LillNalle Erstellt: 16.01.07, 12:46
Überflüssige Eindrücke: Alzheimer-Patienten fehlt Filter
Überflüssige Gehirnaktivitäten könnten der Grund sein, warum Alzheimer-Patienten sich nicht auf eine Sache konzentrieren können. Während gesunde Menschen bestimmte Hirnregionen regelrecht abschalten, fehlt Demenzkranken diese Fähigkeit.
Das menschliche Gehirn ist ein Meister im Ausbalancieren. Viele Denkleistungen erfordern nicht nur eine Aktivierung der grauen Masse, sondern gleichzeitig auch eine Deaktivierung bestimmter Regionen. Diese Fähigkeit zum Abschalten fehlt jedoch offenbar Alzheimer-Patienten, wie Forscher von der Technischen Universität München jetzt herausgefunden haben.
Um herauszufinden, wie die Aktivitätsbalance im Gehirn bei Alzheimer funktioniert, untersuchte das Forscherteam um den Nuklearmediziner Alexander Drzezga eine Gruppe von 32 Versuchspersonen. Elf Probanden waren gesund, zehn litten unter einer sogenannten leichten kognitiven Störung (LKS), und elf waren Alzheimer-Patienten. Menschen mit LKS zeigen zwar noch nicht die voll ausgeprägten Symptome der Alzheimer-Erkrankung, sind aber gefährdet, die Krankheit zu entwickeln.
Alle Versuchsteilnehmer wurden aufgefordert, eine einfache Orientierungsaufgabe am Computer zu lösen. Dafür mussten sie in einer dreidimensionalen Umgebung von Punkt A nach Punkt B finden. Dabei wurde ihre Gehirnaktivität gemessen. "Wir waren erstaunt, wie deutlich die Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen waren", kommentiert Drzezga die Ergebnisse.
Die Alzheimer-Patienten konnten überflüssige Gehirnaktivitäten offenbar nicht mehr abschalten. Damit fehle ihnen die Fähigkeit, sich auf Wesentliches zu konzentrieren, erläutert Drzezga.
Den ihrer Meinung nach spannendsten Unterschied zwischen den Versuchsgruppen fanden die Forscher im Hörzentrum. Bei den gesunden Versuchspersonen hatte dieser Teil der Großhirnrinde während der Orientierungsaufgabe nahezu alle Aktivität eingestellt. Bei den anderen beiden Gruppen feuerten die Nervenzellen des Hörzentrums dagegen fast ungedrosselt weiter. Je schwächer die Denkleistungen der Versuchspersonen waren, umso geringer war die Deaktivierung des Hörzentrums. Alzheimer-Patienten verlören offenbar nach und nach die Fähigkeit, unbedeutende Sinneseindrücke auszublenden, fasst Drzezga zusammen.
Spiegel online 2005