Hallo zusammen,

ich habe schon in einigen Beiträgen die schwierige Beziehung zu meiner Mutter beschrieben. Jetzt ist es so, dass wir durch einen Neurologen, der sie im Rahmen des Betreuungsverfahrens untersucht haben, erfahren haben, dass meine Mutter u.U. nicht an Alzheimer erkrankt ist, sondern an einer anderen Krankheit leidet.

Der Neurologe hälte meine Mutter für relativ klar, gut Bankangelegenheiten etc. könne sie nicht. Aber vom Verhalten her ist es so, dass er uns gesagt hat, dass sie durchaus wisse, was sie tue und sage. Also genau das, was ich eigentlich immer vermutet habe. Weiß natürlich nicht, ob es wirklich so ist, aber es spricht schon einiges dafür.

Gestern war mal wieder so eine Situation: Der Kühlschrank meiner Mutter ist kaputt gegangen, morgen kommt die Pflegerin aus Polen. Wir also sofort einen neuen Kühlschrank gekauft, alten ausgebaut, neuen (weitgehend) eingebaut. Meiner Mutter war deutlich anzumerken, dass sie sauer ist. Heute hat sie dann auch mal wieder mit meiner Schwester gestritten: Wir kümmern uns zu wenig um sie, sie möchte überall dabei sein etc. Wir seien "schlechte Kinder" usw. Den Einwand meiner Schwester, dass wir uns um alles kümmern, fegte sie zur Seite.

Fakt ist, sie möchte von uns gehätschelt und getätschelt werden. Das möchte ich nicht. Ich liebe meine Mutter schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Unser Verhältnis ist schlecht bzw. oberflächlich für meine Mutter gut gewesen. Alle Einwände von mir vor Jahren hat sie niedergeschrien, irgendwann habe ich nichts mehr gesagt und für sie war es so in Ordnung. Das dies natürlich alles an Gefühl für sie zerstört hat, ist ihr egal. Man liebt seine Mutter. Punkt. Aber ich liebe sie nicht. Manchmal leide ich mit ihr mit, manchmal bin ich nur wütend. Aber Liebe ist definitiv nicht dabei. Ohne Erkrankung hätten wir wahrscheinlich so gut wie keinen Kontakt mehr. Sie würde dann zwar genauso toben wie jetzt und mich beschimpfen, aber das wäre eben so. Jetzt helfe ich ihr eben aus Pflichtgefühl. Liebe lässt sich jedoch nicht erzwingen. Muss ich sie lieben, nur weil sie krank ist?

Es wird alles für sie erledigt. Geputzt, gekocht, gewaschen, eingekauft. Ich bin meistens sehr freundlich zu ihr. Aber Liebe gibt es eben nicht.

Moralisch habe ich daran zu knabbern. Vom Kopf weiß ich, dass man Liebe nicht erzwingen kann, aber ich fühle mich trotzdem schuldig.

Viele Grüße, Ildiko

Hallo Idilko,

gibt es eine Definition, die bestimmt, wie Liebe zu sein hat?
Ich denke, du liebst deine Mutter schon - auf Deine Weise.
Man muss gar nichts, schon gar nichts was die sogenannte "Gesellschaft" von einem erwartet.
Du machst deine Sache so gut du kannst, und das ist für mich eine große Form der Liebe.
Du solltest kein schlechtes Gefühl haben, denn du tust mehr, als manch jemand, der behauptet, seine Eltern "zu lieben".
Ich wünsche dir einen sonnigen Tag
Birgit

Danke für Eure Antworten.

Hass ist keiner dabei. Obwohl ich mich dabei ertappte, dass ich mir wünsche, sie wäre einfach nicht mehr in meinem Leben. Das habe ich mir manchmal auch schon gewünscht, als sie noch gesund war. Ich fand es immer toll, wenn sie lange Zeit im Urlaub war, z.B. einige Monate bei ihrer Schwester in Kanada. Vor allem über Weihnachten. Da musste ich wenigstens nicht zu ihr, oder sie zu mir. Ich habe sie seit Jahren nicht vermisst. Traurig und wirklich beschämend.

Liebe Ildiko,

auch ich hatte ein schwieriges Verhältnis zu meiner Mutter und habe deshalb mein Elternhaus mit 14 Jahren bereits verlassen. Ich kann nur so viel sagen: Wenn meine Mutter die dement Überlebende gewesen wäre und nicht mein Vater, ich hätte sie im nächsten Heim angemeldet und dort sicher nicht mal besucht. Damit - so meine ich - wäre meine Pflicht als Tochter erfüllt gewesen. Man kann sich seine Verwandten leider nicht aussuchen.

Während der Demenz meiner Mutter habe ich mich nur alle paar Monate mal sehen lassen, um meinem Vater ein bißchen im Haushalt zu helfen.

Wenn Du es trotzdem fertig bringst, Dich so wie Du es tust um Deine Mutter zu kümmern, dann gehört Dir meine aufrichtige Bewunderung.

Liebe Ildiko !

Ulli und Birgit sprechen mir aus dem Herzen...!
Du tust mehr für deine Mutter als sie eigentlich erwarten kann..!
Ich bewundere deine Geduld......ich weiß nicht ob ich nicht schon
längst das Weite gesucht hätte....!!
Die Liebe meines Vaters beschränkte sich immer nur auf Geld....
.....doch dafür kann man halt nicht alles kaufen....!!!
Wie gut würde es tun wenn man doch nur einmal von unseren
Eltern hören würde das sie uns lieb haben......(auch vor der Demenz)
....aber das ist scheinbar bei einigen zuviel verlangt....!!!

Mir würde dann so einiges leichter fallen!

Ich hoffe das du einen Weg für dich findest......!!!

Lg, Tabita

P.S.: Ich lieb meine Kinder sehr und sag es ihnen auch jeden Tag...!!!

Liebe Marie,

danke für Deine lieben Worte. Mein Verhältnis zu meiner Mutter war wahrscheinlich nicht so schlecht wie Deines. Ich habe zwar schon recht früh gemerkt, dass es nicht gut sein kann, wenn ich bereits mit 12 die Eheprobleme meiner Eltern erzählt bekomme, aber es hat mir irgendwie auch imponiert, ein so offenes Verhältnis zu meiner Mutter zu haben. Sie war irgendwie auch ganz schön taff. Irgendwann bin ich dann an Bulimie erkrankt. Wenn es eine Ursache gibt, dann war es die ständige Überforderung. Ich war einfach das perfekte Kind. Klug, unproblematisch und offen für die Sorgen meiner Mutter. Ich habe zu dieser Zeit meinen Vater (schwerer Alkoholiker) gehasst.

Irgendwann habe ich dann mit professioneller Hilfe erkannt, dass mir alles zu viel wird und ich mich abgrenzen muss. Ich habe versucht mit meiner Mutter darüber zu sprechen. Aber sie hat mir nur Egoismus vorgeworfen (wie immer) und mich übel beschimpft. Ich glaube, das war der Punkt an dem alles langsam den Bach runter ging. Dass sie mich als Partnerersatz benutzt hat, hätte ich ihr verziehen. Sie wusste es nicht besser und wollte mir bestimmt nichts schlechtes. Aber als meine Krankheit "öffentlich" wurde und ich sie gebeten habe, mich in Ruhe zu lassen mit Geschichten über meinen Vater, war es ihr egal. Sie hat mich beschimpft, dass ich zu eingebildet wäre und deswegen krank geworden bin. Sie hat auch nie zugelassen, dass ich mich innerllich mit meinem Vater versöhne. Er war kein schlechter Mensch. Das habe ich erkannt, als sein Alkoholismus nicht mehr mein Leben bestimmt hat.

Kurz, ich habe mir so weit es ging innerlich von ihr abgekapselt, aber immer ein schlechtes Gefühl gehabt, dass ich egoistisch bin, weil ich nicht für meine Mutter da bin, so wie sie es möchte.

Auf der anderen Seite hat meine Mutter mir auch geholfen, als ich schwanger meinen Partner verlassen habe. Gut, ich wollte eigentlich gleich wieder bei ihr ausziehen (habe mir auch sofort eine Wohnung gesucht), weil sie mich den ganzen Tag über ihr schweres Leben zugetextet hat. Aber sie hat mir eben auch mit meinem Sohn geholfen, wenn die Kita zu war oder ich auf Dienstreise musste. Zumindest meistens und wenn ich es nicht anders organisieren konnte und sie nicht gerade im Urlaub war.

Ich glaube, meine Mutter hat mich schon geliebt, aber sie ist eben sehr egozentrisch.

Ich helfe ihr, weil das schlechte Gewissen, das sie mir immer wieder eingeredet hat, eben tief in mir sitzt. Und weil ich eben nicht so egoistisch sein möchte, wie sie mir immer vorwirft. Also das hat sie ganz gut hingekriegt.

Aber sie war nicht so, dass ich mit 14 ausgezogen wäre. Damals habe ich sie noch geliebt.



Gruß, Ildiko

Liebe Tabita,



es ist sehr schade, dass Dein Vater so gar keine lieben Worte für Dich findet. Geld, Geld. Sicher ist es gerade wenn man Pflege "kaufen" muss nicht gerade hinderlich, aber an sich ist es doch völlig unwichtig.

Meine Mutter hat mir schon gesagt, dass sie mich liebt. Aber noch viel öfter, dass sie ihre Mutter über alles liebt und alles für sie tun würde. Da sie weit weg war, war das praktisch natürlich nicht der Fall.

Sie hat es immer so hingestellt, dass für Kinder der wichtigste Mensch die Mutter sein muss und man unbedingt alles für sie tun müsse. Ich habe das verinnerlicht. Deswegen kämpfe ich so.

Gruß, Ildiko

Liebe Ildiko und all die anderen, denen es ähnlich geht,

ich finde es ganz toll, wie ihr es trotzdem schafft, so gut wie möglich, für einen Menschen zu sorgen, zu dem ihr nie ein gutes Verhältnis gehabt habt. Das ist wirkliche Größe. Ich habe das Glück mit meiner Mutter eine sehr enge Beziehung gehabt zu haben (und noch immer zu haben). Es tut mir Leid, dass euch das schon zu den Zeiten versagt war, als die Eltern noch gesund waren. Keine schönen Erinnerungen - das ist traurig.

Bitte kein schlechtes Gewissen, ihr tut und habt getan, was ihr könnt, mehr kann niemand verlangen und jemandem, der einen nie geliebt hat (oder nur auf eine Weise, die einem selbst verborgen geblieben ist) jetzt plötzlich nur weil er krank ist zu lieben, das geht nicht. Liebe lässt sich durch nichts erzwingen, auch nicht durch Krankheit.

Schon allein, dass ihr euch kümmert und dafür sorgt, dass geholfen wird, zeigt, dass ihr ein großes Herz habt. Macht euch nicht zu viele Gedanken.

Alles Liebe

Astrid

Liebe Astrid,

ich beneide Dich um Dein gutes Verhältnis zu Deiner Mutter. Meine Mutter würde Dich auch beneiden. Auf der anderen Seite ist es so, dass es für mich emotional nicht so schlimm ist, wie für Dich, denn ich verliere eigentlich nichts viel. Sie tut mir leid, ich wünsche meiner Mutter alles Gute, aber es gibt nichts, was mir fehlen würde, wenn man mein Leben jetzt mit dem vor 5 Jahren vergleichen würde.

Gruß, Ildiko

Ihr Lieben,
Liebe... das ist so eine Sache. Ich nehme mal als Beispiel unsere Mutter - den Menschen, der sie mal war, mochte ich sehr, den Menschen zu mögen, der sie durch diese Schxxxkrankheit geworden ist, tu' ich mich schwer. Sie tut mir unendlich leid, ich fühle mit ihr, würde sie auch nie kränken wollen - das mag auch eine Form von Liebe sein. Aber zur Liebe gehört auch, dass diese Liebe ein Echo findet, und das ist nun mal nicht mehr, es kommt ja nichts von ihr - von daher habe ich so meine Probleme damit und muss mir auch oft frühere Zeiten ins Gedächtnis rufen.

Dagegen meine Stiefmutter - ich mochte sie nie, was sie mir auch mal zum Vorwurf gemacht hat. Ich habe ihr dann auch gesagt, dass man niemanden zwingen kann, einen zu mögen, und ich mag sie halt nicht - Punkt. Wir begegnen uns höflich und freundlich-kühl - ich achte sie als die Frau meines Vaters, aber das war's dann auch. Oft kann ich mir auch ein leichtes Lächeln nicht verkneifen - sie hat's nicht leicht mit meinem Vater, es ist schwer verdientes Geld - sie hat bekommen, was sie wollte, nun muss sie auch mit den Folgen klar kommen. Damit, dass er 92 und wenn alles gut geht, auch noch älter wird, hat sie nicht gerechnet. Ihr seht, manchmal bin ich auch böse...

Liebe Eisi,

das ist natürlich sehr schwer, wenn es den Menschen, den man geliebt hat nicht mehr gibt. Wahrscheinlich viel schwerer, als sich um einen zu kümmern, den man seit Jahren schon nicht mehr vermisst und liebt.

Für Deine Stiefmutter ist es natürlich blöd, das Du sie nicht magst, aber wie Du schon gesagt hast: Liebe kann man nicht erzwingen.

Bei einer Stiefmutter wird so etwas auch akzeptiert, bei der leiblichen Mutter, zumindest wenn es nicht wirklich gravierende Missstände gab nicht.

Ich wurde nicht körperlich misshandelt, mein Studium wurde finanziert und irgendwie bin ich auch geliebt worden. Zwar nicht auf die Art, die ich mir gewünscht habe, aber vielleicht liebe ich meine Kinder ja auch nicht auf die Art und Weise, wie sie es benötigen. Ich gebe mir zwar absolute Mühe, aber manchmal bin ich glaube ich auch gemein und ungerecht. Wenn ich es merke, versuche ich es zu ändern. Aber manchmal merke ich es sicherlich auch nicht. Ich möchte nur das Beste für meine Kinder, aber vielleicht ist es nicht genug oder einfach das Falsche? Diese Gedanken gehen mir die ganze Zeit durch den Kopf.

Gruß, Ildiko

Liebe Ildiko,
ich glaube, dass es gerade in der Beziehung zwischen Eltern und Kindern so viele Zwischentöne gibt, dass man da überhaupt keine Wertemess-Skala anlegen kann. In meinem Elternhaus gab's nicht viele Knuddeleinheiten - das lag beiden Eltern nicht, und so habe ich es auch nie gelernt und habe da auch so meine Defizite. Ich glaube, dass Kinder ein sehr gutes Empfinden dafür haben, was sie ihren Eltern bedeuten. Hast Du Deine Kinder nie gefragt, wie sie das empfinden? In dieser Beziehung habe ich Glück - meine Söhne meckern, wenn ihnen was nicht passt...

Hallo Ildiko,

auch mein Verhältnis zu Mutter ist alles andere als gut. Wir haben uns nie gut verstanden...das fing schon in der Kindheit an das ich mich nie geliebt fühlte von ihr und es war auch so. Gerade in der letzten Zeit fallen mir viele Begebenheiten ein die länger schon verschüttet waren wo sie ein richtiges Biest gewesen ist.

Auch ich kümmere mich um sie...tue alles was getan werden muss und auch darübe hinaus...aber lieben tue ich sie ganz bestimmt nicht. Habe deshalb auch manchmal Schuldgefühle obwohl mir meine Freundinnen sagen ich müsse sie nicht haben.

Als mein Papa im Dezember 11 verstorben ist habei ich tatsächlich gedacht: warum er und nicht sie...es ist fuchtbar wenn man sowas denkt aber ich kann nicht anders. Sie ist so schrecklich egoistisch und nur ihre Trauer, ihre Krankheit, ihr Kummer usw. zählen...meine Kümmernisse nicht.

Also ich denke man muss seine Mutter/Vater nicht lieben um zu pflegen. Man tut was man kann und gut ists. Was nie da war kann auch jetzt nicht kommen.

LG

Engelina

nein, man muss einen Menschen nicht lieben weil er krank ist.

Liebe ist da oder sie ist nicht da.

Es gibt Dinge im Leben die kaputt gehen und die nicht wieder zu kitten sind. Sicher kann man sie provisorisch zusammenschustern, aber die Narben werden ewig sichtbar sein und nie vergehen.

Ich kann dich gut verstehen. Zumal noch wenn der Neurologe sagt sie weiss genau was sie sagt, fragt man sich dann doch was das soll, dass sie so gehässig dir gegenüber ist. Verstehen kann ich's nicht, aber ich kann dich verstehen.

Zu meiner Mutter habe ich immer ein gutes Verhältnis gehabt, aber zum Vater... wenn ich so zurück denke, da waren schon auch "gute Zeiten", z.B. wenn wir auf den Bergen herumgekraxelt sind auf der Suche nach Pilzen oder auch andere Zeiten wo wir uns gut verstanden, aber.... es gab auch viele unschöne Sachen, und ich muss sagen dass Vater uns auch nie gesagt hat er liebt uns, und uns NIE gelobt hat. Wir gingen zu ihm, weil wir Parfum auf die Hand gesprüht hatten, ganz stolz zu Papa "riech mal"... was kam als Antwort? "Pufff das stinkt". ein Bild gemalt, stolz dem Papa gezeigt, was kam als Antwort? "jaja,ist ja ganz schön, aber das nächste Mal könntest du dieses und jenes so und so machen".
2010 im Oktober gab's einen üblen Streit, und da ging schon massiv was kaputt. Februar 2012 dann kam der endgültige Bruch. Wenn Papa nun pfelgebedürftig würde, ich würde keinen Finger krümmen, da gäbe es nur das Heim, und dort ist fraglich ob ich ihn besuchen würde, am Anfang kaum, dann würde ich mal probieren, da ich ja ein Gewissen habe und mir immer wieder sage, "es kann einfach nicht sein!"

Also mach dir kein schlechtes Gewissen. Du tust was du kannst, mehr kann echt kein Mensch von dir verlangen! Du machst schon viel mehr als so manch anderer tut!
Ich find's bemerkenswert was du trotz der fehlenden Beziehung zur Mutter machst.

Liebe ist da - oder eben nicht. So sehe ich das auch.
Bis zu einem bestimmten Punkt kann man mit Vernunft, Wohlwollen und Verstand agieren. Das machst du, soweit ich das beurteilen kann
Irgendwo, irgendwann ist eine Grenze. Diese zu spüren ist gesund und hält uns schlussendlich "am Leben".
Liebe Grüsse
Therese