hallo,
der ansatz ist sicher richtig, trotzdem finde ich es manchmal extrem schwierig, das gedankliche innenleben meiner mutter zu verstehen bzw. für sie unangenehme situationen abzufedern.
beispiel: meine mutter ist körperlich sehr fit und zeit ihres lebens sehr gerne, viel und lange spazierengegangen.
sie liebt die natur und hat schon immer gesagt, was auch immer sei, draußen ginge es ihr sofort besser.
gestern wollte ich mit ihr spazierengehen. allein bis ich sie aus der tür hatte, dauerte ewig: ich will nicht raus, ich hab nichts warmes anzuziehen, das wetter ist scheußlich(war es gar nicht...), ich gehe im winter nie spazieren usw.
schließlich fuhren wir doch noch los,und als wir dann im wald waren, ging das erstmal so weiter: der weg ist matschig, ich krieg meine schuhe nie wieder sauber, mir ist kalt, warum MUSS ich hier rumlaufen, du zwingst mich dazu...
ich redete wie ein buch, wies sie auf alle schönheiten des waldes hin, den himmel, die wolken...
irgendwann ging es dann. und hinterher sagte sie dann mehrfach, wie schön es doch gewesen sei.
dazu zweierlei:
erstens weiß ICH zwar, daß meine mutter gerne draußen ist, für SIE hingegen liegen da jetzt offenbar angstbesetzte dinge unter der oberfläche, die ich nicht kenne und nicht einschätzen kann. es zeigte sich dann ja auch, daß ihr der spaziergang gefallen und gutgetan hat. aber so einfach ist es halt offenbar doch nicht, den betroffenen etwas anzubieten, was sie von angst, aggression und frustration ablenkt. denn selbst wenn sie etwas früher sehr gerne getan haben, heißt das noch lange nicht, daß sie dazu heute das gleiche positive gefühl haben wie damals.
denn ihre wahrnehmung hat sich verändert und, ich spekuliere jetzt mal, das fällt ihnen vielleicht bei dingen, die sie früher sehr geliebt, d.h. besonders intensiv empfunden haben, jetzt auch besonders auf. und das könnte dazu führen, daß sie gerade die situationen umgehen wollen, die sie einst glücklich gemacht haben, um nicht besonders schmerzlich darauf gestoßen zu werden, daß nichts mehr ist, wie es war.
zum zweiten finde ich es als angehörige einfach manchmal megaanstrengend, durch diesen neuen, fremdartigen gefühlsdschungel hindurchzufinden, in dem sich meine mutter zunehmend verirrt hat.
ein angehöriger, der viel zeit und muße hat, sich in den kranken hineinzuversetzen, der die zeit hat zu lernen, wies da drin etwa aussieht, auch wenn die normale konverstion nicht mehr funktioniert, wird schon seine liebe mühe haben. das ist ein fulltime-job. wir anderen(wohl auch die meisten) werden vom ideal des harmonischen miteinanders mit einem demenzkranken leider mehr oder weniger weit entfernt bleiben.
liebe grüße, katja