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| "Zutextung" = Überforderung? | |
| Autor | Nachricht |
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peruzzi Hat sich hier schon eingelebt
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| Thema: "Zutextung" = Überforderung? Mo 29 Feb 2016, 07:33 © peruzzi | |
| Hallo,
da ich ein absoluter Laie mit dem Umgang mit Demenzkranken bin, möchte ich die Chance gerade hier nutzen, mir Tipps mit dem Umgang mit Demenzkranken geben zu lassen.
Meine Schwiegermutter wohnt bei uns in der Einliegerwohnung. Nach der Arbeit, wenn ich mit dem Kochen fertig bin (meine Frau ist in dieser Zeit bei ihr unten, weil ich so gerne koche) gehe ich zur ihr runter und unterhalte mich noch mit ihr. Über die Arbeit, aktuelle Themen wie die Haushaltsauflösung meiner erst vor kurzem verstorbenen Eltern oder Dinge aus dem Alltag. Dabei ist sie stets neugierig und fragt natürlich auch nach. Sie fragt auch innerhalb einer halben Stunde manchmal 2x dasselbe.
Deshalb stellt sich für mich die Frage ob ich durch meine "Zutextung" sie einfach überfordere? Sollte ich lieber über belanglosere Themen, wie das Wetter mit ihr reden? Ich habe aber immer das Gefühl, dass sie wirklich an allem was ich ihr erzähle interessiert ist. Wenn ich einen Marathon gelaufen bin möchte sie bis ins Detail alles wissen, wo, wie was wann? Ist das sinnvoll ihr alles ganz genau zu sagen. Ich möchte sie einfach nicht überfordern.
Also mehr oberflächige Themen oder doch ins Detail?
Ich bin schon auf eure Meinungen gespannt.
Liebe Grüße
Werner |
| | | Bine Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: "Zutextung" = Überforderung? Mo 29 Feb 2016, 09:11 © Bine | |
| Hallo Werner, es ist super, dass du deine Schwiegermutter durch deine Erzählungen und eure Gespräche an deinem Leben teilhaben lässt.Durch ihre Nachfragen zeigt sie dir, dass es sie interressiert und sie dir auch noch folgen kann. Und ja, du wirst ihr einiges doppelt und mit der Zeit auch noch öfter erzählen müssen. Mit der Zeit wirst du an ihren Fragen und Reaktionen oder auch durch das Fehlen solcher, merken, dass es sie überfordert. Dann kannst du immer noch über das Wetter reden Aber solange sie nachfragt, sprich mit ihr. Es ist wie Gedächtnisstraining und es lässt sie am "normalen" Leben teilhaben. Liebe Grüße Bine |
| | | Kathra Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: "Zutextung" = Überforderung? Mo 29 Feb 2016, 09:40 © Kathra | |
| Hallo Werner,
ich finde es auch toll, das deine Schwiegermutter noch so wissbegierig ist. Und ob du sie überfordern würdest, da bin ich ganz bei Bine, du würdest es sicher bemerken.
Ich wünsche dir alles Gute!
Liebe Grüße Kathra |
| | | gisela Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: "Zutextung" = Überforderung? Mo 29 Feb 2016, 11:15 © gisela | |
| lieber Werner
ich find´s auch sehr schön, wie du deine schwiegermutter an eurem leben teilhaben lässt. das sie so wissbegierig nachfragt zeigt, dass sie noch viel Interesse an ihrem Umfeld hat, was bei vielen demenzkranken im späteren Stadien nicht mehr der fall ist. ok, sie fragt vielleicht 2 oder 3 mal das gleiche, aber das ist nicht schlimm, sie hört dir zu und wird miteinbezogen, das ist wichtig. wenn sie durch deine Erzählungen überfordert ist, wirst du es merken, sie wird unruhig wenn du erzählst, beschäftigt sich mit anderen dingen, fragt nicht mehr nach. solang das noch nicht so ist, stör dich nicht an mehrmaligem nachfragen, sondern freu dich an ihrem Interesse.
lieben gruß gisela
lieben gruß gisela mein Vorbild ?....der Löwenzahn...wenn er es schafft durch Asphalt zu wachsen...kann auch ich scheinbar unmögliches schaffen |
| | | Admin Administrator
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| Thema: Re: "Zutextung" = Überforderung? Mo 29 Feb 2016, 15:27 © Admin | |
| Lieber Werner Ich kann mich nur den Worten der Anderen anschliessen. Möchte aber dennoch etwas dazu sagen. - peruzzi schrieb:
- Dabei ist sie stets neugierig und fragt natürlich auch nach. Sie fragt auch innerhalb einer halben Stunde manchmal 2x dasselbe.
Ihre Neugierde und das Nachfragen zeigt ihr Interesse Dementsprechend würde sie sich vermutlich im Innersten auch nicht ernst genommen, oder gar verletzt fühlen, wenn du nur noch "übers Wetter" reden würdest. Die Tatsache, das sie mehrmals wieder dasselbe fragt würde ich ganz klar so sehen: - peruzzi schrieb:
- Ich möchte sie einfach nicht überfordern.
Ich verstehe zwar deine fürsorglichen Gedanken. Sehe es aber nicht als Überforderung an, sondern eher, das sie es wirklich unbedingt ins Detail wissen und anteil nehmen möchte, aber die Demenz da einen Streich spielt, wo sie dazu zwingt mehrmals dasselbe zu fragen.... Nein du überforderst sie nicht - und an diesem Punkt nichtmal die Demenz. Denn diese zwingt sie nur, dass du für sie auch die Erinnerung sein musst, die mehrmaliges - und auch bewusst gewünschtes - Erzählen fordert. Wenn ich deine Zeilen lese, dann geht bei mir das Herz auf und ich möchte dir mit jeder Zelle darin zurufen: Geniesse die Zeit, ihrer noch möglichen - und erst noch gewünschten und geforderten -Anteilnahme. An dieser wirst du später noch lange zehren können Sehe es also bitte nicht als Überforderung an, denn wäre es das, dann würde sie dich auch nicht mehr fragen (da kannst du dir ganz sicher sein). Sehe es aus ihrer Sicht so an, das bei jeder Wiederholung, deine Antworten von Neuem als 100%-ige Anteilnehmen auch wieder von Neuem genossen werden dürfen. Und das sowohl von deiner Schwiegermutter wie auch von dir
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden." |
| | | Rita Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: "Zutextung" = Überforderung? Mo 29 Feb 2016, 18:34 © Rita | |
| Lieber Werner,
nein, ich denke nicht dass du sie überforderst, sonst würde sie nicht interessiert zu hören. Mach ruhig weiter so, erzähle ihr möglichst noch ganz lange jeden Tag was so war und wie und was, lass sie teilhaben, ich denke sie geniesst es auch ein Teil davon zu sein, und dass du dich um sie kümmerst und mit ihr redest.
Das ist schon alles ok. Nur keine Angst, du merkst es dann schon wenn es ihr Zuviel wird, wenn sie z.B. teilnahmslos oder müde.
Einen Rat kann ich dir geben : rede mit ihr, erzähl ihr weiterhin, solange es noch geht. Meine Mutter hat sehr rasch mal gar nichts mehr gesprochen, zugehört hat sie noch lange, aber selber gesprochen nicht. Von dem her : geniesse die Zeit mit ihr jetzt wo sie auch noch Fragen stellt (und wenn's 5 x dieselbe ist, egal, tu als hätte sie nicht schon 4 x gefragt).
Rita |
| | | peruzzi Hat sich hier schon eingelebt
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| Thema: Re: "Zutextung" = Überforderung? Di 01 März 2016, 07:00 © peruzzi | |
| Hallo ihr Lieben,
vielen Dank für eure Meinungen.
Ich werde eure Ratschläge gerne aufnehmen. Es ist auch angenehmer in einen Dialog mit ihr zu treten. Wenn ich teilweise lese, wie schlimm die Demenz bei anderen Angehörigen in der Community oder aber auch im Bekanntenkreis ist, können wir noch zufrieden sein. Bei ihr fing es vor über 5 Jahren an. Nehme ich jetzt die komplette Zeit so hat sich nicht so gravierend viel verschlechtert. Körperhygiene etc. ist überhaupt kein Thema. Wenn wir sie quasi kurzfristig ohne Vorankündigung "überfallen" und sie irgendwo hin mitnehmen wollen fragt sie sofort ob ihre Haare überhaupt noch in Ordnung sind. Ebenso Mundhygiene etc.. Das finde ich am allerwichtigsten. Das sie oftmals nicht mehr weiß, was vor 5 Minuten gesprochen wurde sehe ich dahingehend entspannter und werte, wie von euch bereits geschrieben, das Nachfragen als Neugierde bzw. als Interesse an der Thematik.
In der schweren Zeit mit meinem demenzkranken Vater und der pflegebedürftigen Mutter, was ja erst ein paar Monate zurückliegt, konnte ich mit ihr immer wie mit einem gesunden Menschen reden. Da merkte man ihr ihre eigenen Probleme kaum an.
Hoffen wir, dass es noch lange so bleibt und die "geistige Verabschiedung" weiterhin langsam voranschreitet. So haben wir noch genügend Zeit miteinander. Für meine Frau wird es sicherlich sehr schlimm werden, denn sie liebt ihre Mutter über alles.....und ich war ihr schon immer viel näher als meinen eigenen Eltern.
Nochmals Danke für eure Sichtweise und eine schöne Woche wünscht euch
Werner |
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