Liebe Nate
Da Demente oft das Zeitgefühl, sowie auch die Orientierung verlieren, macht das alleine in einem Raum zu sein oft speziell Angst. Auch unser lieber Erik hatte oft geweint. Einerseits, wie er selber sagte, hatte er Angst vor sich selber und dem was er ohne "Überwachung" anstellen könnte. Jedes mal wenn ihm eine Panne passierte, hatte dies seine Ängste noch zusätzlich verstärkt. Ich denke auch deine Mutter ist sich ihrer Defizite sehr bewusst und das macht leider oft auch sehr traurig, ratlos und verzweifelt. Bei vielen Dementen ist es so, das wenn sie merken das sie sich nicht mehr auf sich selber verlassen können, am liebsten immer die Person des Vertrauens in Griffnähe (Sichtweite) haben möchten, um Sicherheit und Geborgenheit zu haben. Mein Mann und ich hatten eigentlich nur Zeit für uns selber wenn unser lieber Erik geschlafen hatte. Ansonsten ist er mir jeden Schritt nachgelaufen, so das ich sogar meine längeren Sitzungen auf der Toilette schon halbwegs planen musste. Dennoch hatte ich mich (ausser Erik war krank) immer geweigert nachts auch im selben Raum zu schlafen. Auch wenn ich nachts oft aufstehen musste. Manchmal hatte es ganz schön lange gedauert, um ihm klar zu machen das es noch nicht Morgen ist, oder ihn wieder zu beruhigen wenn er was schlechtes geträumt hatte u.s.w. Aber manchmal braucht man auch einfach seine eigene Zeit - selbst wenn diese nur kurz ist.
Da wir mit Erik die hälfte des Jahres in der Schweiz lebten und die andere Hälfte in Schweden, so war es uns im einen Land unmöglich Hilfe zu bekommen (sprachlich und versicherungstechnisch) und wiederum auch im anderen Land, wegen der dadurch entstandenen Fixierung von Erik mir gegenüber. Von dem her kann ich nur aus eigener Erfahrung immer wieder betonen, das es wichtig ist rechtzeitig Hilfe zur Eigenentlastung auch zu beanspruchen. Weil unabhängig wie lieb wir jemanden haben, wir dennoch nur solange eine Hilfe sein können, solange unsere Kräfte dazu auch ausreichen.
Ich wünsche dir viel, viel Kraft. Wage auch, wenn es dir selber drum ist gemeinsam mit deiner Mutter zu weinen. Auch das ist eine Form der Gemeinschaft, die viel zu schenken vermag. Es sind nicht nur die Stunden des gemeinsamen Lachens die zählen, sondern auch des gemeinsamen Weinens.
Liebe Grüsse
Ursula
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden."