|
| Mein Vater ist 63 und schlimm dement | |
| Autor | Nachricht |
---|
traurig Gast
| Thema: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Mi 25 Jan 2012, 19:55 © traurig | |
| Hallo, ich bin ziemlich traurig und verzweifelt. Mein Vater ist nun 63 Jahre alt. Im Mai letzten Jahres (da war er noch 62) wurde festgestellt, dass er an einer Demenz des Mischtyps leidet. Wir waren geschockt, versuchen aber mit der Nachricht umzugehen und ihm und uns schöne Tage zu bescheren. Leider verläuft die Krankheit offenbar sehr schnell. Es gab bereits im Herbst erste Situationen wo er seine Frau aus der gemeinsamen Wohnung geworfen hat. Außerdem glaubt er, dass immer ein junger Mann in der Wohnung rumschlawienert (gemeint ist auch hier seine Frau die er seit über 20 Jahren kennt und die er vor 6 Jahren auch geheiratet hat). Manchmal schwenkt dieses Erkennungsproblem von einer Sekunde zur nächsten. Heute war es wohl wieder sehr schlimm. Er hat seine Frau gefragt, welches Geschlecht sie eigentlich hat. Auch die Generationen wirft er durcheinander. Die einzigen, die ihn in diesen Situationen "sortieren" können, sind mein Bruder und ich. Manchmal funktioniert es sehr gut und er ist nach diesen Gesprächen recht lange orientiert. Manchmal klappt es aber auch nur für wenige Stunden. Dann wieder gibt es Tage, wo man meint, er sei nicht krank. Die Situation ist sehr belastend. Insbesondere für seine Frau, wg. der ständigen Verwechslungen. Mich würde mal interessieren ob Ihr Tipps für den Umgang habt. Soll man Demenzkranke "sortieren"? Er ist immer ganz erleichtert und glücklich wenn wir es tun und bedankt isch danach 1000 mal. Er merkt halt auch, dass was nicht stimmt... Oder ist es nur eine Qual. In anderen Dingen z. B. Wortfindung korrigieren wir natürlich nicht, da helfen wir höchstens mal mit Worten aus. Ansonsten verstehen wir seine "Wortwahl" mit etwas Interpretation. Man kann sich ja vor keiner Krankheit schützen, aber es fällt so schwer zu sehen, dass der eigene Vater in so jungen Jahren immer mehr entrückt und seltsame Sachen tut. Vorhin hat er wohl der Nachbarin eine Möhe angeboten (die war eigentlich für dein Pferd gedacht)...Mag sich jetz ulkig anhören, ist aber nicht so gemeint. Würde mich echt mal interessieren, ob man da sortieren soll oder nicht. Danke und liebe, traurige Grüße |
| | | jellyamber Ist hier Zuhause
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 4407
Alter : 56
Ort : München
Anmeldedatum : 30.10.09
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Mi 25 Jan 2012, 22:30 © jellyamber | |
| Liebe(r) traurig, das ist das, was wir alle täglich erleben und auch darunter leiden. Unsere Angehörigen verändern sich manchmal so rasch und intensiv, dass wir mit unserem Erleben oder Verstehen gar nicht mehr hinter herkommen. So ganz habe ich aber deine Frage nicht verstanden, ob man "Demenzkranke sortieren" soll?! Meinst du, ob man das Chaos, dass sie mit ihrem Ordnungssinn veranstalten, sortieren soll oder ob man die verschiedenen Demenzformen sortieren soll? Eines hast du auf jeden Fall schon entdeckt: Man sollte Demenzkranke soweit es geht nicht korrigieren. Denn jedes "aber", jedes korrigieren ist eine Kränkung, die weh tut und die derjenige leider nicht so schnell vergisst wie den Namen seiner Frau. Denn Kränkungen sind emotional und dieser Zugang bleibt sehr sehr viel länger erhalten als alles intellektuelle, rationale. Manchmal hilft es, auf scheinbar wirres Reden so einzugehen, in dem man mit "da-Sätzen" auf ein Thema daraus antwortet. Z.B. "Da war aber bei deinem Opa aber eine Menge los" - so hat dein Gegenüber das Erleben, dass du ihm zuhörst und auf ihn eingehst, ohne das Chaos aufzulösen. Nicht jedes für uns wirr erscheinendes Fragen beinhaltet tatsächlich den Wunsch nach Richtigkeit. Oft ist dahinter einfach nur die Sehnsucht nach dem Kindheitszuhause verborgen, nach den Eltern, ihrem Schutz. Bekommt dein Vater Medikamente, die ihn psychisch stützen, z.B. ein Antidepressivum? Dann sind solche Durcheinandertage leichter zu ertragen - nicht nur für ihn. Schön, dass du hierher gefunden hast - lies dich mal ein bisschen quer, vielleicht magst du dich anmelden, dann findest du noch mehr Gleichgesinnte. Wir unterstützen uns hier alle gegenseitig. Liebe Grüße Jelly
"Und was die Jugend dalässt, ist ein Spiegel. Da guckt man rein und sieht: Man hat keine Eierschale mehr auf dem Kopf. Man hat jetzt eine Frisur."Martina Holzapfl |
| | | Ann Ist hier Zuhause
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 8046
Alter : 55
Ort : NRW
Anmeldedatum : 22.07.11
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Mi 25 Jan 2012, 22:38 © Ann | |
| Hallo traurig, ein schweres Päckchen, dass ihr zu tragen habt. Wie wohl alle hier, kann ich gut nachempfinden wie schwer es ist, zuschauen zu müssen, wie sehr diese Krankheit unsere Lieben verändert. Wir waren und sind bei einer Demenzberatung, dort hat man uns gesagt, dass wir meinen Vater nicht "korrigieren" sollen aber bei uns gab und gibt es viele Situationen in denen wir es trotzdem tun mussten oder zumindest glaubten es tun zu müssen. Da sonst die Situationen komplett eskaliert wären bzw. eine Selbstgefährdung stattgefunden hätte. |
| | | traurig Gast
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Do 26 Jan 2012, 08:13 © traurig | |
| hallo traurig
Gut dass du den Weg ins Forum gefunden hast, melde dich doch an, so kommst du noch an mehr Tipps und Ratschläge und findest immer offene Ohren und Herzen und das hilft einem sehr. Alle helfen tragen so gut sie können.
lG Janine |
| | | traurig Gast
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Do 26 Jan 2012, 09:44 © traurig | |
| Hallo!
Ich habe mich gestern angemeldet und bin auch gestern noch authorisiert worden...dachte das dauert länger und musste mir das gleich mal von der Seele schreiben, deswegen war ich nur als Gast unterwegs.
Habe zukünftig den Benutzernamen alexthom!
Zur Erklärung schon mal ein paar Worte zu mir: Ich lebe Nordrhein Westfalen /Deutschland, bin 30 Jahre alt. Ich habe noch einen Bruder und wir leben - Gott sei Dank- alle in derselben Stadt.
Schon mal danke für die netten Antworten.
@ jellyamber: Mit dem "sortieren" meinte ich, ob man z.B. wenn mein Vater unsicher ist und meint seine Frau wäre ein junger Mann, der eigentlich nicht in die Wohnung gehört, diese Situation auflösen soll, indem man erklärt, dass es seine Frau ist. Oder soll man ihn etwa in dem Glauben lassen? Das verursacht ja dann wiederum ganz viele Ängste bei Ihm, weil er dann glaubt es seien falsche Personen im Haus...
Oder wenn er Generationen durcheinanderwirft und meint mein Bruder sei sein Bruder. Situation aufklären?
Man neigt natürlich dazu.
Und wie gesagt, manchmal hält es ein paar Tage vor.
Mein Vater erhält übrigens Reminyl (16er) sowie so "Tütchen", die im Getränk aufgelöst werden. Deren Namen kenne ich leider nicht. Ich glaube aber, dass diese für seine Stimmung gedacht sind.
Schon mal danke und liebe Grüße! |
| | | Admin Administrator
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 10329
Ort : Schweiz/Schweden
Anmeldedatum : 14.11.07
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Do 26 Jan 2012, 10:45 © Admin | |
| Liebe Alexthom Erstmal ein herzliches Willkommen im Forum Wieweit es Sinnvoll ist unsere lieben Dementen zu Berichtigen, oder Sortieren wie du es nennst, lässt sich schlecht pauschal beantworten. Ich würde so als Faustregel meinen, das solange bei Erklärungen, "wer, was, wo", von ihm ein "ach ja, klar doch" kommt, dies für ihn auch als eine unterstützende Hilfe gesehen werden soll und darf. Sobald dein Vater aber trotz solcher "Erinnerungshilfen", dies nicht mehr Einsortieren kann, sollte man es bleiben lassen. Denn wer glaubt schon das seine Frau auch wirklich seine Frau ist, wenn diese nicht als solche Erkannt werden kann? Meist kommen dann aber auch eher agressive Gegenreaktionen, weil sich dann unsere Dementen von uns Veräppelt fühlen müssen. Also von dem Augenblick an, wo dein Vater sich gegen eine Berichtigung sträubt, denke ich ist es besser ihn in dem Augenblick auch in seinem Glauben zu belassen. Dann könnte - nur so als Beispiel - eventuell gesagt werden, "ist nicht so wichtig wer ich bin, aber da du mir sehr am Herzen liegst, habe ich dir nun Frühstück gemacht, du hast doch bestimmt auch Hunger" - und so von der Zentralfrage ablenken. Da die emotionale Ebene meist vorhanden bleibt, geht es in erster Linie darum ihm da möglichst ein angenehmes Gefühl zu vermitteln. Also nicht darüber zu diskutieren, wer man nun ist, denn es liegt in der menschlichen Natur das zu glauben was man sieht. Nur ist dies bei einer Demenz leider sehr trügerisch und wechselhaft. So traurig dies ist, so ist es manchmal besser, "nur" ein netter Kollege, Mutter, oder Kind zu sein, als sich über Ehefrau sein oder nicht sein zu streiten und dadurch totale Ablehung oder Trotz zu erfahren. Morgen ist ein neuer Tag und vielleicht seine Frau auch wieder seine Frau, durch reine emotionale, schöne Erinnerungen..... Leider ist der Umgang mit unseren lieben Dementen immer auch ein Drahtseilakt, was heute Funktioniert, kann Morgen total ganz anders sein - und umgekehrt. So....Jetzt aber erstmals einfach liebe Willkommensgrüsse an dich und fühle dich einfach wohl in unserer Runde
Liebe Grüsse
"Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie darf nicht das ganze Leben werden." |
| | | Ehemaliges Mitglied "GELÖSCHTER USER"
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 6760
Anmeldedatum : 25.05.09
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Do 26 Jan 2012, 11:05 © Ehemaliges Mitglied | |
| Hallo lieber alexthom , mein Mann bekam mit 55 Alzheimer- Demenz und hat schon nach 5 Monaten nicht mehr gesprochen, diese Halluzinationen bekommt er jetzt nach 4 1/2 Jahren noch manchmal. Sie können sehr heftig sein, dazu braucht man starke Nerven und viel Kraft. Wenn mein Mann Halluz hat, sage ich zu ihm das ich nichts sehe, und er das nur sehen kann.Am Anfang wollte er sogar vom Balkon springen, 7 Etage, das schlimmste war, als er mir seinen Schleim ins Gesicht spuckte, da muss man sich schon beherrschen. Er bekommt ein starkes Medikament dagegen, das schon die Leber angegriffen hat. Kann es sein das, dass Pulver für den Magen ist ?Ab und zu hat er meinen Sohn oder mich als seine Feinde gesehen die ihn umbringen wollten. Es ist falsch immer alles erklären und schimpfen, besser ist immer liebevoll mit ihm umzugehen, und das zu fördern was ihn interessiert und er noch tun kann. Haltet ihr zu seiner Frau ? denn sie braucht auch Unterstützung, zusammen halten ist auch sehr wichtig, und hilft euch. Vorallem immer mit dem Neurologen sprechen, es gibt Medis das es ihm besser geht. Stell dir vor du merkst das was schreckliches in deinem Kopf passiert, wieviel Angst man bekommt. Viel Kraft, liebe Grüße Ulli |
| | | soda1964 Ist hier Zuhause
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 5261
Alter : 60
Ort : Biberist, Schweiz
Anmeldedatum : 02.05.11
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Do 26 Jan 2012, 13:25 © soda1964 | |
| Auch von mir Gut, hast du uns gefunden. Hier kannst du alles schreiben, worüber du dir Gedanken machst. Unsere Gedanken und unsere Herzen sind für alle und alles offen. Es ist so schwer, zu erleben, wie sich ein vertrauter Mensch verändert. Diese Ohnmacht, diese Hilflosigkeit, diese Wut, diese Trauer - lassen sich fast nicht in Worte fassen. Ruhig und liebevoll bleiben, den Blickwinkel auf den Moment und das Hier und Jetzt lenken, so wie das die andern auch beschrieben haben, ist etwas, was in ganz vielen Situationen die Spannung und die Aggression "runter fahren hilft". Demente Menschen haben ganz feine Gefühlsantennen und spiegeln die Emotionen der Menschen um sie rum. Viel Kraft wünsch ich dir für alles, was es zu bewältigen gibt. Lies hier im Forum und du wirst viele Tipps und viel Unterstützung finden. Liebe Grüsse Therese
ThereseMan muss mit Allem rechnen - auch mit dem Guten.
Die wahre Lebenskunst besteht darin, im alltäglichen das Wunderbare zu sehen. Pearl s. Buck
|
| | | Biggi Moderator
Situation bezieht sich auf :
Anzahl der Beiträge : 20142
Alter : 61
Ort : Essen / NRW
Anmeldedatum : 06.08.09
| Thema: Re: Mein Vater ist 63 und schlimm dement Do 26 Jan 2012, 13:52 © Biggi | |
| Liebe Alexthom, auch ich möchte dich herzlich bei uns begrüssen. Ich schliesse mich gerne meinen Vorschreiberinnen an. Vor diesen ganzen Fragen standen/stehen wir alle hier einmal. Wenn du einige Ratschläge beachtest, die bereits hier genannt wurden, wirst du merken, dass man auch ganz viel vom Bauch und vom Herzen her instinktiv richtig macht. Lass dich einfach darauf ein, man lernt dadurch jeden Tag dazu. Wichtig ist aber, dass egal wie unsere Lieben sich geben, immer daran zu denken, dass sie es nicht mehr besser wissen und können. Und scherzhalber gesagt, wenn sie rosa Elefanten laufen sehen, dann sind sie auch da... Liebe Grüsse und weiter viel Kraft wünscht Biggi
--- Besondere Menschen erkennst du daran, dass sie dich berühren ohne ihre Hände zu benutzen --- |
| | | | Mein Vater ist 63 und schlimm dement | |
|
Ähnliche Themen | |
|
| |