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Ann Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Di 14 Jan 2014, 17:13 © Fussel | |
| Sehr interessant zum Thema Pflegebedürftigkeit sind auch die Studien von Angelika Abt-Zegelin: http://grid.bb-trier.de/bk_trier/Medizin-Pflege/pflege/Pflegekongress_2010/Herausforderung-Bettlaegerigkeit-Zegelin.pdf?WSESSIONID=90d3732e247b79305c5b8101662c5be1
Die meißten bettlägerigen Patienten sind einfach irgendwann liegen geblieben, als es ihnen wegen irgendeiner Erkrankung gesundheitlich schlecht ging, aber auch weil man sie nicht mehr aus dem Bett geholt hat bzw. diese nicht mehr aus dem Bett wollten.
Man kann auch Pflegefälle basteln in dem man zu wenig fordert, oder zuviel abnimmt.
Liebe Grüße Fussel |
| | | Biggi Moderator
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| | | | Fussel Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 08:52 © Fussel | |
| Prof. Angelika Abt- Zegelin hat zu dem Thema Bettlägrigkeit etliches publiziert, daß man im Net nachlesen kann, aber auch zu anderen Themen wie Inkontinenz .
Ich finde es immer schlimm, wenn man in der Klinik nach dem Frei oder Urlaub erst einmal nachforschen muß: Warum liegt dieser oder jener Patient im Bett? Ist das überhaupt notwendig?
Ich möchte nicht ständig auf den Pflegenotstand herumreiten, aber alleine kann man manche Patienten wirklich nicht mobilisieren. Das ergibt sehr große Qualitätseinschnitte.
Technische Hilfsmittel wie Lifter usw. sind oftmals nicht vorhanden, weil eher ein neues MRT Gerät für ein paar Millionen angeschafft wird, als ein Lifter oder Hilfsmittel.
Natürlich lernt das Pflegepersonal Kinaesthetik und Techniken, wie man Patienten bewegt , rückenschonend arbeitet usw.
Dennoch haben die meißten nach einigen Jahren große körperliche Probleme, vor allem weil die Patienten immer widerwilliger mit den Techniken arbeiten, oder zuhause anders bewegt wurden.
Etliche schimpfen natürlich wenn sie aus dem Bett sollen, Schmerzen haben und natürlich auch, wenn sie nicht sofort wieder ins Bett zurückgelegt werden können, weil andere Arbeiten in dem Moment wichtiger sind.
Am Schlimmsten finde ich allerdings das Problem, daß die erlernte Technik boykotiert wird, mit denen man seine Gelenke schonen kann.
Sehr oft finde ich Verwandte vor, die mir vorschreiben wie SIE den Patienten zuhause heben.
Ein kinaethetischer Transfer vom Bett in den Rollstuhl ist kaum mehr anwendbar, weil kaum ein Patient mitspielt. Ohne diese kinaesthetischen Techniken mag ich aber keinen Patienten mehr bewegen, weil die Folgen nach etlichen Jahrzehnten Krankenpflege für den Körper des Pflegepersonals ( auch für den der Verwandten) ernst sind, und eigentlich sind diese auch für den Bewegungsapparat der pflegenden Angehörige ernst. Nur bewegen diese meißtens einen Patienten über einen begrenzten Zeitraum. Würden diese die Mengen Patienten über 30 -40 Jahre bewegen müssen, dann kämen sie ebenfalls sehr schnell an die Grenzen ihrer körperlichen Möglichkeiten.
Der Kraftaufwand einen Patienten nach kinaesthetischen Grundsätzen zu bewegen ist relativ gering. Kinaesthetik ist aber mit einem Patienten der dagegen arbeitet unmöglich und sogar gefährlich. Eigentlich müßten diese Kinaesthetikkurse obligatorisch für pflegende Angehörige sein, als auch für das Pflegepersonal. Auch hier stelle ich große Defizite beim Pflegepersonal ( vor wenn die Ausbildung nicht in Deutschland stattgefunden hat) fest. Wenn der Patient es gewöhnt ist mit reiner Körperkraft gehoben zu werden, dann bekommt man die nötigen Handgriffe nur noch sehr schwer vermittelt. Nicht selten macht dieser innerhalb der fließenden Bewegung Abwehrbewegungen und es kommt zu sehr schweren Schädigungen beim Pflegenden.
In der Klinik erlebt man kaum einen Pflegefall, der eingeliefert wird und der einen Kinaesthetik-Transfer kennt.
Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=JgAbEz559QU
( Das muß nicht schwer sein und kann in 1 Minute erledigt sein. Du findest auch noch andere Videos zum Thema Kinaesthetik im Net und auf der angegebenen Seite.)
Auch wenn Dir diese Griffe schon bekannt sind, dann helfen diese Filme evtl. anderen pflegenden Angehörigen.
Es vergeht leider kaum ein Tag , an dem mir nicht ein Verwandter beibringen möchte wie ich zu heben habe.)
Das ist in Deutschland fast eine Unart geworden mit der "Diskusionsfreudigkeit" in der Pflege( man könnte das fast auch Streitsucht und Besserwisserei nennen), bei der ich mich frage woher dieses Phänomen kommt.
Mit Hilfe der Kinaestehtik könnte ich einen Patienten mit einer Hand und einer Bewegung im Bett drehen ohne mir weh zu tun.
In dem Film sieht man aber schon, daß der Transfer nicht funktioniert, wenn der Patient sich wehrt oder dann mitten in der Bewegung Abwehrbewegungen macht, oder sich dagegen stemmt.
Dann zieht der Patient einem die "Gräten" auseinander.
Auch die Rollstühle müssen so "fit" sein, daß die Seitenteile abnehmbar sind. Hier hapert es meist daran, daß Jahrhunderte altes Material zur Verfügung seht oder nicht ausreichend Platz zur Pflege vorhanden ist.
Mit eingeschobenen Betten in einem Patientenzimmer geht das schon gar nicht.
Liebe Grüße Fussel |
| | | Ehemaliges-Mitglied "GELÖSCHTER USER"
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 10:17 © Ehemaliges-Mitglied | |
| Hallo Fussel,
ich lese deine Berichte sehr gerne, weil sie oft den Punkt treffen. Was das mobilisieren im Krankenhaus betrifft , habe ich ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Da die Pflegenden aus sehr unterschiedlichen Kulturen kommen, unterschiedliches Pflegeverständnis haben, sich auch oft hinter Sprachschwierigkeiten verstecken, sehr oft wechseln, ist es sehr schwierig einen Standard zu erarbeiten und erhalten. Sehr oft erlebte ich bei der Übergabe : Herr M. wollte übers Wochenende nicht aufstehen ... usw
Meine jetzige Station hat einen strengen ausgearbeiteter Standard und meine Vorgesetzte achtet sehr darauf, dass danach gearbeitet wird. Aber das ist harte Arbeit und leider eine Ausnahme. Die Schwierigkeiten mit den Angehörigen erlebe ich so ausgeprägt nicht, eher , dass die Ansprüche steigen, nach dem Motto : erst komme ich, dann lange nichts. Oder ich höre Sätze wie : jeden Monat zahlen wir xxxx € in die Krankenkasse, dann steht mir das .....zu.
liebe Grüße
Maria |
| | | dirtsa66 Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 11:00 © dirtsa66 | |
| Liebe Fussel,
Danke für die tollen Infos ! Ich hab mir grad das Video angeschaut. So hab ich das noch nie gesehen - ind ich toll und schaut auch nicht schwer aus.
Dann allerdings hab ich mir das bei meiner Mama vorgestellt, die doch sehr steif ist und vor allem auch Angst bekommt wenn sie nicht weiss was geschieht (und es nicht mehr versteht wenn man es ihr erklärt).
Ich kann mir schon vorstellen, dass es dem Pfleger da nicht gelingen würde sie so vom Bett auf dem Stuhl zu bringen.
Bei ihr geht es zwar hauptsächlich um das "vom Stuhl aufstehen" oder "von der Bettkante aufstehen" bei dem Sie Hilfe braucht, aber an manchen tagen, wenn sie nicht "steht" was auch vorkommt muss man sie von der Bettkante in den Rolli bringen und da wäre das schon brauchbar. Allerdings hab ich noch nie gesehen, dass ein Pfleger oder ein Pflegerin das probieren - und ich rede sicher nicht drein,wie sie etwas machen sollen.
Ich weiß auch gar nicht ob solche kinesiologischen Transfers bei uns unterrichtet werden - also eher nicht, hätt ich mal gesagt....
Alles Liebe Astrid
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| | | Fussel Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 13:19 © Fussel | |
| Das sind leider meißtens teure Sonderfortbildungen, deren Kosten auch von den Kliniken und Pflegeheimen nicht oft übernommen werden. ( kaputt gibt neu (es Pflegepersonal ;-)).).
Meißtens erhält man ja innerbetriebliche Fortbildungen, die ausschließlich dafür da sind Kosten zu sparen.
In Rehabilitation wird soetwas nahezu immer angewendet und auch gelernt, vom Pflegepersonal, aber auch von den Patienten.
Nicht alle Griffe sind für alle Patienten möglich, aber es gibt auch andere kinaesthetische Tricks, die dann zur Anwendung kommen können.
Du wirst im Internet wenn Du Kinaesthetik eingibst etliche Erklärungen und auch Filme zu dem Thema finden, von denen man einiges sicherlich anwenden kann.
Sicherlich werden einige fündig, daß etwas passendes für ihren Pflegefall dabei ist und schonen ihre Gelenke und ihre Wirbelsäule dabei etwas mehr.
Wenn die Praxisanleitung diese Kinaesthetikausbildung hat, dann profitieren natürlich die Schüler davon. Die meißten Dozenten in den Kranken/ Altenpflegeschulen sind schon so lange aus der Praxis heraus, oder haben kaum mehr praktische Erfahrung, sodaß das leider total untergeht.
Liebe Grüße Fussel |
| | | Tina Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 13:34 © Tina | |
| Den Film konnte ich mir leider nicht ansehen. Aber wir hatten letztens eine Fortbildung, bei der Kinaesthetik vorgestellt wurde, auch anhand von praktischen Beispielen. Ich hatte noch nie in meinem Leben von so was gehört und ich war schwer beeindruckt. Diese Bewegungsabläufe sind für das Personal absolut rücken- und kräfteschonend, der Patient empfindet sie als angenehm. Es gibt kein Herzumgezerre und keine Gewaltakte, so wird Abwehrverhalten von Anfang an vermieden.
Mir ist es unverständlich, warum die Kinaesthetik nicht überall angwendet wird. Auch ein Arbeitgeber profitiert davon, wenn sein Personal weniger ausfällt. Dies hat man wohl durch Studien belegt.
Die Kinaesthetik wird bei uns an den Pflegeschulen gelehrt. Man sagte allerdigns, dass diese Wissen, und auch das Verständnis dafür sehr schnell verloren geht, wenn es im Alltag nicht praktiziert wird.
Schöne Grüße von Tina |
| | | Paula Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 13:51 © Paula | |
| Hallo Fussel und Astrid,
während der Ausbildung meines Sohnes zum exam. Altenpfleger, gehörte das Thema Kinaesthetik zum Unterrichtsstoff. Wie, und ob die Pflegekräfte dieses dann, im Pflegealltag um- und einsetzen, mag ich zu bezweifeln. Genauso sehe ich den Einsatz von Umsetzliftern. In vielen Einrichtungen stehen diese, obligatorisch auf dem Flur, aber werden sie oft genutzt?
Gerade der Transfer, ob vom Bett in den Sessel oder Rollstuhl, oder wieder ins Bett, stellt pflegende Angehörige vor große, meist körperliche Probleme. Viele haben doch nie einen Pflegekurs besucht, oder werden von den behandelnden Ärzten auf Hilfsmittel ausreichend hingewiesen.
Liebe Grüße Paula |
| | | Lichtblick Ist hier Zuhause
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| Thema: NDR Sendung Mi 15 Jan 2014, 14:52 © Lichtblick | |
| Einige Wohlfahrtsverbände bieten den Kurs Kinaesthetik an. Zahl der Teilnehmer ist wichtig,denn dann übernehmen die Krankenkassen die Kosten.Habe diesen Kurs selbst gemacht obwohl ich nichts mit Pflege zu tun hatte.Zuerst war ich verunsichert,doch auch den anderen im Kurs gings nicht anders.Aber schnell merkten wir wie einfach manche Handgriffe und Bewegungen umgesetzt werden können.Die Angehörigen sollten meiner Meinung nach zuerst immer einen Kurs für die Pflege besuchen,bevor sie pflegen dürfen. Es gibt soviele Kurse die man besuchen kann und die meisten sind kostenlos.Aber nur weinge nutzen diese Angebote.Einfach schade. Die Erfahrungen die Fussel geschrieben hat,zeigen den wirklichen Alltag in der Pflege. LG Lichtblick |
| | | dirtsa66 Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 15:30 © dirtsa66 | |
| Liebe Lichtblick, - Zitat :
- Die Angehörigen sollten meiner Meinung nach zuerst immer einen
Kurs für die Pflege besuchen,bevor sie pflegen dürfen. Da musste ich jetzt ein bisschen lachen. Ja, wenn ich rechtzeitig gecheckt hätte, was auf mich zukommt, dann hätte ich das sicher gemacht, aber das hab ich nicht. Man wird von der Situation überrumpelt und plötzlich muss man - grad gingen die Dinge noch selbst, auf einmal braucht der Angehörige Pflege. Ich hab erst mit Mama zusammen Papa gepflegt und dann Mama. Als ich bemerkt habe, dass ich eigentlich schon "pflege" war es für einen Kurs zu spät - ich hatte einfach nicht die Zeit und die Möglichkeit (konnte ja Mama nicht alleine lassen...). Mit dem was ich jetzt weiß würde ich so einen Kurs sofort machen (Kinesiologie hab ich bei uns aber noch nie gesehen) - aber meistens erwischt es einen mit der Pflege so kalt, dass es schon zu spät ist. Mir ging es halt so, leider.... AllesLiebe Astrid
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| | | Paula Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 16:14 © Paula | |
| Hallo Astrid,
ich glaube es geht vielen so, wie es dir ergangen ist. Man steht, ohne Vorahnung, vor dieser pflegerischen Situation. Immer mehr alte Menschen sind alleine, ohne Angehörige, und immer mehr Ehepartner und/oder Kinder werden mit dieser Situation überrascht.
Wir wurden nie von behandelnden Ärzten angesprochen, wer z.B. nach OP`s der Eltern, oder nach Krankenhausaufenthalten, die Versorgung und Pflege sichert, geschweige jemand hätte danach gefragt, ob wir das können, oder Hilfe benötigen. Auch nach der Diagnose "Demenz" bei meiner Mutter, durch den Neurologen, haben wir keinerlei Empfehlungen oder sonstiges erhalten.
Wer sich nicht auskennt, und speziell nachfragt, was man als Angehöriger tun kann, den läßt man im "Regen" stehen.
Zum Glück habe ich schon vor 10 Jahren einen Pflegekurs besucht, und vor 3 Jahren einen Kurs für Angehörige mit Demenz. Zwar habe ich damals diese Kurse mehr oder weniger, aus beruflichen Gründen besucht, aber heute bin ich froh über das, was ich weiß.
Liebe Grüße Paula |
| | | Fussel Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Mi 15 Jan 2014, 16:50 © Fussel | |
| Mit der Kinaesthetik kann man einen Patienten bis zu einem gewissen Gewicht nahezu alleine bewegen, ohne viel Kraft einsetzen zu müssen.
Manche Pflegekräfte in der Klinik befürchten, daß sie sich damit selbst wegrationalisieren, und andere krempeln schon mal die Ärmel hoch und stürzen sich besonders mutig auf das "Gezerre", als wäre das besonders fleißig, je mehr man hebt und stemmt.... ( Das erlebe ich häufig bei Pflegekräften aus dem Ostblock).
Ich würde mal vermuten, daß einer der Gründe ist, daß die Ausbildungen in den verschiedenen Ländern total von einander abweichen, aber auch der Aufgabenbereich des examinierten Pflegepersonals.
In den meißten Ländern packt das examinierte Pflegepersonal überhaupt nicht alleine zu, sondern delegiert Arbeiten ausschließlich an Hilfspersonal.
Lediglich in Deutschland ist das examinierte Pflegepersonal für alles selbst zuständig.
Oftmals herrscht die Auffassung vor: Die Ausbildungen in anderen Ländern sind qualifizierter, was ich nun eigentlich nicht kommentieren und beurteilen möchte.
In anderen Ländern erwirbt man mit dem Examen gleichzeitig sein Abitur oder der schulische Anteil der Ausbildung umfaßt dann 2 Jahre Vorschule, die der Ausbildung zugerechnet werden.
In einigen Ländern handelt es sich bei der Ausbildung zur Krankenschwester um ein Studium.
Auf einen Nenner bringt man das nur schwer, auch wenn die Politik das gerne so sehen würde.
Im Moment reicht für die Ausbildung in Deutschland ein Schulabschluß der mittleren Reife, oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Allerdings wurden bis vor einigen Jahren hauptsächlich/nahezu ausschließlich Krankenschwestern/Pfleger mit Abitur ausgebildet.
Das ergibt je nach Land aus dem das Krankenpflegepersonal stammt, die verschiedensten Diskusionen und Problematiken. Meißtens weil sich die Schwester im Ausland die Finger nicht selbst schmutzig machen muß, die deutsche Schwester jedoch selbstverständlich.
Eigentlich sind das jeweils 2 verschiedene Paar Schuhe, über die sich Diskusionen nicht lohnen.
Fakt ist : Der Job muß von irgendwem gemacht werden und alle paar Jahre taucht ein Pflegenotstand auf, der mit Pflegekräften aus dem Ausland ausgeglichen werden soll.
In den 70/80 er Jahren wurde mit Personal aus den USA und Korea aufgestockt. Das war sehr gut ausgebildetes Personal. Danach folgte Pflegepersonal von den Phillipinen.
Hier merkte man in der Praxis einen großen Qualitätsunterschied zwischen den Ausbildungen die auf dem Festland oder auf den Inseln stattgefunden hatten.
Danach war dann der Ostblock dran mit dem Auffüllen der deutschen Defizite und Deutschland profitierte vom flüchtenden Pflegepersonal aus dem ehemaligen Jugoslawien um den Pflegenotstand der 90 er Jahre auszugleichen.
Den Pflegenotstand zu Beginn des 21. Jahrhunderts sollen nun Inder und Pflegekräfte aus Portugal, sowie Pflegekräfte die von der EU Regelung 2013/14 aus Rumänien/Bulgarien profitieren ausgleichen, die vor der Armut in ihrem Land flüchten.
Dahin gehend sollte der Personalmangel nun mit " billigem " Personal, aus den Deutschkursen ausgeglichen werden. Mit anderen Worten war die Idee: Solange diese Schwestern/Pfleger Deutsch lernen müssen, kann man diese dann günstig einkaufen und kostenlos mitarbeiten lassen.
Leider verstehe ich kein Wort, und ich weiß auch nicht wie ich als Praxisanleiter Lernaufgaben ausführen soll, wenn man mich nicht versteht und ich nicht mehr als "Bahnhof und Kofferklauen "verstehe.
Diese Pflegenotstandsgeschichte schaue ich mir nun das 4. Jahrzehnt lang an.
Das Rad wird immer wieder neu erfunden.
Anstatt für das ausgebildete Personal Grundlagen zu schaffen, daß diese gerne im Beruf bleiben und das auch gesundheitlich so lange aushalten, wird ganz Europa und der Rest der Welt verschlissen....
Aber warscheinlich bin ich zu dumm um das zu verstehen und werde einfach immer dümmer je älter ich werde, und je länger ich mir das anschaue.
Die Arbeitsbedingungen und die Situation wird allerdings immer unschöner, und es macht kaum noch Spaß, wenn man sich den ganzen Tag zeternde Menschen anhören soll.
Vor einigen Jahren lächelte einen so mancher Patient noch freundlich an.
Heute haben wir eine Beschwerde- und Anspruchshaltung, die einfach nicht mehr schön ist, und an den einfachsten Umgangsformen mangelt es, und das nicht nur bei unserer Jugend.
Seitdem Patienten Kunden sind, ist das bedeutend schlimmer geworden.
Natürlich zielt die Pflege von Kunden auf den Profit einer Firma ab und Schwester Stefanie hat ausgedient.
Man kann sich also nicht einmal mehr vormachen, daß man etwas besonders Gutes oder menschen- freundliches arbeitet.
Liebe Grüße Fussel |
| | | quid.novi Ist hier Zuhause
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| | | | Fussel Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check Do 16 Jan 2014, 09:39 © Fussel | |
| Es gibt sehr viele interessante Pflegetechniken, die für demente Patienten anwendbar und erfolgsversprechend sind, wie zb. auch die basale Stimulation.
In den Kliniken ist die Durchführung nahezu unmöglich. Es gibt überhaupt keine Möglichkeit mehr damit zu arbeiten und das geforderte Pensum in der Arbeitszeit zu schaffen.
Das ist in der Pflege wie früher, wenn man als Kind ein besonderes Schaufenster zu Weihnachten angeschaut hat. Sieht alles fein und vielversprechend aus, aber man darf sich all die tollen Dinge nur von außen betrachten. Und anstatt sich mal ein paar Minuten für solche Arbeiten zu" stehlen", kocht man besser für Verwandte und Besucher Kaffee, damit diese auch außerhalb der Cafeteria gut versorgt sind und begeistert sind welcher Service ihnen geboten wird.
Liebe Grüße Christina |
| | | stellanne Ist hier Zuhause
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| | | | Silvi Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check So 19 Jan 2014, 05:48 © Silvi | |
| Tja leider wird in der Pflege nur noch im Akkord gepflegt , weil einfach zuwenig Personal da ist !
Was ich auch erschreckend finde ist, es werden die Heime ja BENOTET , vor ein paar Jahren lagen die meisten Einrichtungen noch bei einer 3 ,heute hat fast jedes Heim eine 1, !
Man kann also nicht mehr daraus erkennen welches Heim nun tatsächlich gut ist ! Nur weil alles hübsch angestrichen ,dekoriert , eingerichtet und es angeblich auch beschäftigungsangebote gibt !
In der Realität sieht doch alles anders aus ! Habe gestern noch mit einer Kollegin gesprochen die bei uns in der Jungen Pflege als HEP ,zur Betreuung eingestellt worden ist , um eben mit unseren Bewohnern sich zu beschäftigen , erzählte mir das sie Gekündigt hat ,weggeht !
Leider ! Weil sie fast nur noch in der Pflege ist , sie hat von Oktober bis jetzt gerade mal 15 mal Betreuung machen können !
Das ist ein Witz , bei uns sind die Bewohner ja noch relativ Jung und viele sitzen auf ihren Zimmern und wissen nicht was sie machen sollen ! Langweilen sich zu Tode ! O Ton einer Bewohnerin !
Leider gibt es zu wenig junge Leute die diesen Beruf lernen wollen , einfach zu schlecht bezahlt ,zu wenig Zeit ! Viele kommen ja und wollen eben nicht nur Akkord Pflegen ,sondern wollen sich auch für den Bewohner Zeit nehmen ! Dann kommt die Ernüchterung !
Ganz Ehrlich , Ich habe jetzt schon Angst davor wenn ich mal Pflegebedürftig werde ! Wie soll das in 15-20 Jahren mal aussehen ? |
| | | Fussel Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check So 19 Jan 2014, 09:25 © Fussel | |
| Die wenigsten Jugendlichen mit passendem Schulabschluß sind wild auf eine Pflegeausbildung. ( in der Krankenpflege ist ein Abschluß der mittleren Reife (mindestens) die Zugangsvorrausetzung zur Ausbildung oder eine abgeschlossene Berufsausbildung.)
Von denen die den Beruf gewählt haben, möchten wiederum die wenigsten in der Pflege bleiben, sondern die möchten sich weiter qualifizieren um aus der Pflege heraus zu kommen.
Mein Sohn hat Krankenpfleger gelernt, ( seine Intensivausbildung und PDL Ausbildung gemacht, arbeitet nun als PDL und ist gerade dabei sich selbstständig zu machen.
Als er mit der Ausbildung begann, wurde er von den Kollegen und auch deren Eltern ausgelacht, daß er die Hintern abwischen wollte und in den Windeln wühlen.
Die Pflegeberufe sind überhaupt nicht attraktiv für die Schüler mit den passenden Noten und der passenden Qualifikation.
Wenn ich mich hinsetze um mein Brötchen zu essen, dann finden sich in der Regel zig Patienten, Besucher und Angehörige, die sich mokieren, daß ich mein Pausenbrötchen esse. Die Station kann ich aber dazu nicht verlassen, weil immer 2 Schwestern auf dieser Abteilung bleiben müssen. Die Pause wird wie in anderen Berufen nicht bezahlt. Wenn ich über 9 Stunden im Dienst bleiben muß, dann zieht man mir von der Arbeitszeit eine 2. Pause ab, die ich nicht gemacht oder bekommen habe. Du beißt in kein Butterbrot ohne daß das Telefon geht oder ohne daß einer den Pausenraum stürmt, weil er denkt: Prima, jetzt sitzt die Schwester und kann nicht weg. " Ich will einen Löffel, brauche dies oder jenes usw. Zwischen den Bissen ins Brötchen soll man am besten Thrönchen tragen gehen. Ich kann mittlerweile wie eine Eierschlange ganze Kartoffeln ungekaut schlucken. ( Nur macht das die gesundheitliche Verfassung ab irgendeinem Alter nicht mehr mit und hinter läßt körperliche Schäden.)
Auf der Station arbeitet der Kollege ja weiter und ist evtl. gerade in einem Patientenzimmer. Man wechselt sich mit den Kollegen ab um sein Brötchen essen zu können, oder auch mal etwas zu trinken.
Ich erinnere mich an einen Beitrag in einem dieser "Bewertungsportale." Da schrieb ein Patient eine Beschwerde über einen Arzt. Der hätte sich eine Tasse Kaffee und Pommes geholt, anstatt ihn sofort zu behandeln. Den Arzt kenne ich. Der war 26 Stunden im Dienst und hat zwischendurch auch einmal etwas Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen müssen. Was nutzt einem denn ein Arzt, der kollabiert?
Als recht junger Mensch kann man das noch gut körperlich durchhalten.
Mit zunehmendem Alter merkt man, daß diese Art zu arbeiten, zu essen und zu trinken /bzw. nicht zu trinken, Venenentzündungen, Hämorrhoiden. Magenprobleme ( bishin zu einem Zwerchfellbruch) und etliche andere Erkrankungen macht.
Ich mußte letztens noch über meine Kollegin lachen. Die ißt gewohnheitsmäßig auch schon wie eine Eierschlange . Sie war in Kur und wurde dort im Eßsaal einem Tisch zugeordnet. Sie berichtete:" Du ich habe mich vielleicht geschämt. Was machen wir da überhaupt?"
Als sie im gewohnten Tempo zu essen begann, meinte ein Herr an dem Tisch: "Boah! Sie hatten aber einen Hunger....." Der war das Schlingen nicht gewohnt. Meine Kollegin schon...
Du bekommst auch wenn man am Schreibtisch oder den Kurven arbeiten muß, nicht einen Satz am Stück geschrieben ohne daß man unterbrochen wird.
Wenn man am Stationsarbeitsplatz Untersuchungen in den Rechner eingibt, dh. überall den entsprechenden Click hinsetzen mußt, ( das können für eine Aufnahme gut 100 / auch mehr, an verschiedenen Stellen sein, bei denen verschiedene für den Patienten durchaus existenziell sein können, jeder bedeutet einen Untersuchungsauftrag oder eine Bestellung. für einen Patienten. Das sind keine Computerspielchen die da stattfinden.) , dann schaffst Du das nicht ohne etliche male unterbrochen zu werden.
In den Arztpraxen stellen sich die Patienten am Arbeitsplatz an, warten bis die Sprechstundenhilfe, den Vorgang abgeschlossen hat. In der Klinik ist es so, daß auf einem losgestürmt wird und daß der Patient/ Angehörige /Besucher zu 99 % sofort loszetert wenn man konzentriert arbeiten muß/ sollte.
Auch bei den Eintragungen in die Doku. ( als wären das keine wichtigen Dokumente, schreibst Du keinen Satz zu Ende.) Wenn man sich das nachher durchliest, dann sind das kaum mehr zusammenhängend Sätze die man zustande gebracht hat.
Laßt die Leute ihre Sätze zu Ende schreiben, zu Ende telefonieren und auch die Eingaben in den Rechner am Stück zu Ende arbeiten.
Man kann sich nachher gut beschweren, daß etwas fehlt, wenn man hunderte mal von vorne beginnen muß. Unter den Voraussetzungen arbeitet kein anderer Arbeitnehmer.
Und vor allem: Wenn jemand nach einem Arztgespräch verlangt, dann ist der Vorgang in der Regel, daß man dies dem Arzt telefonisch mitteilt. Der kommt dann sowie er mit der Untersuchung, oder OP fertig ist. Alternativ macht man sich einen Termin beim Stationsarzt.
Es hat keinen Sinn, wenn man den Doc 100 mal anrufen und in der Tätigkeit unterbrechen muß. Der wird dadurch nicht schneller sondern langsamer fertig, wenn er ständig unterbrochen wird, und im Op kann er nicht das Messer aus der Hand legen. Gespräche am Wochenende und Feiertage sind meißtens zwecklos. Die funktionieren, wenn der Stationsarzt zufällig im Dienst ist. Der diensthabende Notarzt kennt den Vorgang und den Fall nicht. Der muß sich darin erst einlesen. Er kann den Vorgang auch nicht parat haben. Er kennt seine Patienten und seine Fälle, aber nicht die der Kollegen. Der kann sich auch nicht in die Maßnahmen des Kollegen einmischen oder zu den geplanten Entlassterminen äußern. Damit greift er in die Behandlung des Stationsarztes ein.
Was ebenfalls nicht funktioniert ist nach einer OP sofort den Operateur sprechen. Die stehen oft 8-10 Stunden und ziehen eine Op nach der anderen durch. Die legen das Messer nicht aus der Hand und haben nach der Op des Angehörigen Feierabend mit Operieren. Der Patient verläßt den Op Saal nicht halb operiert, oder unfertig operiert. Der Doc läßt den Patienten in der Regel nicht aus dem Op ohne daß er den geplanten Op Erfolg erreicht hat, bei einem Routineeingriff.
Ein anderes Verhalten bringt die Patienten regelrecht in Gefahr, daß ich jeden Tag erlebe. Der Patient ist operiert, liegt noch im Aufwachraum und die Angehörigen laufen Amok: " Warum ist der Patient noch nicht auf der Station?" Man soll dann alle 5 Minuten im Aufwachraum anrufen. Das ergibt dann folgende Situation. Der Aufwachraum gibt den Patienten ab, an die Station, weil ein Verwandter da ist der neben ihm sitzt und Auffälligkeiten anzeigen wird. Der Patient wird von den Monitoren abgenommen und auf die Normalstation verlegt. Nicht zuletzt würde das Personal im AWR nur noch am Telefon hängen statt seine Patienten versorgen können. Es dauert besser so lange wie es dauert, und was kann der Verwandte dem Patienten denn in der Zeit real helfen, wenn er die Sache in die Hand nehmen möchte? Dem einzigen dem geholfen ist, ist nicht der Patient, sondern dem "gesunden" Angehörigen.
Dieser schaut : Aha. mein Verwandter schläft. Nun dann gehe ich besser nachhause.;-)
Oops, und dann haben wir einen Patienten auf der Normalstation, der von den Monitoren abgenommen wurde, bei denen ich z.b. Schmerzmittel ganz anders dosieren könnte, als wenn er mit Monitor liegt und der zudem ohne Überwachung des Aufwachraums liegt. Was macht das für einen Sinn?
Damit tut man seinen Angehörigen nichts Gutes.
( Nicht böse sein, aber ich hoffe, wenn einige die Zusammenhänge der Abläufe kennen, daß sich diese "Unarten" in Zukunft etwas reduzieren könnten.)
Das ist kaum auszuhalten, wenn man unter diesen Voraussetzungen ständig seinen Dienst tun muß.
Wenn man sich mit seinem Getränk und seinem Butterbrot in den Aufenthaltsraum verzieht, weil man die Station zum Essen und zur "Pause" nicht verlassen kann, man aber dringend ein paar Minuten völlige Ruhe haben möchte. dann ist die Regel. Der nächste Besucher/Angehörige erscheint. " Ich will ja nicht stören, aber..." Es wird sich der Stuhl neben einem geschnappt und es wird ununterbrochen auf einen eingeredet, denn es ist ja gerade Pause.
Die Kollegen und selbst der Chefarzt möchten sich wenn sie nachhause kommen, meist nur noch in den Sessel setzen mit dem Kopf wackeln wie ein Wackeldackel und " wawawa" stammeln.
Allerliebste Grüße Fussel |
| | | Fussel Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check So 19 Jan 2014, 10:38 © Fussel | |
| Was kann jeder einzelne dazu beitragen, daß die Situation entschärft wird?
In erster Linie ist Geduld von beiden Seiten notwendig.
Wenn der Angehörige in die Klinik muß, dann benötigt er einen ausgestatteten Klinikkoffer mit Waschutensilien, bei Männern Rasierapparat, Kamm oder Haarbürste Handtüchern, Waschlappen, Mund- und Zahnpflegeutensilien, Nagelschere, Feile, Nachtwäsche, passendem Schuhwerk, sowie Kleidung und Socken, die der Patient auch bei Untersuchungen tragen kann zb. einen Jogginganzug.
( Kugelschreiber, evtl. ein Nackenhörnchen.) Bei Notfällen kann man das über kurze Zeit in der Klinik ausgleichen.
( Ich habe meiner Mom zum letzten Geburtstag einen voll ausgestatteten kleinen Koffer geschenkt, der wie bei einer Entbindung immer griffbereit im Schlafzimmer steht).
Zudem benötigt man einen Zettel mit verschiedenen Angaben, der zb. in dem Köfferchen liegen kann
-alle aktuellen Medikamente, die der Patient einnimmt. -Allergien -Adresse und Telefonnummer der Person die im Notfall benachrichtigt werden muß. ( eine Ansprechperson reicht aus, das Telefonregister muß nicht kopiert werden. - Angaben über eine Patientenverfügung oder Vorsorgebetreuung - Welche Grunderkrankungen und Operationen hat/te der Angehörige ? - Wer ist der behandelnde Hausarzt? ( der den Entlassbrief erhalten soll). - Adresse und Name des Pflegedienstes ( falls vorhanden) - Kopie des Organspendeausweises oder Allergiepaßes.
Alle Medikamente und auch das Insulin ( falls verordnet) sollten für den ersten Kliniktag mitgegeben werden. - Viele Medikamente müssen erst in der Apotheke bestellt werden. Die Lieferung mancher Medikamente kann auch in der Klinik bis zu 3 Tagen dauern, insbesondere am Wochenende.
Das erleichtert die Aufnahme in einem Krankenhaus enorm und man kann die Zeit, die man als Detektiv für diese Dinge benötigt in die Pflege investieren.
Desweiteren sollte man der Klinik EINEN Ansprechpartner benennen, der die Angehörigen informiert. Es ist unerquicklich, wenn 100 Ansprechpartner täglich erscheinen.
Ja, es ist notwendig wenn telefoniert werden soll, das Patiententelefon anzumelden.
Der Stationsapparat kann nicht für Privatgespräche benutzt werden. Wenn 40 - 50 Patienten täglich nur 5 Minuten telefonieren wollen, ist die Station von der Außenwelt in der Zeit abgeschnitten. Zudem bleibt es bei den kurzen Gesprächen nicht bei wenigen Minuten. Nicht selten wird der Apparat dann 20-30 Minuten beschlagnamt.
An den Arbeitsplätzen und in den Arbeitsbereichen darf sich kein Patient alleine aufhalten. Das heißt also, jemand müßte daneben stehen bleiben und sich in der Zeit langweilen, statt seine Patienten zu versorgen.
Für Gespräche mit dem behandelnden Arzt sollte man sich einen Termin geben lassen. In der Regel wird der dem angegebenen Verwandten auch telefonisch Auskunft geben, aber nicht während er im OP steht.
Man wartet zunächst die Untersuchungsergebnisse ab, um ein erneutes Gespräch mit dem behandelnden Arzt zu führen. Liegt eine Operation vor, dann lohnt es sich bis zum Tag nach der Op mit dem Gespräch zu warten, bis die erste Untersuchung nach der OP stattgefunden hat. Alles andere wäre Hellseherei. Diese Gespräche vereinbart man mit dem behandelnden Arzt.
( Nicht selten erlebe ich Angehörige die außer sich sind, weil der Doc ins Zimmer kam und ihren Angehörigen nicht untersucht oder behandelt hat. Das war dann unter Umständen der Gynäkologe oder ein Arzt einer Fachrichtung, die mit dem Nebenpatienten nichts zu tun hat, weil dieser nicht von ihm behandelt wird. Besser man fragt: Wer das gerade im Zimmer war, bevor die Tirade losgeht.)
Die Stationen werden in Bereiche aufgeteilt. Das bedeutet, das Pflegepersonal versorgt einen bestimmte Bereich. Für die vielleicht 30 Patienten des anderen Bereichs erhält das Pflegepersonal nur selten eine Übergabe und dafür ist es in der Regel auch nicht zuständig, und kann keine näheren Angaben zu Patienten der anderen Bereiche machen. Es hat wenig Sinn, sich dann über die Dummheit und Inkompetenz der Pflegepersonals auszulassen und dieses zu beschimpfen. Die Bereichspflege kann dazu Angaben machen. Es geht allerdings nur selten, daß man auch noch Patienten des anderen Bereichs mit versorgen soll, weil das zeitlich nicht funktioniert. Das hat also damit nichts zu tun, wenn man Sr. A angesprochen hat und diese den Bereich B nicht einfach mal nebenher mitversorgt, sondern ihre Arbeiten weiter verfolgt, den Wunsch an die Pflegeperson für den Bereich B weiter gibt.
Die meißten Mißverständnisse entstehen, weil das System natürlich nicht durchblickt werden kann.
Wenn ein weißer Kittel über die Station läuft, muß das nicht zwingend heißen, daß der überhaupt zur Abteilung gehört.
"Ich hab das schon einem gesagt." kann auch bedeuten, daß man sein Anliegen dem Malermeister erzählt hat, was man wünscht. Nicht alles was einen weißen Kittel trägt ist Pflegepersonal.
In dem Fall schellt man besser und wartet, bis der zuständige Pfleger für den Bereich erscheint. Dann hat man den passenden Ansprechpartner.
Die Hausordnung der Krankenhäuser beinhaltet fast in allen Kliniken, daß die Rufanlage nicht mißbraucht wird. Ein Tipp: Ich würde die Wünsche zusammenfassen und möglichst nicht alle 5 Minuten unnötig schellen. Denn im Notfall muß das System auch noch funktionieren und das Personal muß für die Rufanlage sensibel bleiben.
Keine Klinik darf irgendwelche Lebensmittel in den Kühlschränken lagern oder horten. Das möchte das Gesundheitsamt nicht haben. Es dürfen auch keine Lebensmittel neben Medikamenten gelagert werden. Außerhalb der Essenszeiten befindet sich kaum ein Lebensmittel auf der Station. Wenn eines vorhanden ist, dann ist das prinzipiell gegen die Vorschriften. Das bedeutet in der Praxis, daß man außerhalb der Essenszeiten Früh- Mittag und Abendessen über keinerlei Reserven verfügt, die man einem Patienten der hungrig ist anbieten könnte. Das Essen wird meißtens von Cateringfirmen geliefert und der Essenswagen darf laut Gesundheitsamt nur kurz vor dem Austeilen geöffnet werden um die Kühlkette nicht zu unterbrechen.
Die Frage, was mit Diabetikern passiert ist angebracht, aber eine Klinik hat andere Möglichkeiten den Blutzucker eine Patienten zu beeinflussen, als mit einer Mahlzeit. Es ist also kaum möglich für einen Patienten, der schon seit morgens zu Ärzten unterwegs ist sofort ein Essen zu organisieren. Ein Abstecher während der Wartezeiten in der Ambulanz zum Kiosk oder in die Cafeteria um ein Brötchen zu holen ist nicht das Schlechteste was einem einfallen könnte, sofern der Patient essen darf. Auch das war in den Kliniken früher anders.
Ein Diabetiker sollte nicht ohne sein Insulin unterwegs sein und auch nicht ohne Keks oder Traubenzucker in der Tasche. Ich hatte bei meinen Papa immer beides dabei, auch wenn ich mit ihm zum Hausarzt fuhr. Davon ist man total abgekommen.
Das alles würde den Umgang miteinander und die Pflege entschieden vereinfachen und dazu führen, daß man für andere Aufgaben in der Pflege wieder etwas Zeit aufbringen könnte.
Die meißten Patienten erscheinen auch bei geplanten Operationen mit nichts zur Aufnahme außer, daß sie sich selbst mitbringen. " So hier bin ich, nun macht mal..." Oder aber für einen inkontinenten Pflegefall, wird 1 Nachthemd oder Schlafanzug mitgeliefert, der schon bei der Aufnahme " hinüber " ist.
Ich frage mich immer: "Wie haben die bloß ihren Koffer für den Urlaub oder eine Kur gepackt?" oder ob das an der Region liegt deren Einzugsgebiet die Klinik bedient.
Letzlich sehen die Patienten und Angehörigen etliche Menschen, die sie für Pflegepersonal halten.
Allerdings gehören die wenigsten, die auf so einer Station herumlaufen zum examinierten Pflegepersonal. Meißtens sind nur 1 oder 2 vollexaminierte Pfleger/innen im Dienst.
Alles andere sind oft Aushilfen, Schüler, Praktikanten, die nicht alles ausführen dürfen.
Sicherlich sollten die den Wunsch an die examinierte Pflegekraft weitergeben, aber mit Zwischenschritten, Übermittlungen ect. ist das immer so eine Sache...
Last not least findet man in vielen Kliniken seinen Angehörigen nur noch, wenn man die Station und die Zimmernummer des Patienten kennt. Wenn man beides nicht genau weiß, so hat der Pförtner die Möglichkeit nachzusehen, wo genau sein Angehöriger liegt. Es macht wenig Sinn einfach in eine Etage zu laufen und dort eine Zimmernummer zu suchen. Wegen der Brandschutzordnung und auch in einem Haus, daß nach Lufthansastandard arbeitet, haben alle Etagen Zimmer mit den gleichen Zimmernummern. Der Herr an der Pforte besitzt ein Computerprogramm in dem er alle Patienten aufrufen kann, die in der Klinik liegen. Auf irgendwelchen Stationen auf die man sich verirrt hat schimpfend Suchaktionen starten zu lassen, macht kaum Sinn. Sicherlich hat eine Station eine Suchfunktion, aber das Personal einer anderen Station ist nicht befugt Daten an Fremde herauszugeben. Es kann nicht einsehen, ob es irgendwelche Sperrvermerke für diesen Patienten gibt. Das weiß nur der Pförtner oder das Personal, das den Patienten betreut.
Das sind leider alles keine Einzelfälle, sondern das ist mittlerweile das tägliche und ständige Brot in der Krankenpflege, die dazu führen, das man kaum mehr ein Bein los bekommt und die überhaupt nichts mit den Arbeiten am Patienten zu tun haben für die man eingestellt wurde.
Die Situation in den Pflegeheimen sieht nicht viel anders aus, aber die leiden eher unter anderen Problematiken.
In erster Linie geht es nur, wenn alle Betroffenen: Die Patienten/Kunden; Angehörigen und die Pflege an einem Strang ziehen.
Der Auftrag einer Klinik ist ein anderer als der eines Pflegeheims. Beim Pflegeheim kommt die Beschäftigung und Unterhaltung dazu. Allerdings finde ich es bedenklich, wenn der Bedarf nach einem 24 Stunden Entertainment für alle besteht. Man kann auch mal ruhig da sitzen und es passiert einmal gar nichts um sich herum, sodaß man zur Besinnung kommen kann oder die Ruhe genießen. ( Das bedeutet nun nicht, daß alle nur noch stumpfsinnig herumsitzen sollen. Aber das Verhältnis muß ausgeglichen sein. Schaue ich meine Mama an, dann hatte die gerade 5 Leute zu Besuch, die sich gekümmert haben,
und mäkelt: Nichts würde um sie herum passieren. Keiner kümmert sich ausreichend um sie und nicht wenige erwarten die 24 Stundenpräsens für sich kontinuierlich. Das kann weder die Pflege heute noch in der Zukunft leisten.
Ich denke wir brauchen neue innovative Ideen und Wege, die beschritten werden müßten.
Und wir müssen auch von dieser Beschwerde-Anspruchshaltungskultur weg, die sich in Deutschland breit gemacht hat, damit man miteinander ordentlich arbeiten und umgehen kann, anstatt wertvolle Zeit damit zu vergeuden, sollte diese sinnvoll den Menschen zukommen für die sie gedacht ist. Das Pflegepersonal ist nicht zur Unterhaltung einzelner gesunder Menschen da, sondern für die Kranken und Pflegefälle.
Wenn man davon ausgeht, daß das Einzelfälle sind, mit denen man sich mal im Dienst beschäftigen muß, dann wäre das kaum erwähnenswert. Das ist aber mittlerweile das tägliche Brot und eine große Mitschuld haben die Medien, wie sie die Pflege und auch die Medizin in ihren Serien ,Arztromanen usw. darstellen. Die Leute glauben, das wäre der geforderte und erwartete Ablauf was sie in Emergency-Room und wie die Serien alle heißen zu sehen bekommen.
In der Schwarzwaldklinik sortiert die Oberschwester wie eine Floristin die Blumen der Patienten. ( ????)
Es kann nicht sein, daß man einen Patienten gar nicht oder nur noch 5 Minuten pro Schicht zu Gesicht bekommt, weil man an Arbeiten erstickt, die mit Kranken überhaupt nichts zu tun haben sondern damit daß jeder die ihm genehme und eigene Organisation vorstellt und diese möglichst lautstark durchsetzen möchte.
Natürlich möchte keiner mehr in dem Beruf arbeiten, wenn er ihn erlebt hat.
Allerliebste Grüße Fussel |
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| Thema: Re: NDR Sendung Pflege-Check So 19 Jan 2014, 13:39 © Biggi | |
| Liebe Fussel, ich bin immer wieder über deine ernüchternden Berichte erstaunt und lese sie mit viel Aufmerksamkeit. Dass da sehr wohl Verständigungsprobleme auftauchen, kann man sich bei deinen Schilderungen gut vorstellen. - Zitat :
- Und wir müssen auch von dieser Beschwerde-Anspruchshaltungskultur weg, die sich in
Deutschland breit gemacht hat, damit man miteinander ordentlich arbeiten und umgehen kann, anstatt wertvolle Zeit damit zu vergeuden, sollte diese sinnvoll den Menschen zukommen für die sie gedacht ist. Das Pflegepersonal ist nicht zur Unterhaltung einzelner gesunder Menschen da, sondern für die Kranken und Pflegefälle. Genauso sollte es sein. Das sollten sich alle Beteiligten immer wieder vor Augen halten. Und ja, dieses schöne Klischee der "Schwarzwaldklinik"... Haben wir sie nicht alle geliebt?.. LG Biggi
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