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| Thema: Betreff: so belastend? Di 20 Nov 2007, 17:10 © Admin | |
| Thalya Erstellt: 28.06.07, 10:54 Hallo Ihr Lieben! Habe schon lange nichts mehr gepostet – heute geht es nicht um meine Schwiegereltern, sondern um meine Oma (82) und meine Mutter (59). Ich hätte gerne eine Meinung von Euch, die Ihr alle mit demenzkranken Menschen zu tun habt und meist auch mit ihnen unter einem Dach lebt oder gelebt habt. Die Situation ist die: meine Oma leidet an einer wohl noch sehr schwachen Ausprägung von Demenz. Sie ist im Grunde genommen vollkommen klar im Kopf, findet manchmal halt ein Wort nicht gleich und hat manchmal Schwierigkeiten sich zu orientieren, wenn sie irgendwo hinfährt, wo sie längere Zeit nicht mehr war. Auch hat sie manchmal „Aussetzer“, wo sie sich irgendetwas konfuses zusammendenkt, wo nur der Kern der Wahrheit entspricht. Ist aber selten. Meine Mutter lebt zusammen mit meinem Vater und ihr in einem Haus. Sie bezeichnet sie als Pflegefall, durch den sie vollkommen in allem eingeschränkt ist, heftige psychosomatische Beschwerden dokumentieren ihre Einstellung. Fakt ist aber, dass sie der Oma beim Baden hilft, für sie die Hausarbeit mehr oder weniger mitmacht und sie von Zeit zu Zeit 4 bis 6 Tage alleine zuhause lässt um selber wieder auf die Reihe zu kommen. Das Alleinsein belastet die Oma übrigens wenig, man hat eher das Gefühl, dass es ihr gut tut, wenn sie sich mal wieder um etwas selber kümmern muß. Ich habe ihr auch angeboten, dass sie in der Zeit gerne zu uns kommen kann, sie bleibt aber lieber alleine zu Hause. Nun das Problem ist folgendes: Meine Mutter reibt sich auf und ich verstehe kaum warum eigentlich. Sie liegt mir permanent mit diesen Problemen, die ich kaum als solche ansehe in den Ohren, ruft manchmal bis zu 8 mal am Tag bei mir an. Es sind immer die selben Dinge, die sie mir erzählt und ich versuche es mir immer wieder anzuhören, weiß aber kaum noch, was ich antworten soll. Da ich selber seit einigen Monaten einige Widrigkeiten des Lebens durchmache, fehlt mir oft einfach auch die Energie jedes Mal wieder ans Telefon zu hetzen und immer nur jammern zu hören. Es tut mir einerseits leid, nur andererseits kann ich es so wenig begreifen und ihr kaum helfen!! Deshalb meine Frage an Euch: wie belastend empfindet ihr so ein, in meinen Augen leichtes Stadium von Demenz? Ist es wirklich so schlimm? Hat jemand eine Idee, was ich meiner Mutter raten könnte?
Danke fürs Lesen! Eure Thalya |
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| Thema: Re: Betreff: so belastend? Di 20 Nov 2007, 17:14 © Admin | |
| Konny Erstellt: 28.06.07, 11:56 Hallo Thalya, also ich persönlich fand es am Anfang nicht schwierig, was mich nachher wirklich fertig gemacht hat, waren die "hygienischen Probleme" und die Angst, das die Schwiegermutter wegläuft und ihr dann was passiert, vor allem, weil sie sich oft auch nachts auf den Weg machen wollte... Aber ich glaube, das ist bei Euch nicht das eigentliche Problem. Nach dem Lesen, habe ich eigentlich mehr das Gefühl, das deine Mama völlig am Limit läuft und das deine Oma nur der Tropfen ist, der das Fass zum überlaufen bringt. Vielleicht liege ich ja völlig falsch mit meiner Vermutung, aber ich denke du solltest mir ihr sprechen was sie an der Situation so belastet und vielleicht kannst du sie mit Kleinigkeiten entlasten. Mir hat es sehr geholfen, wenn ich wußte das ich z. B. am Mittwoch-Nachmittag "frei habe" und meine Schwägerin auf die Oma aufpasste (wir konnten sie nicht mehr alleine lassen). Vielleicht hilft auch ein klärendes Gespräch über die Zukunft, was ihr tun wollt wenn es mit der Oma so Zuhause nicht mehr geht oder was ihr glaubt, wann dieser Zeitpunkt erreicht ist.Wichtig finde ich auf jeden Fall, das deine Mama ein paar Freiräume hat und Zeiten in denen jemand anders bei der Oma ist und deine Mama nicht die Verantwortung hat, denn die belastet sie im Moment ja scheinbar sehr. Viele liebe Grüße Konny |
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| Thema: Re: Betreff: so belastend? Di 20 Nov 2007, 17:23 © Admin | |
| LillNalle Erstellt: 30.06.07, 15:56 Liebe Thalya Solange deine Oma Tagelang alleine durchkommt ist es wirklich erst eine leichte Form der Demenz, die sich erst ansatzweise zeigt. Dieses Stadium der Demenz habe ich nie als schlimm empfunden, im Gegenteil es hat mich dazu bewogen erst recht das noch vorhandene intensiver auf zu nehmen. Mit dem wo ich Erik vermehrt helfen musste, konnte er mir dafür wiederum mit dem unter die Arme greifen wo seine Möglichkeiten noch gut vorhanden waren. Dieser Umgang mit seinen Defiziten hat uns lange ein Gefühl geben können für einander gegenseitig da zu sein. Ich möchte aber auch noch einen anderen Aspekte aufzeigen. Kinder sind von ihren Eltern mal erzogen und geprägt worden, darum fällt es den einen oder anderen unheimlich schwer nicht nur die Defizite in erster Hand zu sehen. Gerade das scheint bei deiner Mutter ein grosses Problem zu sein. Zu sehr hängt sie sich an dem auf wo nicht mehr wie früher funktioniert und somit dominiert auch die Angst dessen was noch auf sie zukommen wird. Da ein Ratschlag zu geben ist alles andere als einfach, weil auch stark ihr eigenes Verhältnis zu ihrer Mutter mitspielen wird. Ich denke mir aber das wenn sie jetzt schon die Einstellung hat, das deine Oma ein Pflegefall ist dann wird vermutlich mit jedem weiteren Defizit die Spannung nur mehr steigen und deine Oma schrittweise eher entmündigt, statt gefördert werden. Vermutlich ist dies auch der Grund warum es deiner Oma so gut tut wenn sie ein paar Tage sich selber überlassen ist - vermutlich ist dies die einzige Zeit in der ihr nicht dauernd rein geredet wird, oder ihr vor Augen gehalten wird was sie schon wieder nicht richtig macht. Das was ich deiner Mutter wärmstens empfehlen würde, ist an Angehörigentreffen teil zu nehmen um sich auch mit anderen in gleicher Situation auszusprechen und sich selber weniger einsam zu fühlen. Es könnte auch dir selber wesentlich mehr Luft geben - Luft wo du jetzt so sehr selber brauchst. Sende viele liebe Gedanken und Grüsse an euch alle Eure Ursula |
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| Thema: Re: Betreff: so belastend? Di 20 Nov 2007, 17:24 © Admin | |
| Thalya Erstellt: 03.07.07, 09:47 Liebe Konny, liebe Ursula,
ich danke Euch herzlich für Eure einfühlsamen und konstruktiven Gedanken! Eure Beiträge haben für mich eigentlich das bestätigt, was ich seit längerer Zeit vermute – dass hinter all dem Jammern und den teilweise heftigen körperlichen Beschwerden meiner Mutter ein wesentlich komplexeres Problem steckt. Ich meine, dass diese leichte Demenz nur der Name ist für eine verwobene Ansammlung von Dingen, mit denen sie nicht klarkommt. So wie Du, Ursula es vermutest, ist einer der Hauptgründe der, dass meine Mutter nicht mit den Defiziten ihrer Mutter umgehen kann, sie versucht sie vollkommen zu steuern, ihr zu sagen, was sie zu tun und zu lassen hat, so wie es ihrer Persönlichkeit entspricht. Der Karren fährt natürlich an die Wand. Die Oma ist nun mal ein vollkommen eigenständiges Wesen. Ich versuche auch immer wieder ihr vor Augen zu führen, dass sie diese Phase mit ihrer Mutter genießen soll, die Zeit ist nun mal begrenzt. Mit meiner Mutter zu reden macht aber wenig Sinn. Sie ist so überzeugt, dass es richtig ist, was sie tut, dass eine andere Meinung nie gelten kann.
Ja – Konny, das mit dem Freiräume schaffen habe ich auch versucht. Am Anfang. Ich habe ihr angeboten, einmal in der Woche zur Oma zu kommen, mit ihr was schönes zu machen, etc. Meine Mutter hat mich nur angelächelt und etwas arrogant gemeint, ob ich denn glauben würde, dass es damit abgetan sei und mir einen weiteren Vortrage gehalten über all die Dinge, die so belastend sind und über die Freiheit, die sie nun nicht hat… Dass es in meiner Situation, die sie ja kennt, ein echtes zeitliches Opfer gewesen wäre, hat sie in ihrem Frust nicht einmal gesehen.
Es gab auch immer wieder Gespräche, wie es weitergehen soll mit der Oma, wenn meine Mutter es nicht mehr alleine schafft. Für sie steht ohnehin fest, dass der Weg mittelfristig ins Altenheim führt. Sie hält allzu viel von diesen Einrichtungen.
Und last but not least – auch ein Angehörigentreffen habe ich ihr schon einmal vorgeschlagen, natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass meine Mutter im Vergleich zu anderen Schicksalen feststellen würde, dass es so schlimm ja nun nicht ist. Nun – mit Menschen, die in der Weise etwas zu erzählen haben, möchte sie sich in ihrer Freizeit nicht auseinandersetzen, weil das Leben schon schlimm genug ist und sie da ja was Heiteres erfahren möchte. Dafür hat sie zwei Freundinnen, die sie in ihrer destruktiven Art an Probleme heranzugehen, tatkräftig unterstützen. Täglich!
Ja. So ist das mit meiner Mutter. Zum Glück gibt es seit zwei Jahren einen Wohnwagen, der auf einem Kur-Campingplatz steht. Da fährt sie eben zusammen mit meinem Daddy immer wieder für ein paar Tage hin. Sie hat dort wirklich liebe Bekannte und es ist natürlich eine Flucht aus dem Alltag. Es geht ihr danach für kurze Zeit besser. Der Oma auch.
Ich versuche immer mehr mich emotional abzugrenzen, nach all den Jahren in denen ich verzweifelt versucht habe ihr zu helfen. Es hat mich unglaublich Energie gekostet ohne irgendetwas zu nützen. Ich bin für sie da wenn es ein echtes Problem gibt, versuche dann konstruktiv mit ihr darüber zu reden, mache auch öfter mal einen Ausflug mit ihr oder irgendetwas schönes, blocke aber immer mehr, wenn es in dieses monotone Gejammere übergeht. Es bringt ja schlussendlich auch sie nicht weiter.
Habt noch einmal lieben Dank für Eure Gedanken, die mir vor allem ein gewisses Gespür für die Belastung in der Anfangsphase der Erkrankung gegeben haben!
Viele liebe Grüße, Thalya |
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