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| Ich brauche bitte eure Meinung | |
| Autor | Nachricht |
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Finchen Gast
| Thema: Ich brauche bitte eure Meinung Do 27 Dez 2012, 16:08 © Finchen | |
| Hallo Ich gehe in die 11. Klasse eines Gymnasium und wir schreiben bald eine Facharbeit zu dem Thema "Zukunft braucht Erinnerung". Ich möchte darüber schreiben, inwiefern Erinnerungen den Charakter/ die Persönlichkeit bilden und ob ohne Erinnerungen eine neues Persönlichkeit entsteht. Dies möchte ich anhand Demenz erläutern. Ich würde mich sehr freuen, wenn jemand schreiben könnte ob Sie 1. zustimmen würden, dass fehlende Erinnerungen einen neuen Charakter/ eine neue Person bilden und 2. inwiefern Sie das im persönlichen Fall sehen (was hat sich bei der Person verändert; ist sie gereizter, emotonaler, geschlossener usw) Ich würde mich wirklich freuen, wenn jemand antworten würde Noch wunderschöne Weihnachtstage, lg Nadine |
| | | Paula Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich brauche bitte eure Meinung Do 27 Dez 2012, 17:58 © Paula | |
| Hallo Nadine,
herzlich Willkommen hier im Forum. Schön das du dich für das Thema Erinnerung entschieden hast. Vielleicht hast du im Internet schon einiges über Demenz lesen können. So wie jeder Mensch sein Leben, wie Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter erlebt und gelebt hat, so unterschiedlich ist der Mensch im Alter und mit Demenz. Einige verändern sich sehr stark in ihrer Persönlichkeit, werden ungehalten und aggressiv, andere sind ruhig und zurückhaltend. Mit Erinnerungspflege, wie Biografiearbeit, Musik- und Aromatherapie können Emotionen und Gefühle geweckt werden. Auch wenn Demenzerkrankte im späten Stadium der Demenz nicht mehr sprechen, zeigen sie Gefühle und äußern diese durch Gesichtsausdruck, Mimik und Gestik.
Ich hoffe, du bekommst noch einige Antworten von den lieben Foris. Besuch doch einmal für ein paar Tage eine Pflegeeinrichtung, da kannst du dir persönlich ein Bild über die Bewohner machen.
Liebe Grüße
Paula |
| | | Rita Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich brauche bitte eure Meinung Do 27 Dez 2012, 18:45 © Rita | |
| Liebe Nadine,
willkommen im Forum.
Da hast du ein ganz tolles Thema ergirffen.
Ich kann dir von 2 Fällen berichten, und dir da meine Erfahrungen weiter geben. zuerst meine Mutter. Die war schon immer ein sehr sehr lieber Mensch, und mit der Demenz hat sich das bei ihr absolut nicht geändert. Sie ist noch immer SIE, auch wenn sie halt Pflegebedürftig ist, und kaum noch spricht. Ihr Charakter, ihr Wesen hat sich nicht verändert. Sie ist halt, weil sie kaum noch spricht, sehr still. Aber sie hat immer noch an denselben Sachen freude wie früher, und mag immer noch dasselbe wie früher auch. Sie bewegt sich noch gleich, alles ist gleich, nur braucht sie halt für alles Hilfe.
dann der Fall meiner Kollegin. Ihr Vater hat eine andere Form von Demenz als meine Mutter. Frontotemporal-Demenz, sie sagten ihr dass die Verhaltensauffälligkeiten daher kommen, aber nicht alles, sein Charakter halt immer schon da war, und nun das verstärkt wird, durch die Demenz. Er wurde plötzlich total agressiv, brüllte, schrie die Familie an. Er hat den Hang zur Agressivität, und das kommt leider auch mit der Demenz richtig zur Geltung. Bei ihm gibt's kein Halten mehr, wenn er böse wird (warum auch immer, die Gründe sind oft total unklar oder inexistent). Man sagte ihr, man kann ja viel mit Mitteln einstellen, aber den Grundcharakter nicht, der bleibt.
Ich hoffe ich konnte dir damit etwas helfen.
Schau dich im Forum ruhig um, und ich hoffe du erhälst noch viele interessante Informationen für deine Arbeit.
LG
Rita |
| | | Ele Ist hier Zuhause
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| Thema: Re: Ich brauche bitte eure Meinung Do 27 Dez 2012, 19:29 © Ele | |
| Hallo Nadine,
ich würde sagen, Du hast Dir ein ganz schön schwieriges Thema ausgesucht!!!
zu 1. Gibt es wirklich Menschen, und sei es selbst Demente Menschen, ohne Erinnerung? Ich glaube es fast nicht! Selbst wenn es unsere lieben dementen Menschen nicht mehr verbalisieren können, habe ich doch das Gefühl, daß noch einiges im Unterbewusstsein ist! Und wer weiß schon, was der Mensch noch weiß? WAs er noch an Erinnerungsvermögen hat? Ist doch eher eine Größe, die nicht messbar ist!?
Bei meinem Papa war oft nicht mehr viel zu wollen, wusste die einfachsten Dinge nicht, wie Körperpflege...aber einmal im KH da hat er sehr lange gebraucht, bis ich ihn wach gebracht habe, so daß ich schon damals dachte, er gleitet hinüber! Als er aufwachte, sagte er zu mir, "lass jetzt mal die Arbeit Arbeit sein, raus aus dem Stall, trinke erst Deinen Kaffee..." Er war früher Landwirt...ich denke, da ist wirklich immer etwas da!
zu 2. ja, ich würde sagen die Persönlichkeit verändert sich! erst wollte mein Papa, daß niemand merkte wie er sich fühlt, wollte es verheimlichen...es gab immer die selben Standardfragen, zwar intelligent, aber immer die Gleichen! Er hat viel gelesen, viel sich im TV informiert, so daß er immer mitreden konnte! War extrem gewillt, sich seine Selbständigkeit zu erhalten! Ist sehr lange Auto gefahren, war eher schon eine Gefahr! Und ich denke, irgendwann kam der Moment für ihn selbst, da er erkannte, ich merke mir nichts mehr!! Selbst da wollte er noch die Oberhand behalten! Hat sich 1/2 Jahr vor seinem Tod noch alle Geburtstage seiner Lieben aufgeschrieben, und gab bis zuletzt nie zu, daß er einen von uns nicht erkannt hätte/erkennen würde...ist uns eher die Antwort schuldig geblieben! Ob er sich verändert hat?? ich habe zwar zu Anfang ja geschrieben, ja natürlich aufgrund seines Vergessens, evtl ruhiger, damit er nichts falsches sagt, aber er ist immer der liebe Mensch geblieben, so wie ich ihn als Papa in der Kindheit in Erinnerung hatte, niemals ungeduldig oder sogar aggressiv, wenn dann nur, daß er sagte, er hasse die Krankheit! Ich hoffe, ich konnte Dir etwas helfen!?
Lieben Gruß,
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| | | Traumsus Gast
| Thema: Demenz + Persönlichkeit So 06 Jan 2013, 00:14 © Traumsus | |
| Hallo Nadine, ich bin erst heute über dieses Forum gestolpert. Also, ich habe 6 Jahre meine Demenzkranke Schwiegermutter betreut und bin jetzt beruflich jeden Tag mit Demenzkranken zusammen. Bei einer leichten bis mittleren Demenz gibt es nach meiner Erfahrung keine Persönlichkeitsveränderung. Meine Schwiegermutter z. B. war ihr Leben lang eine zurückhaltende und ruhige Person und ist es auch bis zu ihrem Tod geblieben. Z. Zt. habe ich eine ehemalige Opernsängerin in der Betreuung, die immer in den höchsten Kreisen verkehrt hat, sie ist immer noch ganz die Grande Dame. Ich denke, dass hier das Leben vor der Demenz ausschlaggebend ist, wie sich das Verhalten entwickelt. Bei schwer Kranken verhält sich die Sache allerdings anders, weil hier der Verfall schon so weit fortgeschritten ist, dass die Kranken vollkommen in die Kindheit zurück gegangen sind und z. T. nur noch in Embryonalstellung im Bett oder Rollstuhl liegen. Gruß Traumsuse |
| | | westwind Wohnt oft hier
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| Thema: ich brauche bitte eure Meinung Mo 07 Jan 2013, 18:41 © westwind | |
| Liebe Nadine, ich finde es toll, dass du dich an so ein schwieriges Thema heranwagst. Mein Mann leidet auch an einer Demenzkrankheit die vor vier Jahren diagnostiziert wurde.
In diesen vier Jahren hat sich unser Leben verändert. Eigentlich mein Leben. Ich habe oft das Gefühl, dass ich jetzt zwei Leben lebe. Das meines Mannes und meins. Ich versuche zu denken wie er, zu handeln wie er, zu fühlen wie er.. Er ist sicher glücklich in der Welt in der er jetzt lebt. Erwähnen möchte ich, dass er seine Sprache ganz verloren hat, dass sich sein Wortschatz auf vier oder fünf Wörter beschränkt, die er allerdings beliebig einsetzt. Und dann heißt es für mich das zu verstehen. Sein Charakter hat sich insofern verändert, dass er jetzt „kindlicher“ geworden ist. Er ist aber immer liebenswert. Das heißt er ist immer freundlich, leicht lenkbar oder wenn es sein muss auch ablenkbar. Allerdings war Mann immer schon ein freundlicher, aufgeschlossener Mensch. Ich spreche viel mit ihm, erzähle im auch viel von unserer Vergangenheit. Allerdings kann ich nur an seinem Gesichtsausdruck deuten, ob er versteht oder nicht, weil er ja nicht sprechen kann. Der schönste „Lohn“ ist dann für mich, wenn er sein Lächeln (das ich immer schon mochte) aufsetzt, oder wenn wir zusammen lachen können.
Ich wünsche dir alles Gute für deine Arbeit und für deinen weiteren Lebensweg.
Hermine |
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