließen. Dieser "Rollentausch" ist schlimm. - Zitat :
- "Bringt mir endlich einen Strick, damit ich mich aufhängen kann!" . Oh weh. Meine Schwester aufgelöst, mein Vater verzweifelt, ich den Tränen nah - schlimm.
Pass schön auf dich auf! |
| | | Kessi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen Do 10 Nov 2016, 19:53 © Kessi | |
| Danke liebe Ann und liebe Therese, wie viele altbekannte liebe Menschen ich hier wieder treffe . Danke für Eure lieben Worte! Liebe Grüße Kessi
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| | | Quintilia Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen Fr 11 Nov 2016, 19:25 © Quintilia | |
| Liebe Kessi,
das habt ihr ganz prima gemacht!
Ich weiß, wie schwierig so etwas ist und wie weh es tut. Gottlob hat meine Mama zwar das Auto schon ein Jahr vor ihrer Erkrankung weg gegeben, aber das geliebte Fahrrad mussten wir ihr wegen ihres starken Schwindels und erheblicher Gleichgewichtsprobleme auch noch wegnehmen.
Das sind schwere Momente!
Das einzige, was wir hier tun können, ist uns gegenseitig wieder aufzubauen und Mut zuzusprechen.
Liebe Grüße Quintilia |
| | | Kessi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Wir haben Papa jetzt die Autoschlüssel abgenommen Sa 12 Nov 2016, 19:27 © Kessi | |
| Danke Dir für Deine aufbauenden Worte! Ja, wir sind sicher, es richtig gemacht zu haben - auch wenn es weh tut. Mittwoch waren wir im Zentrum für Altersgesundheit zum Nachgespräch 2 Monate nach Tagesklinik-Aufenthalt. Die Psychotherapeutin hat uns in Bezug auf das Auto sehr unterstützt. Papa hat ihr nämlich gleich erzählt "Meine Töchter haben mir mein Auto weggenommen!". Sie hat sehr einfühlsam darauf reagiert. Sie vermitteltet ihm das etwa so: "Als Ihre Töchter noch klein waren oder auch im Teenageralter, haben Sie ihnen sicher öfter etwas verboten weil Sie davon überzeugt waren, sie vor etwas beschützen zu müssen. Manchmal haben Ihre Töchter das nicht verstehen können und waren verärgert - das war für Sie sicher nicht leicht. Sie sind immer ein verantwortungsvoller Vater gewesen und haben Ihre Aufgabe diesbezüglich sehr gut gemacht - Ihre Töchter sind ohne größere Schäden erwachsen geworden. Wenn man alt wird und Kinder hat, kehrt sich die Situation oftmals um: Die Kinder beginnen, Verantwortung für die Eltern zu übernehmen um Sie zu beschützen. Wenn sie merken, dass die Eltern Situationen nicht mehr richtig einschätzen können, möchten sie sie beschützen. So kommt z. B. die Hinderung am Autofahren zustande. Aber genauso wie Sie als Vater aus Liebe gehandelt haben, machen es Ihre Töchter nun aus Liebe zu Ihnen." Papa wirkte danach sehr einsichtig. Sagte auch, dass er auf uns nichts kommen ließe, er wunderbare Töchter habe Vielleicht hilft das ja nochmal jemand anderem in der selben Situation...
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| | | Ulli Ist hier Zuhause
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| | | | Quintilia Ist hier Zuhause
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