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| Demente, völlig unkooperative Mutter | |
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Gast Gast
| Thema: Demente, völlig unkooperative Mutter Di 02 Feb 2010, 18:44 © Gast | |
| Hallo,
meine Mutter hatte die ersten Aussetzer im Frühsommer 2009. Heute ist es so, dass man nichts mehr von einem Tag zum anderen mit ihr besprechen kann. Sie erinnert sich nicht an Absprachen. Wir haben zunächst gar nicht bemerkt, wie sie langsam verwahrloste. Sie sitzt immer im Dunkeln, tut buchstäblich nichts, liest nicht, schaut kein Fernsehen mehr, schaut den ganzen Tag an die Decke mit dem Rücken zum Fenster, kocht nicht mehr, ernährt sich aus Dosen. Meine Mutter war immer ein überordentlicher Mensch, in höchstem Maß auf Äußerlichkeiten bedacht (was wohl die Nachbarn denken). Nichts davon ist noch vorhanden. Durch die ständig dunkle Atmosphäre und ihre Proteste, wenn wir Licht gemacht haben, fiel die verdreckte Kleidung und Wohnung zunächst nicht auf.
Anfang Dezember hatte sie einen Kreislaufzusammenbruch und kam ins Krankenhaus, war 1 Tag zu Hause, stürzte, kam wieder ins KH, danach folgte eine 4-wöchige geriatrische Reha, die leider nichts gebracht hat. Wir hatten zunächst ihre Zustimmung, eine Polin in die Einliegerwohnung zu holen. Bevor das umgesetzt werden konnte, zog meine Mutter ihre Zustimmung zurück. Das Gleiche erlebten wir mit einer Haushaltshilfe, die sie selbst 5x4 Std. wollte, letztlich 3x2 Std. akzeptierte und dann nach dem 3. Besuch rausgeschmissen hat.
Sie läuft am Rollator, behauptet aber, alles alleine tun zu können. Wenn wir hinkommen, ist weder die Wäsche gewaschen, obwohl die Tonne übervoll ist (ich hab doch noch was anzuziehen), noch die knallvolle Spülmaschine angestellt (im Schrank stehen doch noch 2 Teller) und in der Küche quillt der Mülleimer über. Sie trägt seit 2 Wochen den gleichen Pulli. Wie es drunter aussieht, möchte ich mir lieber nicht vorstellen. Die Haushaltshilfe lehnt sie jetzt total ab, auch jede körperliche Pflege von einer Sozialstation. Sie kann das angeblich alles alleine. Sie hat fast 30 Stufen bis zur Straße, kann ohne Rollator praktisch gar nicht laufen, aber behauptet steif und fest, sie könne den Müll alleine entsorgen.
Im Moment ist die Situation noch halbwegs von meiner Schwester und mir zu händeln. Wir sind aber beide nicht bereit, für meine Mutter Putzfrau und Pflegerin zu spielen. Sie ist finanziell sehr gut in der Lage, jede Hilfe zu bezahlen, auch wenn sie im Moment noch keine Pflegestufe hat. Die nervliche Belastung war anfänglich enorm.
Ich hatte dann ein sehr gutes Gespräch mit einer Sozialarbeiterin und mit dem Hausarzt. Beide haben mir meine Schuldgefühle genommen. Heute akzeptiere ich die Situation wie sie ist. Es ist sehr schlimm, aber solange die Demenz nicht sehr fortgeschritten ist, bekommt man keine Aufenthaltsbetreuung und kann niemanden gegen seinen Willen in ein Altenheim bringen. Selbst wenn der alte Mensch sich bei einem Sturz schwer verletzt und sich nicht mehr helfen kann, aber noch nicht völlig dement ist, kann er wieder nach Hause zurück und ohne Betreuung weiter machen. Es macht keinen Sinn, sich Vorwürfe zu machen, wenn die Rechtsprechung keine Möglichkeit bietet. Was einerseits der Schutz vor dreisten Erben sein kann, nimmt auf der anderen Seite wohlwollenden Kindern, die Möglichkeit zu tun, was getan werden müsste.
Das schlimmste an der Angelegenheit ist, dass sich meine ohnehin nicht sehr enge Beziehung zu meiner Mutter, noch weiter reduziert. Ihr Verhalten macht mich wahnsinnig wütend. Manchmal kann ich mich fast nicht beherrschen. Sie war ihr Leben lang extrem stur und nie logisch orientiert, hat immer versucht, meine Schwester und mich gegeneinander auszuspielen. Wirkliche Wärme haben wir beide nicht erfahren. Das macht die Situation zusätzlich problematisch. Gott sei Dank ziehen wir beide an einem Strang.
Ich weiß, dass Wut sinnlos ist, trotzdem kann ich sie nicht immer unterdrücken. |
| | | sylvia Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Demente, völlig unkooperative Mutter Mi 03 Feb 2010, 08:30 © sylvia | |
| Moin Gast, ein Name wäre nett zum ansprechen - danke. Wie alt ist denn eure Mutter? Gut das Ihr zusammenhaltet, gibt es ja leider nicht so oft. Ihr solltet versuchen sie zu einem Neurologen zu bringen und eine Pflegestufe durchzubekommen. Wie ist es, wenn ihr sie auf Kurzzeitpflege in einen Seniorenstift bringt, sagt ihr es wäre ein Urlaub und sie müsse sich mal erholen. Jetzt ist es kein Zustand, was die Nachbarn da sagen oder denken ist sowas von unwichtig, die reden doch immer ( die Ärzte: laß se reden.....) Hat sie vielleicht eine andere Person, auf die sie hören würde? Für euch eine schwere Situation, aber Wut bringt nichts. Die Krankheit ist nun mal so und zeigt oft keine schönen Seiten. Macht euch doch mal bei einem Rechtsanwalt schlau, ich denke einer von euch könnte als Betreuer fungieren, dann wird es einfacher. Alles Gute und viel Kraft. LG Sylvia
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| | | Admin Administrator
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| Thema: Re: Demente, völlig unkooperative Mutter Mi 03 Feb 2010, 09:19 © Admin | |
| Hallo Gast
Sylvia hat schon einiges geschrieben, dem ich mich nur anschliessen kann.
Wenn ich deine Zeilen lese, so scheint es mir, das deine Mutter ihre eigene Situation nicht mehr einschätzen kann und folgedessen auch die Notwendigkeit an Hilfe, die sie dringend brauchen würde, nicht wirklich einzusehen vermag. Sprich, was Heute aus der Sicht deiner Mutter aktuell ist, kann Morgen schon wieder ganz anders sein - und umgekehrt. Es wird also schwer möglich sein mit ihr darüber zu reden und dabei auf eine stabile Einsicht zu hoffen.
Sollte in eurem Fall z.B eine Pflegekraft in der Einliegerwohnung wohnen und sich um eure Mutter kümmern, so müsste sie vermutlich schrittweise von euch, in die anstehenden Aufgaben (als Freundin) integriert werden. So das sich sowohl die Pflegekraft, wie auch deine Mutter sich gegenseitig aneinander gewöhnen können. Es wäre also ohne weiteres ein Versuch wert, dies so umzusetzen, ohne das eure Mutter, ihr ohnehin unstabiles voraussichtliches Einverständnis dazu geben muss.
Eines ist sicher, das so wie eure Situation jetzt ist, dies niemandem von euch gut tut.
Wieweit Kinder ihre Eltern pflegen können hängt von vielen Faktoren ab. Abgesehen des eigenen Familienlebens, Beruf u.s.w lässt sich auch die emotionale Vorgeschichte dem Betroffenen gegenüber nicht ausklammern, oder abschalten. Ich finde es sehr gut, das du und deine Schwester da ganz klar eure Grenzen wahrnehmt, weil nur so eine möglichst optimale Fürsorge für deine Mutter gewährleistet werden kann. Nicht selten finden da Aussenstehende einen besseren Zugang zu Betroffenen, weil keine negative emotionale Vorgeschichte besteht und man sich im aktuellen JETZT-Zustand kennenlernt.
Ich wünsche euch viel Kraft
Ursula
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden." |
| | | Biggi Moderator
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| Thema: Re: Demente, völlig unkooperative Mutter Mi 03 Feb 2010, 14:49 © Biggi | |
| Hallo Gast, du schreibst, dass du wohl nie eine enge Beziehung zu deiner Mutter hattest. Ich finde, das liest man aus deinem Beitrag raus. Es geht ja in erster Linie nicht darum, dass du und deine Schwester Putzfrau und Pfleger spielen müsst.
Wie die anderen schon schrieben, geht es darum, dass was geändert werden muss. Ich weiss ja nicht, ob die Ablehnung deiner Mutter nur demenzbedingt ist, ober aber auch ein wenig an eurem Verhältnis liegt, oder beides.
Was hat denn der Sozialdienst und der Arzt noch gesagt? Haben die keine Idee, wie du sie umstimmen könntest?
Ich weiss aus Erfahrung, dass es für einen Dementen am Anfang selber sehr schwer ist, Hilfe anzunehmen. Da darf man auch mal wütend sein, muss sich aber zugestehen, dass es nicht umbedingt Absicht der Kranken ist. Mehr ist es ein Bemerken der eigenen zunehmenden Schwächen, die man sich nicht eingestehen möchte.
Trotzdem finde ich gut, dass du Rat in einem Forum suchst, um für alle eine gute Lösung zu finden.
Ich wünsche euch alles Gute.
LG Biggi
--- Besondere Menschen erkennst du daran, dass sie dich berühren ohne ihre Hände zu benutzen --- |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Demente, völlig unkooperative Mutter Do 04 Feb 2010, 21:45 © Gast | |
| Hallo Gast, der Anfang des Bekanntwerdens der Demenz ist sehr schwierig. Bei meiner Mutter war es ähnlich. Sie hat ihren Verfall auch versucht zu vertuschen und war ständig böse zu uns und meinte sie braucht keine Hilfe. Die Tips der anderen sind sehr gut. Versucht doch mal mit dem Hausarzt zu sprechen zwecks Einweisung in ein Krankenhaus mit geriatrischen Abteilung. Dort könnt Ihr mit Hilfe vom sozialen Dienst erfahren, was es für Möglichkeiten gibt. Die Sache mit der Kurzzeitpflege ist auch gut. So kann Eure Mutter wieder in ein geregeltes Leben eingeführt werden und eventuell wenn es gut läuft könnt Ihr die Dauerpflege daraus machen. Auf jeden Fall ganz schnell Pflegestufe beantragen und unbedingt bei Begutachtung des MDK dabei sein. Die Dementen neigen dazu immer zu sagen "Ich kann noch alles selber!" Ich wünsche Euch alles Gute und viel Kraft bis alles geregelt ist. LG Anita |
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