Ich möchte euch gerne einfach mal nach eurer Sichtweise fragen...
Vater ist dement, Mitte 70. Seine 20 Jahre jüngere Ehefrau pflegt ihn seit fast fünf Jahren Zuhause, inzwischen Pflegestufe 3... Tagespflege, Pflegedienst usw wird in Anspruch genommen. Wenn er in der Tagespflege ist, geht sie neuerdings zu einem anderen Mann. Streng genommen geht sie fremd. Wie beurteilt ihr die Situation. Ist das unmoralisch von der Ehefrau? Oder normal? Oder eher :"WIE IN GUTEN SO IN SCHLECHTEN ZEITEN! " Ich habe keine Meinung gerade...

Ich kann sie verstehen - so leid es mit tut. Sie ist 50, eine junge Frau. Gönn es ihr.

Sei nicht so streng, ich sehe es,wie Lucky, gönn es ihr.
Wenn der Vater gut versorgt ist, ist es doch ok.

Jutta

sie ist doch noch recht jung, und Pflege ist schon sehr anstrengend.
So holt sie sich eben so die Erholung von ihrem stressigen Alltag.

Im Normalfall wär's ja Ehebruch, aber unter diesen Umständen finde ich es ok.
Sie braucht einfach einen Ausgleich, und du weisst ja auch nicht was zwischen den Beiden läuft. Auf jeden Fall hilft es ihr sicher den Stress durch zu stehen.

Rita

Hallo Schwierigschwierig

Ich persönlich würde mich hüten mir in so einer Situation ein (Ver-)Urteilen zu erlauben. Erst recht da bei einer Demenz der Inbegriff einer Partnerschaft und dessen Miteinander selbst im optimalsten Fall früher oder später ins "Vergessen" gerät....

Schwierigschwierig schrieb:

"WIE IN GUTEN SO IN SCHLECHTEN ZEITEN! "

Wenn ich deine Zeilen lese, sehe ich nichts, wo nicht gerade das auch gelebt wird. Denn die Frau deines Vaters, war seit Jahren schon für ihn und seine Bedürfnisse in der Fürsorge und Pflege da und ist es immer noch. Wärend in der Zwischenzeit jedoch für deinen Vater nicht mehr das "Partnerschaftliche" als solches zählt sondern die Wahrnehmung seiner täglichen Bedürfniss und der liebevollen Wahrnehmung von einer in Liebe mitfühlenden Bezugsperson, entstand bei seiner Partnerin ein wachsendes Vakuum ihrer eigenen Bedürfnisse gegenüber, wo sie selber vermutlich lange zurückgestellt hatte. Mit anderen Worten: Wenn ihr neuer Partner ihr nun zu einer Kraftquelle wird, damit sie weiterhin für ihren Mann liebevoll und ohne dabei zu verbittern, in tiefer Verbundenheit da sein kann, wem sollte es da schaden? Manchmal ist es vermutlich wirklich das kleinere Übel, einen neuen Partner zur Seite und emotionalen Unterstützung zu haben, als z.B als "Zwangs-treue-Ehepartnerin" mit Lebensverbitterung langsam durchsäuert zu werden und in der Hilfe folgedessen auch schrittweise zu erblinden.

Selbst wenn ich vermutlich persönlich nicht diesen Weg wählen würde, heisst es dennoch noch lange nicht, das ich nicht auch anderen Verhaltensmuster eine Lebensberechtigung zusprechen will. Hauptsache es wird dabei kein direkt Betroffener ungerechterweise in Mitleidenschaft gezogen

Ich hüte mich überhaupt, ein Urteil abzugeben. Weder Moral noch Anstand noch Sehnsucht noch Wollen oder Können - das mag jeder für sich selber entscheiden. Was macht es für einen Sinn, jemanden in seinem Tun zu verurteilen? Was wissen wir schon voneinander, wie unser Leben mit unseren Partnern und Eltern VOR, während und nach der Demenz ist oder war? 

Ich bin es, ehrlich gesagt, so leid, dass man Urteile über ein "Das macht man nicht!" fällt, wo nehmt ihr bloß alle diese Zeit und Kraft dafür her?
Leben ist so vielfältig. 
Lasst es auch so sein. 

Grrrr
Ute

Danke für eure Antworten, ihr sprecht mir aus der Seele. Ich sehe es ähnlich wie ihr und wollte einfach mal wissen ob ich mit meiner Einstellung völlig falsch liege. Dem scheint aber nicht zu sein. Diese Krankheit ist so zermürbend und kaum einer der es nicht selbst erlebt, kann verstehen was sie Krankheit mit Familien macht....